# taz.de -- Zentralstaat und Regionen in Italien: Die Lega setzt sich durch | |
> Italiens Senat beschließt eine Staatsreform zur Stärkung der reichen | |
> Regionen. Damit dürften staatliche Leistungen weiter auseinanderfallen. | |
Bild: Matteo Salvini hat sich mit seinem Deal durchgesetzt, die reichen Regione… | |
ROM taz | Es war ein Sieg für die [1][in Italien regierende Rechte], ein | |
Sieg vor allem für die in den reichen Regionen des Nordens starke Lega | |
unter Matteo Salvini: Am Dienstagabend billigte der Senat, die zweite | |
Kammer des Parlaments, mit klarer Mehrheit das Gesetz, das die | |
„differenzierte Autonomie“ der Regionen auf den Weg bringt. Die noch | |
ausstehende Zustimmung auch des Abgeordnetenhauses gilt als sicher. | |
Nach diesem Gesetz können in Zukunft Italiens Regionen eine ganze Latte von | |
Zuständigkeiten, die bisher beim Zentralstaat lagen, für sich reklamieren, | |
vom Schul- übers Gesundheitswesen zum Umweltschutz, der Energie- oder der | |
Verkehrspolitik. | |
Erbittert hatten die Oppositionsparteien, die gemäßigt linke Partito | |
Democratico ebenso wie das Movimento5Stelle (5-Sterne-Bewegung), gegen | |
dieses Vorhaben gestritten. Denn angesichts des enormen ökonomischen und | |
sozialen Gefälles zwischen den reichen [2][Nordregionen], der Lombardei, | |
des Veneto oder der Emilia-Romagna einerseits, der Armenhäuser im Süden wie | |
Kalabrien, Sizilien oder Kampanien andererseits, fürchten sie, dass in | |
Zukunft die staatlichen Leistungen für die Bürger*innen weiter | |
auseinanderdriften werden. | |
Für diese Befürchtung gibt es gute Gründe. In der „differenzierten | |
Autonomie“ ist nämlich vorgesehen, dass die Regionen in dem Maße, in dem | |
sie bisher zentralstaatliche Aufgaben übernehmen, auch einen höheren Anteil | |
des bei ihnen anfallenden Steueraufkommens erhalten, angefangen bei | |
Einkommens- und Mehrwertsteuer. Davon würden natürlich jene Regionen | |
profitieren, in denen das Geld verdient wird und damit ein größerer | |
Steuertopf entsteht. | |
## Deal zwischen Georgia Meloni und der Lega | |
Auf den ersten Blick leuchtet nicht ein, wieso ausgerechnet die größte | |
Regierungspartei der postfaschistischen Fratelli d’Italia (FdI – Brüder | |
Italiens) unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni dieses Gesetz | |
durchwinkte, schließlich forderte der Meloni-Verein noch vor wenigen Jahren | |
gar die Abschaffung der Regionen und ist seit jeher Fan eines starken | |
Zentralstaats. Nur noch „Brüder halb Italiens“ seien sie jetzt, giftete am | |
Dienstag die Opposition denn auch im Senat, unter Absingen der | |
Nationalhymne und Schwenken der italienischen Trikolore-Flagge. | |
Doch Giorgia Meloni macht jetzt dieses Zugeständnis, weil sie mit Matteo | |
Salvinis Lega einen Deal geschlossen hat. Salvini bekommt die | |
Regionalautonomie, dafür erhält Meloni die ihr wichtige Verfassungsreform, | |
die gegenwärtig auch im Parlament beraten wird: die Direktwahl des | |
Regierungschefs. | |
Danach werden Italiens Wähler*innen in Zukunft an der Urne nicht nur | |
ihre Parlamentarier*innen bestimmen, sondern auch den | |
Ministerpräsidenten. Auf diesem Weg soll die Stellung der Exekutive | |
gegenüber dem Parlament entscheidend gestärkt werden, ganz im Sinne von | |
Melonis Vision des entschlossenen „Durchregierens“. | |
Zudem sei der Zusammenhalt des Nationalstaats durch die Regionalreform gar | |
nicht gefährdet, hält die Rechte den Kritiker*innen aus der Opposition | |
entgegen. Denn bevor die Reform in Kraft trete, werde der Zentralstaat auf | |
allen Feldern [3][„essentielle Leistungsniveaus“] definieren, auf die die | |
Bürger*innen Anspruch haben, auch in armen Regionen wie Kalabrien oder | |
Sizilien. Völlig unklar ist jedoch, woher die Ressourcen für die | |
Aufrechterhaltung von Leistungen etwa in Bildung und Gesundheit kommen | |
sollen, wenn die reichen Regionen höhere Steuermittel für sich behalten | |
können. | |
24 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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