| # taz.de -- Die Streitfrage: „Nichts ist so schlimm wie die Troika“ | |
| > Argentinien war pleite, Island schrammte knapp daran vorbei, Griechenland | |
| > steht kurz davor: Ist denn ein Staatsbankrott so schlimm? | |
| Bild: Griechenland, so brüchig. Und das schon seit Jahren. | |
| Was einen nicht umbringt, macht einen stärker und Dreck futtern ist | |
| bekanntlich gut für das Immunsystem. Wie praktisch für die griechische | |
| Wirtschaft, dass ihr der Dung bereits bis zur Kinnkante steht. Am 28. | |
| Februar läuft das aktuelle Hilfsprogamm aus. Es drängt nach einer Einigung | |
| zwischen Euro-Gruppe und dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis. | |
| Die Pleite droht. Die Folgen scheinen unabsehbar – und nicht zwangsläufig | |
| negativ. | |
| Argentinien ist Vorbild: Ende 2001 verkündete Übergangspräsident Adolfo | |
| Rodríguez Sáa die Einstellung aller Schuldenzahlungen. Ein Signal des | |
| Umschwungs. Lange Jahre der Krise entluden sich an diesem Tag im tosenden | |
| Beifall der versammelten Parlamentsbelegschaft. Es folgte die Loslösung des | |
| Peso vom Dollar und plötzlich war die Schuldenlast passé. Stattdessen | |
| erfreute sich das argentinische Volk an einem enormen wirtschaftlichen | |
| Aufschwung. Acht Prozent jährliches Wachstum schinden Eindruck. Also Maul | |
| voran in den Misthaufen? | |
| Was für dreijährige Kinder und exportstarke südamerikanische | |
| Fußballnationen gelten mag, will in der Diskussion um die griechische | |
| Zukunft nur vereinzelt Unterstützer finden. Weniger „Scheitern als Chance“ | |
| und mehr „finanzielle und soziale Katastrophe“ lautet die Rückmeldung zum | |
| potentiellen Staatsbankrott. | |
| Einen „Zusammenbruch der griechischen Banken“ sowie einen „vollständigen | |
| Vertrauensverlust der griechischen Bürger und Investoren“ prognostiziert | |
| Alexander Kritikos vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung | |
| gegenüber der taz.am wochenende. Für den Fall einer Pleite sieht er „eine | |
| weitaus stärkere Wirtschaftskrise als in den letzten fünf Jahren“ voraus. | |
| Ähnlich klingt es bei Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Neben den | |
| kritischen Folgen einer griechischen Zahlungsunfähigkeit betont er in der | |
| taz.am wochenende jedoch gleichzeitig die Eigenverantwortlichkeit der | |
| Euro-Staaten: „Weigern sie sich, Vereinbarungen einzuhalten und Schulden zu | |
| bedienen, ist der Bankrott unvermeidbar, mit allen Konsequenzen.“ | |
| ## Odysseus zwischen Skylla und Charybdis | |
| Der Bankrott als gerechte Strafe für eine gescheiterte Politik. Sahra | |
| Wagenknecht von der Linkspartei wird dem Bundesbankpräsidenten hier | |
| widersprechen. „Ist ein Land überschuldet, braucht es einen | |
| Schuldenschnitt“, schreibt die Vizefraktionsvorsitzende in der taz.am | |
| wochenende vom 21./22. Februar. Mit den strikten Auflagen der Vergangenheit | |
| habe man seinen Teil zur aktuellen Notlage beigetragen. | |
| Renten und Löhne hätten massiven Kurzungen erfahren, die öffentliche | |
| Infrastruktur sei ruiniert. „Über ein Kürzungsdiktat Unsummen für den | |
| Schuldendienst herauszupressen, löst das Problem nicht“, schreibt | |
| Wagenknecht. „Das betroffene Land wird ärmer und ist damit erst recht | |
| überschuldet.“ | |
| Zuspruch erhält Wagenknecht aus dem fernen Island. 2008 entging der | |
| spärlich besiedelte Inselstaat nur knapp der Insolvenz. Ein verstaatlichtes | |
| Bankensystem half aus der Krise. Parteivorsitzende der örtlichen | |
| Piratenpartei Birgitta Jónsdóttir antwortet der taz.am wochenende „nichts | |
| ist so schlimm wie die Entbehrungen und die unhaltbare Schuldeneintreibung, | |
| welche die Troika Griechenland aufgezwungen hat – nicht einmal ein | |
| Staatsbankrott.“ | |
| Optimistischer werden die Aussichten für Athen nicht: Odysseus zwischen | |
| Skylla und Charybdis. | |
| Die Streitfrage „Was ist so schlimm an einem Staatsbankrott?“ beantworten | |
| außerdem Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn, Grünen-Fraktionsvorsitzender Anton | |
| Hofreiter sowie die Leserin Ruth Oppl – in der taz.am wochenende vom | |
| 21./22. Februar 2015. | |
| 21 Feb 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Lücker | |
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