# taz.de -- Zweifel an Freihandel: EU kippt TTIP-Versprechen | |
> Die Wirtschaft dürfte weniger vom Freihandelsabkommen profitieren als | |
> bisher angekündigt. Gleiches gilt für Privathaushalte. | |
Bild: Die Handelskommissarin Cecilia Malmström hat TTIP in der Hand | |
BRÜSSEL taz | Nach den deutschen Arbeitgebern rudert nun offenbar auch die | |
EU-Kommission in Sachen TTIP zurück. Noch Anfang März fanden sich auf der | |
Website der Brüsseler Behörde optimistische Schätzungen zum | |
wirtschaftlichen Nutzen des umstrittenen Freihandelsabkommens. Nun sind sie | |
plötzlich verschwunden – und die Kommission kann nicht erklären, wie und | |
warum die Angaben gestrichen wurden. | |
Es ist nicht der erste Rückschlag für Handelskommissarin Cecilia Malmström. | |
Eigentlich wollte sie einen „Neustart“ der seit zwei Jahren festgefahrenen | |
TTIP-Verhandlungen zwischen der EU und den USA. Doch erst letzte Woche | |
musste die Schwedin einräumen, dass erneut Sand ins Getriebe gekommen ist: | |
2015 werde das TTIP-Abkommen nicht mehr fertig, teilte Malmström kleinlaut | |
mit. Zudem scheinen ihr langsam die Argumente auszugehen. | |
Denn das zentrale Werbeversprechen für TTIP wurde gestrichen. 545 Euro | |
werde „ein durchschnittlicher EU-Haushalt“ bei Abschluss des Abkommens mehr | |
verdienen – und zwar „jährlich“. So stand es noch Anfang März auf der | |
Homepage der Generaldirektion Handel. Auch die Wirtschaft werde | |
profitieren: „119 Milliarden Euro pro Jahr“, so das PR-Argument. | |
Zum Beweis verwies die Kommission auf eine Studie des Centre for Economic | |
Policy Research (CEPR) in London, die sie selbst in Auftrag gegeben hatte. | |
Allerdings finden sich die Zahlen in der Studie so gar nicht wieder. Statt | |
von jährlichen gehen die CEPR-Experten nur von einmaligen Effekten aus. Und | |
das auch erst 2027 – unter der Annahme, dass TTIP eine maximale | |
Liberalisierung bringt. Erst jetzt wurde die griffige Zahl auf der Homepage | |
der Generaldirektion Handel gestrichen. | |
## EU-Kommission ahnungslos | |
Genau dokumentiert hat dies die unabhängige Verbraucherorganisation | |
„Foodwatch“, die schon dem Bundesverband der deutschen Industrie BDI und | |
dem Verband der Automobilindustrie VDA falsche Angaben zu TTIP nachgewiesen | |
hatte. Doch während BDI und VDA dies eingestanden, gibt sich die | |
EU-Kommission ahnungslos. Malmströms Sprecher wollte auf Anfrage der taz | |
nicht einmal bestätigen, dass die Website geändert wurde. Später redete er | |
sich mit einem Routine-Update heraus. | |
Fest steht, dass die Änderungen schlecht zur Transparenz-Initiative passen, | |
mit der Malmström für TTIP werben will. Sie hat viele Verhandlungspapiere | |
online gestellt, um der Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. | |
Doch auch im Europaparlament wächst der Widerstand gegen TTIP weiter. So | |
sprach sich der Ausschuss für Soziales und Beschäftigung am Mittwoch gegen | |
die geplanten Schiedsgerichte für private Investoren (ISDS) aus. „Das | |
Abstimmungsergebnis zeigt, dass viele Abgeordnete die in der öffentlichen | |
Debatte besonders kritisierten Punkte teilen“, so der SPD-Parlamentarier | |
Joachim Schuster. „Die EU-Kommission ist gut beraten, diese Kritik ernst zu | |
nehmen.“ | |
Allerdings steht die Brüsseler Behörde auch unter Druck der Regierungen – | |
und die halten unbeirrt an TTIP fest. Vor allem Deutschland und Frankreich | |
fordern rasche Fortschritte. Bis Ende 2015 müsse „ein ehrgeiziges, globales | |
und für beide Seiten vorteilhaftes Abkommen“ stehen, erklärten Kanzlerin | |
Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande nach einem | |
Ministertreffen in Berlin. Sie forderten auch mehr Transparenz – Malmström | |
dürfte es mit Interesse gelesen haben. | |
2 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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