# taz.de -- Fortsetzung des Hilfsprogramms: EU zwingt Syriza rechten Kurs auf | |
> Die linke Regierung in Athen gibt sich betont optimistisch, obwohl ihre | |
> Reformvorschläge nun dem Plazet der Euro-Partner unterliegen. | |
Bild: Alexis Tsipras: Seine Regierung muss jetzt in Brüssel die Sparliste vorl… | |
ATHEN taz | Griechenlands Regierung sitzt in der Zwickmühle. Nach der am | |
Freitagabend beschlossenen Abschlusserklärung der 19 Euro-Finanzminister | |
muss sich das Land bei den Reformvorschlägen an der Politik der | |
konservativen Vorgängerregierung orientieren, um eine viermonatige | |
Verlängerung der Hilfen zu erreichen. Nur dann kann Athen auf weitere 7,2 | |
Milliarden Euro Kredit hoffen. Doch das alte Programm von Antonis Samaras | |
widerspricht den Wahlversprechen der linken Syriza-Partei diametral. | |
Bis zum Montag muss die griechische Regierung eine Liste mit Reformen und | |
Sparvorschlägen vorlegen, die dann von den Geldgebern geprüft werden. | |
Finanzminister Janis Varoufakis zeigte sich nach einer Kabinettssitzung | |
optimistisch: „Ich bin mir vollkommen sicher, dass die Liste auf die | |
Zustimmung der EU-Partner treffen wird“, sagte er. | |
Ministerpräsident Alexis Tsipras stellte sich schon als Gewinner dar: | |
„Griechenland hat sein Hauptziel erreicht“, sagte er in einer | |
Fernsehansprache. Die Vereinbarung erlaube der Regierung, die Sparpolitik | |
hinter sich zu lassen. „Wir haben einen Kampf gewonnen, aber nicht den | |
Krieg“, sagte Tsipras. Die wahren Schwierigkeiten kämen erst noch. | |
Nach ersten Informationen soll die Liste vor allem Maßnahmen zur Bekämpfung | |
der Steuerhinterziehung und der Korruption beinhalten. In Athen hieß es am | |
Sonntag, die schwierige Phase werde nach einer Zustimmung für die | |
Reformliste beginnen. EZB, EU und IWF, bisher als Troika bekannt und nun in | |
„die Institutionen“ umbenannt, würden in den kommenden Monaten jedes neue | |
Gesetz genau prüfen, hieß es. Auch das widerspräche den Versprechen von | |
Tsipras, der bereits voreilig ein Ende der Troika-Herrschaft verkündet | |
hatte. | |
Am Sonntagmorgen steht der 76-jährige Rentner Antonis Psaras an einem | |
Zeitungskiosk im Zentrum Athens und hält die Kathimerini in der Hand. „Bis | |
zum Schluss habe ich zwischen Nea Demokratia und Syriza bei der Wahl | |
geschwankt“, sagt er. | |
## Crashtest am Montag | |
„Vier Monate Stillstand – erster Crashtest morgen“, titelt die konservati… | |
griechische Traditionszeitung. Am Samstag hatte das Blatt kommentiert, dass | |
die griechische Regierung nun in der Realität angekommen sei und das getan | |
hätte, was sie tun musste. | |
Rentner Psaras hatte sich bei der Wahl letztendlich für die konservative | |
Nea Demokratia entschieden. „Das war mir sicherer“, erklärt er. Und recht | |
habe er damit gehabt, lacht er bitter. Die Regierung habe bisher nichts von | |
dem erreicht, was sie im Wahlkampf versprochen habe. | |
Auch die zentrumsnahe Tageszeitung To Vima gibt sich skeptisch: „Was | |
verbirgt sich hinter dem Einverständnis? Wo knickte die Regierung ein?“, | |
titelt sie. Keiner sei sich heute noch sicher, was die neue Regierung | |
tatsächlich wolle, sagt Psaras. | |
## Das Kleingedruckte | |
Er zeigt auf das gemäßigte Tagesblatt Eleftheros Typos. Dort wird nach | |
potenziellen Verpflichtungen gefragt – „was steht im Kleingedruckten?“ Die | |
„Neuen sind unorganisiert und nicht gut vorbereitet, um es mit den | |
EU-Partnern aufzunehmen“, meint Psaras. Das alles habe bisher nur Geld und | |
Glaubwürdigkeit gekostet. | |
Psaras schüttelt den Kopf und packt seine Zeitung in die offene | |
Jackentasche. Bevor er geht, dreht er sich noch mal um. „Aber links ist die | |
