# taz.de -- Militärintervention in Zentralafrika: Sexueller Missbrauch statt S… | |
> Laut UN-Bericht haben französische Soldaten in Bangui Kinder sexuell | |
> missbraucht. In Frankreich reagiert man mit Abscheu und will ermitteln. | |
Bild: Flüchtlinge im Flughafen von Bangui im Januar 2014. Französische Soldat… | |
BERLIN/PARIS taz | In Kampfuniform sitzen eine Handvoll französischer | |
Soldaten in einem Straßencafé im Zentrum von Bangui, Hauptstadt der | |
Zentralafrikanischen Republik. Sie bestellen Espresso, unterhalten sich | |
über ihre letzten Einsätze im Bürgerkriegsland im Herzen Afrikas. Dann | |
kommt eine Gruppe junger Mädchen angeschlendert: kurze Röcke, lackierte | |
Fingernägel, Perücken, roter Lippenstift. Man kennt sich. Sie grüßen sich | |
mit Küsschen. | |
Dann setzen sich die Mädchen den Soldaten auf den Schoß, in aufreizenden | |
Posen. Es folgen intensive Zungenküsse – und das am frühen Nachmittag | |
mitten in der Hauptstadt, mitten im Krieg. Und doch ein typisches Bild von | |
den französischen Rambos auf der Suche nach dem schnellen Sex. | |
Die Szene ereignete sich vor rund einem Jahr. Damals waren die | |
französischen Soldaten noch nicht Teil der UN-Mission im Kongo. Ihre | |
Mission „Sangaris“ wurde von Paris aus anberaumt. Die 2.000 französischen | |
Angehörige von Spezialeinheiten sollten den Internationalen Flughafen in | |
Bangui sichern. Rund um die Landebahn hatten hunderttausende Menschen | |
Schutz gesucht, die meisten Frauen und Kinder. | |
Mindestens zehn Kinder wurden in dieser Zeit von den französischen Soldaten | |
sexuell missbraucht, heißt es in einem als vertraulich klassifizierten | |
UN-internen Bericht, [1][über den jetzt der britische Guardian berichtet]. | |
Die Untersuchungen waren im Mai und Juni 2014 durchgeführt worden. | |
## Missbrauchte Kinder vertrauten sich UN-Helfern an | |
Die Kinder, darunter Waisen, hätten damals den Mitarbeitern der | |
UN-Menschenrechtskomissariats sowie des Kinderhilfswerks UNICEF von | |
Vergewaltigungen und Sodomie durch französische Soldaten berichtet – meist | |
im Gegenleistung von etwas Geld oder Lebensmitteln. Die Kinder waren | |
hungrig. Es herrschten elende Bedingungen in den Lagern am Flugplatz. Das | |
jüngste Opfer sei gerade einmal neun Jahre alt, so der Bericht. | |
Sexuelle Übergriffe ausländischer „Friedensbringer“ in Bürgerkriegsregio… | |
sind keine Seltenheit. Schon im Rahmen der UN-Mission im Kongo und anderen | |
Krisenländern gab es ähnliche Berichte. Wer die Franzosen in Bangui im | |
Straßencafé beobachtet, weiß, dass die Soldaten keine Scham haben, ihre | |
Begierden zu befriedigen. | |
Noch skandalöser ist, wie versucht wurde, die Anschuldigungen zu | |
vertuschen: Der Bericht landete auch auf dem Schreibtisch von Anders | |
Kompass im Genfer Büro des Flüchtlingskommissars. Kompass schickte ihn | |
kurzerhand an die französische Staatsanwaltschaft in Paris. Die UN-interne | |
Aufsichtsbehörde hat Kompass deswegen vergangene Woche suspendiert. Es | |
laufen jetzt Ermittlungen gegen ihn. Weil er geheime UN-Dokumente geleakt | |
hatte, droht ihm die Entlassung. | |
## Das Ministerium in Paris war längst informiert | |
„Falls sich die Vorwürfe als wahr herausstellen, wird das Ministerium dafür | |
sorgen, dass die Schuldigen für diese mutmaßliche Verletzung der | |
soldatischen Werte mit größter Strenge bestraft werden“, erklärte am | |
Donnerstag das französische Verteidigungsministerium als Reaktion auf den | |
Bericht des Guardian. Man habe sofort eine interne Untersuchung angeordnet. | |
Doch die französischen Behörden verschwiegen, dass sie längst von Kompass | |
aus dem UN-Hochkommissariat für Menschenrechte informiert waren und schon | |
seit Juli 2014 selbst Ermittlungen wegen angeblicher Vergewaltigungen von | |
Minderjährigen durch französische Militärs eingeleitet hatten. | |
Laut dem Magazin L'Obs hat die zuständige Pariser Staatsanwaltschaft auf | |
Anfrage lediglich bestätigt, dass eine Voruntersuchung im Gange sei. Bisher | |
sei aber noch keiner der Soldaten richterlich befragt oder in | |
Polizeigewahrsam genommen worden. | |
Natürlich kommt wegen dieser Diskretion und des Mangels an Eile seitens der | |
Justiz der Verdacht auf, dass man in Paris die kompromittierenden | |
Anschuldigungen am liebsten unter den Teppich gekehrt hätte. | |
## Alles nur bedauernswerte Ausnahmen? | |
Zweifellos wird man auch erklären, dass es sich nur um äußerst | |
bedauernswerte Ausnahmen handeln könnte, die im völligen Widerspruch zu den | |
Zielvorstellungen der französischen Intervention und den Grundwerten der | |
Republik stehen. | |
Für Frankreich ist dieser mit Aussagen mehrerer Opfer belegte Vorwurf | |
gravierender sexueller Verbrechen gegen hilflose Minderjährige in | |
Zentralafrika mehr als kompromittierend. Er trifft eine zentralen Aspekt | |
der französischen Außenpolitik im „Hinterhof“ der ehemaligen Kolonien in | |
Afrika. | |
In zahlreichen Online-Kommentaren bringen Leser ihre Empörung und Abscheu | |
zum Ausdruck und verlangen exemplarische Sanktionen. Aber auch eine gewisse | |
Skepsis ist aus den Reaktionen herauszulesen, allein schon, weil es eine | |
britische Zeitung war, die diese Informationen veröffentlicht hat. | |
30 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.theguardian.com/world/2015/apr/29/un-aid-worker-suspended-leakin… | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
Rudolf Balmer | |
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