| # taz.de -- Debatte um Geheimdienstkontrolle: Koalition streitet über Aufsicht | |
| > Die Union will einen Beauftragten für die Geheimdienste, die SPD fordert | |
| > mehr Personal und Sachmittel. Die Bevölkerung interessiert sich wenig für | |
| > die BND-Affäre. | |
| Bild: Wer kontrolliert den BND? Kameras am Neubau des Bundesnachrichtendienstes… | |
| BERLIN dpa | Die große Koalition ist sich uneinig, ob angesichts der | |
| Spionageaffäre um den US-Geheimdienst NSA und den Bundesnachrichtendienst | |
| (BND) ein Geheimdienstbeauftragter des Bundestags nötig ist. Mehrere | |
| CDU-Politiker sprachen sich dafür aus, eine solche Position zu schaffen. | |
| „Er braucht weitgehende Kompetenzen, muss bei den Diensten ein- und | |
| ausgehen und umfassende Zugangsrechte zu Informationen erhalten“, sagte | |
| Unionsfraktionsvize Thomas Strobl der Rheinischen Post. Ähnlich äußerte | |
| sich der Innenpolitiker Wolfgang Bosbach. | |
| Die SPD lehnte einen Geheimdienstbeauftragten des Bundestags ab. „Wir | |
| brauchen kein neues Gesicht, keinen Mr. oder keine Mrs. | |
| Geheimdienstkontrolle, sondern mehr Personal und Sachmittel“, sagte der | |
| SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek. | |
| Er warf dem Kanzleramt vor, die Wähler vor der Bundestagswahl 2013 über die | |
| Aussichten eines Abkommens mit den USA über gegenseitigen Spionageverzicht | |
| getäuscht zu haben. „Die Verhandlungen zum No-Spy-Abkommen waren nichts | |
| anderes als ein Ablenkungsmanöver im Wahlkampf“, sagte er Spiegel Online. | |
| „Die Kanzlerin sollte als Heldin dastehen, die den USA weitreichende | |
| Zugeständnisse abgetrotzt hätte.“ | |
| Nach Berichten von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR vom Wochenende hatte | |
| lediglich US-Geheimdienstdirektor James Clapper eine Verpflichtung | |
| angeboten, dass sich US-Geheimdienste streng an deutsches Recht halten, | |
| während das Weiße Haus signalisiert hatte, dass das nicht infrage komme. | |
| Dennoch hatte der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) im August | |
| 2013 gesagt: „Die US-Seite hat uns den Abschluss eines No-Spy-Abkommens | |
| angeboten.“ | |
| ## Merkel in Erklärungsnot | |
| Zudem soll die NSA versucht haben, mit Hilfe der BND-Technik den deutschen | |
| Technologiekonzern Siemens auszuspähen, wie die Bild am Sonntag berichtete. | |
| Grund sei eine angebliche Vertragspartnerschaft des Konzerns mit dem | |
| russischen Geheimdienst SSSN (ehemals FAPSI) gewesen. Wie der | |
| Bundesnachrichtendienst auf das NSA-Ansinnen reagiert hat, blieb unklar. | |
| Der Vorgang könnte auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Erklärungsnot | |
| bringen. Laut SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel hat sie ihm | |
| versichert, dass es abgesehen von den Rüstungskonzernen EADS und Eurocopter | |
| „keinen weiteren Hinweis auf Wirtschaftsspionage“ gebe. | |
| Das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn warf dem Koalitionspartner SPD vor, | |
| die Debatte zu instrumentalisieren. „Es ist schon bemerkenswert, in welchem | |
| Ton und mit welcher Lautstärke führende Mitglieder der Regierungspartei SPD | |
| wilde Spekulationen und Skandalisierungen anstacheln und befeuern“, sagte | |
| er der Welt. Seine Partei könne aber gelassen bleiben: „Niemand, der bei | |
| Verstand ist, wird sich angesichts der Ukraine- und der Euro-Krise den | |
| sprunghaften und rabaukigen Sigmar Gabriel als Kanzler wünschen.“ | |
| Die Regierung will die Öffentlichkeit beim Thema No-Spy-Abkommen stets | |
| korrekt informiert haben. „Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen | |
| gearbeitet, und wir haben nach bestem Wissen und Gewissen die | |
| Öffentlichkeit informiert“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am | |
| Montag in Berlin. | |
| Die BND-Affäre lässt die Mehrheit der Menschen in Deutschland ziemlich | |
| kalt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov verfolgen | |
| lediglich 18 Prozent der Erwachsenen die Enthüllungen, die in den | |
| vergangenen Tagen zu Verwerfungen in der großen Koalition geführt haben. | |
| Knapp die Hälfte der Befragten gab an, sie beschäftigten sich nur „ein | |
| wenig“ mit den Vorwürfen gegen den Bundesnachrichtendienst (BND). 23 | |
| Prozent sagten, sie kümmerten sich „kaum“ darum. 7 Prozent der | |
| wahlberechtigten Bundesbürger interessiert die ganze Affäre überhaupt | |
| nicht. | |
| Der BND soll dem US-Geheimdienst NSA über Jahre geholfen haben, europäische | |
| Unternehmen und Politiker auszuforschen. Für einen Rücktritt von | |
| BND-Präsident Gerhard Schindler sprachen sich in diesem Zusammenhang 38 | |
| Prozent der Bürger aus. 36 Prozent sind der Meinung, der ehemalige Chef des | |
| Bundeskanzleramtes und heutige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) | |
| solle zurücktreten. Einen Rücktritt des derzeitigen Kanzleramtschefs Peter | |
| Altmeier (CDU) befürworten 27 Prozent. Nur 23 Prozent halten wegen der | |
| Affäre auch einen Rücktritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für | |
| geboten. | |
| 11 May 2015 | |
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