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# taz.de -- UNHCR über Flüchtlinge in Libyen: „Die Lage wird immer prekäre…
> Es ist schwer, ein Mindestmaß an Versorgung für die Flüchtlinge in dem
> zerfallenden Staat zu leisten, sagt die UNHCR-Mitarbeiterin Sarah Kahn.
Bild: Auf hoher See gerettete Flüchtlinge im libyschen Misrata.
taz: Frau Khan, Tausende Flüchtlinge versuchen in diesen Wochen, Libyen zu
verlassen. Wie sehen Sie die Lage dort?
Sarah Khan: Nach der Eskalation des Konflikts im Juli ist es schlimmer
geworden. Der Staat funktioniert nur noch zu einem gewissen Grad. Die
Küstenwache etwa versucht, Schiffbrüchige zu retten, hat aber nur äußerst
begrenzte – und weiter schrumpfende – Möglichkeiten. Wir haben offiziell
36.000 Flüchtlinge in Libyen registriert. Viele kommen aus subsaharischen
Staaten, aus Syrien und dem Irak. Ein Teil hatte zunächst gar keine Pläne,
weiterzuziehen. Aber die Lage wird immer prekärer, es wird immer
schwieriger, zu bleiben.
Was können Sie über die Zahl der nicht registrierten Flüchtlinge sagen?
Wenig. Unsere Arbeit im Land ist sehr schwierig. Die internationalen
Mitarbeiter sind evakuiert, die libyschen Mitarbeiter können sich nicht
frei bewegen. Wir mussten im Sommer letzten Jahres die Registrierung
einstellen. Seither sind sicher viele neue Flüchtlinge ins Land gekommen,
die wir nicht erfasst haben. Aber über deren Zahl kann ich keine
Spekulationen abgeben.
Kommen weiterhin neue Flüchtlinge nach Libyen?
Ja, wir hören, dass viele der Migrationsrouten weiter frequentiert werden.
Mit zunehmender Gesetzlosigkeit im Land ist der Grenzschutz immer
schwächer.
Ist der Weg über das Mittelmeer der einzige, der offen steht?
Die Nachbarländer, etwa Tunesien, haben ihre Grenzen nicht geschlossen.
Hereingelassen wird aber nur, wer Dokumente hat. Das ist bei vielen
Menschen nicht der Fall. Es ist auch nicht ohne Weiteres möglich, es sich
anders zu überlegen und umzukehren. Die Migrationsrouten haben oft nur eine
Richtung: vorwärts. Manche Menschen wären sicher glücklich über
Alternativen dazu.
Gibt es irgendeine Art von Versorgung für Flüchtlinge und Transitmigranten
in Libyen?
Wir versuchen, ein Mindestmaß an Versorgung zu leisten. Aber die
Bedingungen dafür sind äußerst schwierig. Es gibt Anlaufstellen in Tripolis
und Bengasi, es gibt in gewissem Umfang finanzielle Unterstützung und Hilfe
bei medizinischen Problemen. Und wir versuchen manchmal zu intervenieren,
wenn wir von Flüchtlingen erfahren, die interniert werden.
Die libyschen Milizen sind dafür bekannt, Flüchtlinge unter katastrophalen
Bedingungen einzusperren. Was wissen Sie darüber?
Die Internierungszahlen schwanken. Gegen Ende der letzten Saison wurden
einige der Internierungslager geschlossen. Jetzt endet die Nebensaison, die
Lager werden wieder eröffnet. Aber wir bekommen da kaum Einblick.
Sie sagen, dass jetzt die Nebensaison endet – die Zahl der Überfahrten wird
also zunehmen?
Jetzt wird das Wetter besser und die See ruhiger. Deshalb versuchen mehr
Flüchtlinge, das Meer zu überqueren. Ja, wir gehen davon aus, dass die
Zahlen nun steigen.
21 Apr 2015
## AUTOREN
Christian Jakob
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