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# taz.de -- Elektroschrott in Afrika: Flachbildschirme für Nigeria
> Computer? Handys? Fernseher? Kaufen, kaufen, kaufen, heißt die Devise in
> Afrika. Doch für den anfallenden Elektromüll fehlen professionelle
> Verwertungsketten.
Bild: Überall Elektroschrott: Das Unicef-Foto des Jahres 2011 zeigt einen Jung…
BERLIN taz | In Westafrika fallen immer größere Mengen Elektroschrott an.
Die meisten kaputten Fernseher, Computer und Mobiltelefone stammen dabei
aus dem Konsum vor Ort. Das ist das Ergebnis einer Studie des
UN-Umweltprogramms, die jüngst veröffentlicht wurde.
In den fünf untersuchten Ländern Benin, Elfenbeinküste, Ghana, Liberia und
Nigeria fällt jährlich rund eine Millionen Tonnen an Elektroschrott an.
Etwa ein Viertel davon wird bereits als unbrauchbarer Abfall importiert,
vor allem aus Europa.
"Die steigende Nachfrage nach Elektroartikeln ist der größte Faktor", sagt
Mathias Schluep vom Schweizer Forschungsinstitut Empa, das an der Studie
beteiligt war. Demnach werden in der Region heute zehnmal mehr Computer und
hundertmal mehr Handys verkauft als vor zehn Jahren.
Vor allem die Nachfrage nach gebrauchten Produkten sei hoch, so Schluep.
Allerdings seien nur gute Geräte gefragt, die technisch auf dem neuesten
Stand seien. "Auch in Nigeria wollen die Konsumenten einen
Flachbildschirm", sagt Schluep, "veraltete Röhrenfernseher landen sofort
auf dem Müll."
## Verschärfte Entsorgungsproblematik
Das Problem sei also nicht generell der Import von Second-Hand-Geräten,
sondern der von veralteten und kaputten. Etwa 250.000 Tonnen schrottreifer
Elektrogeräte landet jährlich in den Häfen der westafrikanischen Küste. Sie
verschärfen die Entsorgungsproblematik, zu der der steigende Konsum vor Ort
führt.
Denn eine entsprechende Recyclingindustrie ist bislang nicht entstanden.
Noch immer werden Kühlschränke, Fernseher oder Computer per Hand
ausgeschlachtet, wobei Menschen und Umwelt unter den zum Teil giftigen
Inhaltsstoffen leiden. Um an begehrte Materialien wie Kupfer zu gelangen,
werden Kunststoffkabel abgebrannt - eine Quelle für Luftverschmutzung durch
Dioxin.
Giftige Inhaltsstoffe wie Quecksilber oder Blei gelangen ins Abwasser. Die
Regierungen vor Ort arbeiteten bereits an schärferen Gesetzen, so Schluep.
Beim Aufbau einer effizienten Recyclingindustrie müssten sie dringend
unterstützt werden, sagt Andreas Manhart vom Freiburger Öko-Institut, denn
die bestehende Hinterhof-Wirtschaft könne nicht einfach geschlossen werden.
Sie sichere Familien ein Einkommen und sei bislang auch wettbewerbsfähig.
"Ökonomisch gesehen sind die Profis heute im Nachteil", so Manhart. Zu dem
Engagement vor Ort seien zudem effektivere Ausfuhrregelungen in Europa
notwendig als bisher. "Es kann nicht sein, dass wir unseren Elektroschrott
billig in afrikanischen Ländern entsorgen, denen dafür die Voraussetzungen
fehlen", sagt Manhart.
## Mafiös organisierte Abfallhändler
So müsse bei den anstehenden Debatten etwa über ein neues Wertstoffgesetz
und die Novellierung des Elektrogesetzes für transparente Entsorgungsketten
gesorgt werden. Sprich: Bislang ist es mafiös organisierten Abfallhändlern
möglich, zu viel Elektroabfall illegal zu exportieren, weil ihre Sammlung
an Straßenrändern erfolgt oder die Kommunen sie obskuren Entsorgern
überantworten. Denn verboten ist die Ausfuhr von Elektroschrott schon
jetzt, doch hapert es an den Kontrollen.
Noch anspruchsvollere Gesetze seien nicht nötig, befindet Manhart: "Der
Zoll kann schließlich nicht jeden alten Computer hochfahren, um zu testen,
ob er noch geht." Vielmehr müssten die bestehenden Regeln
anwendungsfreundlicher werden. Bislang muss zum Beispiel der Zoll
nachweisen, dass ein Gerät nicht mehr funktionstüchtig ist. "Das könnte man
umdrehen: Der Exporteur muss beweisen, dass es noch zu gebrauchen ist", so
Manhart.
21 Feb 2012
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
## TAGS
Deutsche Umwelthilfe
Elektroschrott
Elektroschrott
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