# taz.de -- Demo am Frauentag in Berlin: „Wir nehmen uns die Straße" | |
> Erneut wird am 8. März demonstriert: Die Organisatoren wollen | |
> "feministische Kämpfe verbinden" und die ganze Breite der Positionen | |
> aufzeigen, sagt Bärbel Lange. | |
Bild: Weltweit demonstrieren am 8. März Frauen für ihre Rechte, hier Kurdinne… | |
taz: Frau Lange, eine Demonstration am Frauentag ist keine neue Idee – | |
warum ist das im Jahr 2015 für Sie das Mittel der Wahl? | |
Bärbel Lange: Mir und dem gesamten Bündnis ist es wichtig, dass wir unsere | |
feministischen Forderungen in die Öffentlichkeit tragen. Dabei knüpfen wir | |
einerseits an eine lange Tradition an und machen das ja auch ganz bewusst, | |
in dem wir den Namen „Frauen*kampftag“ verwenden. Aber andererseits hat es | |
in Deutschland in den vergangenen Jahren kaum mehr große Demonstrationen zu | |
diesem Tag gegeben – die Demo am Sonntag ist ja erst die zweite von unserem | |
Bündnis, und davor hat es lange nichts gegeben. Dass wir wieder sagen, wir | |
nehmen uns die Straße, das ist schon etwas Besonderes. | |
Können Sie die Botschaft dieser Demonstration in einem Satz zusammenfassen? | |
Ja, in unserem Motto: „Feministische Kämpfe verbinden“. Das ist für mich | |
das Wichtigste: dass wir die Vielfältigkeit feministischer Forderungen | |
zulassen, dass wir eine plurale und trotzdem gemeinsame Demo auf die Beine | |
stellen und dass wir zeigen, was es alles gibt auf diesem Gebiet. | |
Wen wollen Sie mit der Demonstration erreichen, wer soll am Sonntag | |
mitlaufen? | |
Alle, die sich in unserem Aufruf wiederfinden: alle, die von | |
Alltagssexismus betroffen sind, die unter geschlechtlichen | |
Rollenzuschreibungen leiden oder unter ungleicher Bezahlung, die unsichtbar | |
gemachte Arbeit verrichten – alle, die ein Interesse haben für | |
feministische Forderungen, die damit etwas anfangen können. | |
Sie sind Jahrgang 1956. Sehen Sie Unterschiede zwischen Ihrem Blickwinkel | |
und dem jüngerer Feministinnen? | |
Ja, da gibt es Unterschiede, auch bei uns im Bündnis. Aber die sind in der | |
Regel nicht konflikthaftig. Es ist auch eigentlich nicht so, dass sich die | |
Themensetzung unterscheiden würde – ein Thema wie das Recht auf sexuelle | |
Selbstbestimmung war in der zweiten Frauenbewegung – in der ich | |
sozialisiert wurde – eine sehr wichtige Forderung und ist es – nach meiner | |
Wahrnehmung – ganz genauso für jüngere Feministinnen. Die Unterschiede | |
liegen vielleicht eher in der Sprache, zum Beispiel darin, dass heutzutage | |
viel mehr Anglizismen gebraucht werden. | |
Haben sich die Themen, die in den feministischen Auseinandersetzungen | |
wichtig sind, in den vergangenen Jahre verändert? | |
Ich würde sagen, die Themen sind vor allem breiter geworden, was auch mit | |
der immer größer werdenden Vielfalt an Lebensentwürfen, auch in sexueller | |
Hinsicht, zu tun hat. Ein anderes Thema, das immer wichtiger wird, ist die | |
soziale Frage: Das hängt mit den immer prekärer werdenden Lebenssituationen | |
gerade von Frauen zusammen. Und wir haben uns im diesjährigen Aufruf ganz | |
klar gegen Rassismus und rechtes Gedankengut positioniert und uns außerdem | |
gegen Kriegshetze ausgesprochen – das sind ebenfalls Themen, die ja derzeit | |
stark diskutiert werden. | |
Auf der Demonstration im vergangenen Jahr kam es zu handgreiflichen | |
Auseinandersetzungen zwischen Sexarbeiterinnen und Menschen, die sich für | |
ein Verbot von Prostitution aussprechen. Wie positioniert sich denn das | |
Bündnis in dieser Frage? | |
Im Bündnis gehen wir davon aus, dass es bei dieser Frage Positionen gibt, | |
die so verschieden sind, dass wir die nicht in einen Konsens kriegen – also | |
ist das auch nicht unser Anspruch. Wir werden als Bündnis auch nicht für | |
eine dieser Positionen votieren, sondern wir wollen das so nebeneinander | |
stehen lassen, ohne die Widersprüche zu verstecken. Aber das soll natürlich | |
auf eine gewaltfreie Art und Weise passieren. Wir haben auf der Demo | |
deswegen ein Awareness-Team, das bei solchen Konflikten intervenieren wird | |
– wenn Menschen wirklich handgreiflich werden, müssen diese die | |
Demonstration verlassen. | |
8 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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