Regierung ja trotzdem. Meine einzige Hoffnung ist, dass sie – was auch | |
immer sie vereinbaren – das nicht auf den Schultern der kleinen Leute | |
austrägt.“ | |
Die Syriza-naheTageszeitung I Avgi gibt sich zuversichtlicher: | |
„Unabhängiger Staat – jetzt geht es an die eigentlichen Reformen“. „Ich | |
will nicht glauben, dass uns die neue Regierung verraten hat – noch nicht“, | |
sagt dazu Maria Konstantopoulou. | |
Die junge Frau hatte für Syriza gestimmt. Sie greift nach der I Avgi, zahlt | |
und sagt: „Ich glaube, dass die Regierung durch ihr Einverständnis in | |
Brüssel Zeit gewinnen will.“ | |
22 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Theodora Mavropoulos | |
## TAGS | |
Syriza | |
Wahlversprechen | |
Yanis Varoufakis | |
Griechenland | |
Hilfspaket | |
Reparationszahlung | |
Euro | |
Eurogruppe | |
Griechenland | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Brüssel | |
EU-Finanzpolitik | |
EU-Finanzpolitik | |
Streitfrage | |
Griechenland | |
Sparprogramm | |
Staatspräsident | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Deutsches Massaker in Griechenland: „Das geht einfach nicht weg“ | |
Über 1.100 Einwohner von Kalavryta auf dem Peloponnes wurden im Dezember | |
1943 von der Wehrmacht ermordet. Dimopoulos war damals 13 Jahre alt. | |
EZB kauft massig Staatsanleihen: Griechenland ist erst einmal raus | |
EZB-Präsident Draghi gibt Einzelheiten zum geplanten Großankauf bekannt. | |
Bis September 2016 will die EZB die Märkte mit 1,14 Billionen Euro stärken. | |
Kommentar Athener Reformplan: Das Soziale kommt zum Schluss | |
Die griechische Regierung musste mit der To-do-Liste ihr Wahlprogramm auf | |
den Kopf stellen. Das Schuldendrama ist damit aber noch nicht zu Ende. | |
EU-Hilfe für Griechenland: „Die meinen das ernst“ | |
EU-Kommission, IWF und Euro-Finanzminister halten das Reformprogramm für | |
ausreichend. Das muss nun detailliert ausgearbeitet werden – in zwei | |
Monaten. | |
Rassistische Gewalt in Griechenland: „Ein Klima des Hasses und der Angst“ | |
Der Europarat rügt Griechenland für rassistische Gewalt im Land. Gefordert | |
wird eine Taskforce im Kampf gegen Ausländerhass und Diskriminierung. | |
Reformverhandlungen mit Griechenland: Vor allem die Korruption bekämpfen | |
Griechenland hat eine Liste mit Reformplänen vorgelegt. Stimmen die | |
Euro-Finanzminister zu, erhält das Land für vier weitere Monate Kredite. | |
Griechischer Reformplan: Warten auf die Liste | |
Die Eurozone erwartet mit Spannung die Liste mit dem Reformplan aus Athen. | |
Dieser soll sieben Milliarden Euro einbringen. Die CSU will harte Ansagen. | |
Brüssels Auflagen an Griechenland: Ein steiniger Weg zu neuen Milliarden | |
Griechenland muss für eine neue Kredittranche noch die Finanzminister | |
zufrieden stellen. EU-Parlament und -Kommission bleiben außen vor. | |
Die Streitfrage: „Nichts ist so schlimm wie die Troika“ | |
Argentinien war pleite, Island schrammte knapp daran vorbei, Griechenland | |
steht kurz davor: Ist denn ein Staatsbankrott so schlimm? | |
Kommentar Griechenland und Eurogruppe: Den Horizont verbaut | |
Die Einigung über das Rettungsprogramm ist ein Diktat. Athen wird die | |
Bedingungen, mit denen hier ein Exempel statuiert wird, kaum erfüllen | |
können. | |
Kommentar europäische Finanzpolitik: Euphemismen statt Lösungen | |
Wolfgang Schäuble gesteht, keine Ahnung von der portugiesischen Wirtschaft | |
zu haben. Gleichzeitig diktierte er ihr die europäische Austeritätspolitik. | |
Kommentar Griechenlands Präsident: Aus dem Zylinder gezaubert | |
Der Verwaltungsjurist Pavlopoulos wird Präsident: Mit einer überraschenden | |
Personalie stellt Tsipras den linken Flügel seiner Partei Syriza zufrieden. |