# taz.de -- Kommentar Lohnungleichheit: Der „unerklärbare“ sexistische Rest | |
> Frauen verhandeln nicht schlecht, sie werden schlecht bezahlt. Das muss | |
> transparent gemacht werden, bis sie als vollwertig anerkannt werden. | |
Bild: Frauen lernen, sich besser durchzusetzen: beim Boxen wie bei Lohnverhandl… | |
Es kann jede treffen. Ob sie nun ein großes Forschungsinstitut leitet oder | |
im Werk Sohlen an Sandalen klebt. Bekommt sie zufällig einmal mit, was ihr | |
männlicher Vorgänger verdient oder der Kollege am Nebentisch, dann ist das | |
Erstaunen oft groß. Im Durchschnitt bekommen Frauen für die gleiche | |
Tätigkeit im gleichen zeitlichen Umfang 8 Prozent weniger Lohn als Männer. | |
Das ist der „unerklärbare“ Rest der Lohnlücke, nachdem man berücksichtig | |
hat, dass Frauen öfter in Teilzeit, in schlecht bezahlten Berufen oder auf | |
den unteren Rängen arbeiten. Genau gleiche Arbeit – weniger Lohn. | |
Wie kommt das zustande? Die Frauen verhandelten ihren Lohn schlecht, heißt | |
es dann oft. Man hört aber auch anderes: Männer bekommen oft schon ein | |
höheres Gehalt angeboten, ganz ohne ihr fantastisches Verhandlungsgeschick. | |
Zufällig sind sie in eine andere Gruppe einsortiert, bekommen Zulagen oder | |
gelten einfach als wertvoll. Und weil man übers Gehalt praktischerweise | |
nicht spricht, blüht diese Bevorzugung im Verborgenen weiter vor sich hin. | |
Dass hier Transparenz einkehren soll, ist heilsam. Denn alle diejenigen, | |
die sagen: Der Mann ist aber wertvoller, besser, schneller oder klüger, die | |
müssen das nun rechtfertigen – und zwar nicht nur mit ihrem Gefühl. Wir | |
kennen Versuche wie etwa den, dass die Einstellungsquoten von Musikerinnen | |
sich verdoppelten, wenn sie hinter einem Vorhang für einen Job vorspielten. | |
Kaum wurde nur noch nach dem Klang geurteilt, wurden plötzlich auch Frauen | |
für gut befunden. Es gibt viele Beispiele für unseren eingebauten | |
Männerbonus. Der kommt daher, dass Frauen lange nicht als vollwertige | |
Arbeitskräfte, sondern nur als Zuverdienerinnen angesehen wurden, und sich | |
nicht in den Vordergrund drängten. | |
Diese Ordnung ändert sich. Frauen werden präsenter auf dem Arbeitsmarkt | |
sein und Männer sich stärker für ihre Familie engagieren. Aber das wird | |
dauern. Bis dahin tut man gut daran, den Wandel voranzutreiben. Auch durch | |
transparente Lohnstrukturen und die Aufwertung typischer Frauentätigkeiten. | |
Das Argument der Unternehmer: Es entstehe Unfrieden im Betrieb, wenn alle | |
neidisch schauen, was der Kollege verdient. Alles soll unfair und geheim | |
bleiben, damit sich keiner beschwert? Das kann niemand wollen. Unfrieden | |
entsteht ja nur dort, wo tatsächlich unfair bezahlt wird. Und das ist dann | |
auch gut so. | |
9 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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