Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Klage von Privatgläubigern: Argentinien muss zahlen
> Weil es kein Insolvenzrecht der Staaten gibt, können Anleger einen
> Schuldenschnitt verweigern. Das hat nun der Bundesgerichtshof
> entschieden.
Bild: Geld zurück – das wollte auch dieser Bankkunde in Argentinien.
KARLSRUHE taz | Argentinien muss seine D-Mark-Anleihen grundsätzlich in
vollem Umfang zurückzahlen. Das hat am Dienstag der Bundesgerichtshof in
Karlsruhe entschieden. Der BGH gab damit zwei deutschen Anlegern recht, die
sich den bisherigen Vereinbarungen über einen Schuldenschnitt verweigerten.
Argentinien hatte 1996 und 1997 D-Mark-Anleihen für deutsche Anleger
ausgegeben, die mit Zinsen zwischen acht und 11,75 Prozent sehr attraktiv
schienen. Die beiden Kläger hielten Anleihen im Wert von jeweils etwas mehr
als 3.000 Euro.
Ab 2002 war Argentinien allerdings zahlungsunfähig und erklärte den
öffentlichen Notstand. Das entsprechende Gesetz wurde seitdem regelmäßig
verlängert. Inzwischen haben die meisten Gläubiger auf siebzig Prozent
ihrer Ansprüche verzichtet. In einem Abkommen von 2005 stimmten 76 Prozent
der Gläubiger diesem Schuldenschnitt zu, inzwischen sind es 93 Prozent. Nur
sieben Prozent der Gläubiger verweigern den Verzicht, sie werden
Hold-Out-Gläubiger genannt. Ihre Anleihen werden oft von so genannten
Geier-Fonds aufgekauft, die dann mit großem Aufwand auf volle Rückzahlung
klagen.
Im Februar 2014 erreichte der NML-Fonds ein inzwischen rechtskräftiges
Urteil eines New Yorker Gerichts, wonach Argentinien die Hold-Out-Kläger
voll befriedigen muss. Auch in Deutschland hat Argentinien die Prozesse um
die D-Mark-Anleihen bisher fast durchgängig verloren. 2007 entschied das
Bundesverfassungsgericht, es gebe keine völkerrechtliche Regel, die es
Argentinien erlaubt, sich gegenüber privaten Gläubigern auf einen Notstand
zu berufen.
## Argument Umschuldungsabkommen
Inzwischen argumentierte Argentinien aber nicht mehr mit dem Notstand,
sondern mit den Umschuldungsabkommen. Es gebe eine völkerrechtliche Regel,
wonach alle Gläubiger gleich zu behandeln sind. Gegenüber den
Hold-Out-Gläubigern dürfe Argentinien daher die Leistung verweigern. „Es
kann nicht sein, dass die Verweigerer am Ende davon profitieren, dass
andere Gläubiger vernünftig waren und Argentinien wieder leistungsfähig
machten“, argumentierte Gunhild Schäfer, die Anwältin Argentiniens.
Doch der Staat hatte beim BGH, der sich erstmals mit dieser Argumentation
befasste, keinen Erfolg. Im Falle der Kläger, die dem Schuldenschnitt nicht
zugestimmt haben, müsse Argentinien die Anleihe in voller Höhe
zurückzahlen, sagte der Vorsitzende Richter Hans-Ulrich Joeres. Das von
Argentinien behauptete Leistungsverweigerungsrecht liefe auf ein
„Insolvenzrecht“ der Staaten hinaus, das es bisher aber „unzweifelhaft“
nicht gebe, so Joeres.
In der Praxis ist es seit etwa 2003 üblich, dass neue Staatsanleihen eine
Collective Action Clause (CAC) enthalten. Dann sind alle Gläubiger
gebunden, wenn eine große Mehrheit der Gläubiger einem Schuldenschnitt
zustimmt. Gegen solche Klauseln hat auch der BGH keine Bedenken. Allerdings
enthielten die argentinischen D-Mark-Anleihen keine CAC-Klausel.
Die erfolgreichen Kläger müssen aber damit rechnen, dass Argentinien trotz
des BGH-Urteils die Forderungen vorerst nicht erfüllt und weiter auf Zeit
spielt.
(Az.: XI ZR 47/14 u.a.)
24 Feb 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Bundesgerichtshof
Geld
Krise
Argentinien
USA
Streitfrage
Alexis Tsipras
Troika
## ARTIKEL ZUM THEMA
Argentinien unterliegt Hedgefonds: Im Schwitzkasten
Das Land hat einen Rechtsstreit gegen US-Investmentfonds verloren. Es darf
seine restlichen Staatsschulden nicht ganz bedienen, bis die Forderungen
nicht beglichen sind.
Die Streitfrage: „Nichts ist so schlimm wie die Troika“
Argentinien war pleite, Island schrammte knapp daran vorbei, Griechenland
steht kurz davor: Ist denn ein Staatsbankrott so schlimm?
Die Streitfrage: Ein Staatsbankrott? Na und?
Der nächste Krisengipfel zur griechischen Schuldenfrage ist gescheitert,
der Staatsbankrott droht. Aber liegt im Scheitern nicht auch eine Chance?
Showdown für Griechenland: Unbesorgt bis zum Grexit
Die Staatspleite droht. Doch die Börsen steigen. Die Wiedereinführung der
Drachme würde das Leben der Griechen etwa 40 Prozent teurer machen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.