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# taz.de -- Elektroschrott in Afrika: Der Fluch der Billigtoaster
> Uganda wollte nicht zur Müllkippe für gebrauchte Elektronik aus Europa
> werden und verhängte vor drei Jahren einen Importstopp. Jetzt
> funktioniert das Recycling nicht mehr.
Bild: Ministerien, Schulen und Behörden sind die größten Elektroschrott-Erze…
KAMPALA taz | Frank Mugisha hat ein Problem mit seinem Toaster. „Erst vor
zwei Monaten habe ich einen gekauft, der ist sofort kaputtgegangen“,
schimpft er über die schlechte Qualität indischer und chinesischer
Billigprodukte. Er beschwert sich in einem kleine Elektronikladen im
Zentrum von Ugandas Hauptstadt Kampala, doch der Inder hinter der
Ladentheke blickt nicht von seiner Buchhaltung auf. „Schmeißen Sie ihn in
den Müll“, sagt er.
Seitdem in Uganda die Mittelschicht stetig wächst und Familienväter wie
Mugishas sich nicht nur Autos und Eigenheime, sondern auch Toaster,
Waschmaschinen, Computer und Fernseher leisten können, steigt der Umfang
des Elektroschrotts in Ländern wie Uganda täglich an. Viele müssen die
Erfahrung machen, dass asiatische Billigprodukte nicht lange halten. Auf
den geschäftigen Märkten Kampalas konnte man bis vor drei Jahren noch
gebrauchte Elektronikartikel aus Europa ersteigern.
Doch dann bekam die Regierung Panik, dass die Europäer möglicherweise ihren
Elektronikschrott in Uganda verschachern könnten. Aus Westafrika waren
damals durch Aktivisten wie Greenpeace solche Skandale bekannt geworden.
Deswegen hatte Uganda 2009 als erstes Land Afrikas ein restriktives Gesetz
gegen Elektroschrott verabschiedet.
Seitdem dürfen keine gebrauchten Elektronikartikel mehr importiert werden –
selbst die intakten, qualitativ guten europäischen Toaster, Wasserkocher
oder gebrauchte Computer nicht. Seitdem gibt es in Ugandas Elektronikläden
nur noch Geräte aus Asien, die selbst neu eine geringere Lebensdauer haben
als Second-Hand-Artikel aus Europa.
## Ausgefeilte Wiederverwertungsgesellschaft?
Bislang landeten nur die wenigsten Elektroartikel auf der gigantischen
Müllkippe zwischen den Hügeln nördlich der Hauptstadt. Im Gegenteil, Uganda
hatte bislang eine ausgefeilte Wiederverwertungsgesellschaft: Sobald
Toaster oder Fernseher den Geist aufgaben und nicht mehr zu reparieren
waren, konnten sie für ein paar tausend Schillinge an einen Metall- und
Elektrowarenhändler verscherbelt werden.
In kleinen Holzbuden und Wellblechcontainern nahmen sie die Geräte
sorgfältig auseinander: Schrauben, Muttern und Kabel wurden entfernt, in
kleine Kisten sortiert, wo sie auf den nächsten Kunden warteten. Übrig
blieb in der Regel lediglich das Plastikgehäuse, das nicht wiederverwertbar
ist.
Typisches Beispiel waren bislang die gebrauchten Computer. Selbst Giganten
wie Microsoft hatten in Kampala sogenannte Refurbishing-Anlagen errichtet,
in welchen sie aus Europa eingeführte, gut erhaltene, gebrauchte Computer
reparierten und aufrüsteten, die sie dann für wenig Geld verkauften: mit
Aufkleber von „Green Computer“ sowie eine Garantie von rund vier Jahren.
## Neue Richtlinie geplant
Doch all diese Firmen sind seit dem E-Schrott-Gesetz 2009 pleitegegangen,
weil sie keine gebrauchten Geräte mehr einführen dürfen. Die staatliche
Umweltbehörde Nema will seitdem eine neue
Elektroschrott-Verwertungs-Richtlinie verabschieden, um zu verhindern, dass
gefährliche Schwermetalle wie Quecksilber auf Ugandas Müllkippen landen.
Doch bis heute ist sie nicht verabschiedet.
Der finale Entwurf der Richtlinien liegt der taz vor: Er besagt, dass
Regierungseinrichtungen wie Ministerien, Schulen und Behörden die größten
Elektroschrott-Erzeuger Ugandas sind. 75 Prozent der kaputten Computer,
Drucker, Telefone und Schreibtischlampen landesweit stapeln sich in
Dachböden und Kellern von Regierungsgebäuden.
Das Land könnte auch den Nachbarländern Ruanda, Kenia und Tansania bei der
Aufbereitung ihres Elektroschrotts unter die Arme greifen. Doch dafür muss
das Importverbot für Elektroschrott modifiziert werden.
13 Mar 2012
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Elektroschrott
Elektroschrott
Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
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