# taz.de -- Rücknahmepflicht alter Elektrogeräte: Der Schrottwichtel-Zwang | |
> Ausgediente Elektrogeräte wie Fernseher und Toaster sollen künftig im | |
> Geschäft um die Ecke abgegeben werden können. Was bedeutet das konkret? | |
Bild: Vier Kilo Elektroschrott im Jahr sollen pro BürgerIn eingesammelt werden… | |
Was soll das Gesetz? Schätze heben. | |
Ausrangierte „Ausrüstungsgegenstände für einen Einsatz im Weltraum“ kön… | |
nicht beim Elektromarkt um die Ecke zurückgegeben werden. So steht es | |
explizit im [1][Elektronikgerätegesetz], auf das sich das Kabinett am | |
Mittwoch geeinigt hat. Grundsätzlich brechen für Händler aber neue Zeiten | |
an. Sie sollen verpflichtet werden, defekte Fernseher, Toaster, Staubsauger | |
oder Photovoltaik-Module spätestens ab Ende dieses Jahres zurückzunehmen. | |
Grund: Statt auf dem Recyclinghof landen solche Geräte oft am falschen Ort. | |
Dabei können in ihnen Gold, Kupfer oder seltene Erden stecken. Zudem | |
enthalten manche Geräte Stoffe wie Blei, die nicht in die Umwelt gehören. | |
Wie groß ist das Problem? Deutsche versagen. | |
Es ist schon seit dem Jahr 2006 verboten, Handys oder Rasierer in die | |
Mülltonne im Hinterhof zu werfen – gemacht wird es trotzdem. Der | |
Bundesverband der Entsorgungswirtschaft schätzt, dass jedes Jahr pro Kopf | |
1,5 Kilogramm Haushaltselektroschrott in der Restmülltonne landen. | |
Was ändert sich? Föhn, retour bitte! | |
Die Pflicht zur Rücknahme ist neu. Allerdings gilt sie nur für jene rund | |
9.000 Elektromärkte, die eine Ladenfläche von mehr als 400 Quadratmetern | |
haben. Discounter, die nur auf kleiner Fläche Fernseher verkaufen, sind | |
befreit. Auch Onlinehändler müssen nur mitmachen, wenn sie wie etwa Amazon | |
mindestens 400 Quadratmeter Lagerfläche haben. Sie sollen etwa mit dem | |
„stationären Handel“ und Sozialbetrieben kooperieren oder | |
Rücksendemöglichkeiten schaffen. Kleine Elektroartikel müssen zurückgegeben | |
werden können, ohne dass ein neues Gerät gekauft wird. Große Geräte muss | |
ein Händler nur annehmen, wenn der Kunde auch ein neues mitnimmt. Als groß | |
gelten nicht nur Waschmaschinen, sondern Artikel, die eine Kante haben, die | |
länger als 25 Zentimeter ist. | |
Woran müssen Kunden denken? Batterien. | |
Wo das Gerät gekauft wurde, spielt für die Rückgabe keine Rolle. Ein | |
Kassenzettel ist nicht nötig. Der Kunde muss aber alte, nicht fest | |
eingebaute Batterien herausnehmen. | |
Wer zahlt für die Rücknahme? Hängt vom Markt ab! | |
Bei der Rückgabe muss der Kunde nichts zahlen. Allerdings steht im | |
Gesetzentwurf: „Ob und in welchem Maße die Entsorgungskosten auf die | |
Verbraucherpreise umgelegt werden, ist von einer Reihe von Einflussfaktoren | |
abhängig, u. a. von der Wettbewerbsintensität auf den jeweiligen Märkten.“ | |
Die Kosten könnten also auf die Verbraucher abgewälzt werden. | |
Wird das Recycling klappen? Wirtschaft fragen! | |
Die Händler entscheiden. Sie können den Schrott an die | |
öffentlich-rechtlichen Entsorger oder die Hersteller weitergeben sowie | |
selbst verwerten. Die Stoffe sollen möglichst gut sortiert werden und in | |
die Produktion neuer Geräte gehen. Dies sei eine „Expertenaufgabe“, erklä… | |
der Onlinehandel, die er nicht übernehmen könne. Die Post bietet allerdings | |
schon seit 2012 einen kostenlosen Rückversand von alten Handys, | |
Computerbauteilen, leeren Druckerpatronen und kleinerem Elektroschrott an. | |
Das Recycling macht das Berliner Unternehmen Alba. Aber nicht jedes alte | |
Gerät ist eine Goldgrube: Bleihaltiges Glas aus Röhrenfernsehern ist für | |
Flachbildschirme zum Beispiel nicht zu gebrauchen. | |
Wie beherzt ist das Gesetz? So lala. | |
SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks verspricht: „Das Gesetz | |
vereinfacht die richtige Entsorgung alter Elektrogeräte für Bürgerinnen und | |
Bürger.“ Das ist nötig. Deutschland übererfüllt zwar die bisherige Vorgab… | |
rund 4 Kilo Elektroschrott pro Bürger im Jahr einzusammeln. Doch die | |
EU-Kommission verlangt bessere Quoten. Dem will Hendricks nachkommen. „Sie | |
packt es aber nicht richtig an“, moniert Jürgen Resch von der [2][Deutschen | |
Umwelthilfe], „sie hat der Wirtschaft zu viele Zugeständnisse gemacht.“ | |
Ohne eine „flächendeckende Rücknahme“ könne es gut sein, dass Ausrangier… | |
nach wie vor in Dachkammern oder im Restmüll verschwindet. | |
Was bringt es also? Wegwerfen wird leichter. | |
Resch und Kollegen anderer Umwelt- und Entwicklungsverbände schreiben in | |
einem Brief an den Umweltausschuss im Bundestag: „[3][Der Entwurf | |
entspricht nicht dem ’State of the Art‘.]“ Ihnen fehlen Anreize, damit | |
Geräte repariert und länger genutzt werden. Hendricks Leute argumentieren, | |
der Gesetzgeber habe da nur „begrenzt Einfluss“. Das liege in den Händen | |
der Verbraucher. | |
11 Mar 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bmub.bund.de/themen/wasser-abfall-boden/abfallwirtschaft/wasser-… | |
[2] http://www.duh.de/uploads/media/Stellungnahme_ElektroG.pdf | |
[3] http://germanwatch.org/de/download/10932.pdf | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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