# taz.de -- Europas Militäreinsätze in Afrika: Frankreichs Tarnung | |
> Neun der 16 derzeit laufenden Militärmissionen der EU befinden sich in | |
> Afrika. Aber das hat mehr europäische als afrikanische Gründe. | |
Bild: Training der Bundeswehr in Somalia. | |
BERLIN taz | Die Europäische Union sieht sich gern als Inbegriff der Soft | |
Power auf der Welt. Aber wenn es ernst wird, setzt sie genauso auf die | |
Kraft der Waffen wie alle anderen – nur meist nicht, um damit wirklich zu | |
kämpfen. | |
Nicht weniger als 16 laufende Militär- und Polizeimissionen zählt der | |
Auswärtige Dienst der EU, dazu 15 bereits beendete. Mehrheitlich sind es | |
keine aktiven Kampfmissionen. Die älteste ist der international kaum | |
bekannte Ausbildungseinsatz für die Streitkräfte von Bosnien-Herzegowina, | |
der seit 2004 läuft und derzeit von Briten angeführt wird. Die jüngste, | |
seit dem 30. April effektiv im Einsatz und deutlich riskanter, ist die | |
französisch dominierte „Eufor-RCA“ in der Zentralafrikanischen Republik. | |
Von den 16 laufenden Missionen befinden sich 9 in Afrika, und diese sind | |
auch die kompliziertesten. Wo in Afrika EU draufsteht, ist zumeist nicht EU | |
drin, sondern Frankreich. Das war bei der allerersten | |
EU-Militärintervention so: Die von rivalisierenden Milizen gequälte | |
ostkongolesische Distrikthauptstadt Bunia wurde im Sommer 2003 fast | |
ausschließlich von französischen Kampftruppen gesichert und befriedet, | |
bevor sie an die damals noch frische UN-Blauhelmmission im Kongo übergeben | |
wurde. | |
Bei der allerneuesten Intervention in der Zentralafrikanischen Republik ist | |
es kaum anders: Sie steht unter französischem Kommando mit hauptsächlich | |
französischen Soldaten, die von den nicht der EU zugeordneten französischen | |
Eingreiftruppen nur durch ihre Armbinde zu unterscheiden sind. Dass die | |
Franzosen zu Beginn der Einsatzes, bei der Übernahme des Flughafens der | |
Hauptstadt Bangui am 30. April, noch ein paar Esten dabeihatten, war | |
höchstens auf dem Papier interessant. | |
Anders als alle anderen europäischen Länder hat Frankreich nie aufgehört, | |
in seinen ehemaligen Afrikakolonien militärisch einzugreifen. Paris weitet | |
seine Präsenz in Afrika im Kampf gegen grenzüberschreitend agierende | |
Islamisten von Mali bis Nigeria derzeit deutlich aus. Früher nutzte es | |
dafür gern Fremdenlegionäre, was französische Leben schonte. Heute geht es | |
eher um die Schonung des französischen Staatshaushalts – und die EU dient | |
dazu, Kosten abwälzen zu können. | |
In die Entscheidungsfindung hingegen lassen die Franzosen sich nach wie vor | |
nur ungern hineinreden. Deswegen kommen EU-Afrikamissionen meist auch nicht | |
wesentlich über das Stadium einer blau-gelben Verkleidung für die Trikolore | |
hinaus. Das gilt für die Zentralafrikanische Republik ebenso wie für Mali | |
oder die seit 2005 laufenden Ausbildungsmissionen für Armee und Polizei in | |
der Demokratischen Republik Kongo: Überall ist Frankreich die faktische | |
Führungsnation, was den Missionen immer einen leicht neokolonialen Touch | |
gibt. | |
## Ausnahme Somalia | |
Die Ausnahme ist Somalia. Hier beteiligt sich die EU sowohl mit der | |
Marinemission „EU Navfor Atalanta“ im Indischen Ozean an der | |
internationalen Bekämpfung somalischer Piraterie als auch mit der | |
Ausbildungsmission „EUTM Somalia“ an der Aufstellung einer neuen Armee für | |
Somalias Regierung. In diesen beiden Missionen spielt Deutschland eine | |
erkennbare Rolle. Es nimmt aber auch in Mali und Kongo an der | |
militärisch-polizeilichen Ausbildung teil. | |
Einen klaren militärischen Vorzug haben EU-Missionen in Afrika nicht. Sie | |
sind ineffizienter und teurer als rein nationale Missionen oder auch | |
UN-Blauhelmtruppen – und für die lokale Bevölkerung meist verwirrender. In | |
der Praxis agieren sie oft wie beim Manöver, wo unterschiedliche Armeen die | |
Zusammenarbeit lernen müssen. | |
Das kann natürlich auch schiefgehen – wie beim deutsch geführten | |
EU-Militäreinsatz im Kongo zur Absicherung der Wahlen 2006. Damals | |
kollidierten deutsche Hygienevorschriften mit spanischen Baubestimmungen | |
ebenso wie die Presseunterrichtungen belgischer Militärs mit denen | |
französischer Militärs. | |
Heute funktioniert das besser. | |
14 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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