# taz.de -- Yoko Ono wird 90: Kunstvoll gealtert | |
> Ihr experimentelles Werk ist für viele schwer verdaulich. Doch das hat | |
> Yoko Ono nie gestört. Bis heute setzt sie sich für Menschenrechte ein. | |
Bild: Yoko Ono während ihrer Performance „Cut piece“ im jahr 1967 | |
Sich unbeliebt zu machen – und die Unbeliebtheit stoisch auszuhalten – ist | |
eine Kunst für sich. Und Yoko Ono ist die Königin dieser Disziplin. An | |
diesem Samstag, am 18. Februar, wird das Multitalent 90 Jahre alt. „Man mag | |
denken, ich sei klein, aber ich habe ein ganzes Universum in meinem Kopf“, | |
sagte Ono einmal. Was sie bisher aus diesem Universum schöpfte, | |
beeindruckte viele und geht anderen gehörig auf den Geist. | |
[1][Radikal neuartig und für manche komplett unverständlich] waren die | |
Kunstaktionen, mit denen sie ab Anfang der 1960er von sich reden machte. | |
Etwa mit dem [2][„Cut Piece“ von 1962]: Yoko Ono saß still auf einer Bühn… | |
das Publikum durfte mit einer Schere an ihrer Kleidung herumschnippeln. | |
Oder mit ihrem „Stairway to Heaven“, ihrer „Himmelsleiter“: Wer | |
hinaufkletterte, las oben, an der Galeriedecke, das zierliche, aber | |
mächtige Wort „Yes“. | |
Fluxus nannte sich die Kunstströmung. Das Publikum sollte nicht ehrfürchtig | |
auf die Werke starren, sondern sich einbringen – mitmachen. Aktivistisch | |
und anti-elitär war auch Onos „Bagism“-Prinzip: Für eine Weile trat sie in | |
schlichten Säcken („bags“) auf, um gegen stereotype Urteile über | |
Äußerlichkeiten anzugehen. | |
Je älter sie wurde, desto politischer – vor allem: feministischer – fielen | |
Onos Arbeiten aus, inbesondere ihr musikalisches Werk. 1933 war sie in eine | |
gebildete Tokioter Oberschichtsfamilie hineingeboren worden. Sie studierte | |
Philosophie, Klavier, Komposition und „klassischen deutschen Liedgesang“. | |
## Ihr Herz schlägt für Geflüchtete und den Feminismus | |
Lieber experimentierte Ono, die seit 1952 in den USA lebt, aber mit | |
atonaler Musik. „Keine richtige Melodie! Unhörbar! Schrill!“, schimpfte das | |
Massenpublikum. Auch ihre Songtexte gaben sich nicht gerade lieblich: | |
„Angry Young Woman“, „She hits back“, „Woman Power“ und so weiter. | |
Musiker:innen von Sonic Youth über Depeche Mode bis Iggy Pop zollten | |
Yoko Ono Respekt und arbeiteten mit ihr zusammen. Auch weil sie, enerviert | |
vom Vietnamkrieg, stets [3][gegen Waffengewalt und für Menschenrechte] | |
agitierte. Zuletzt 2019 mit der Installation „Add Color (Refugee Boat)“: In | |
einen weißen Raum stellte sie ein weißes Boot, sinnbildlich für die oft | |
lebensgefährlichen Barkassen, in denen Menschen aus Krieg oder Armut | |
fliehen. Das Publikum konnte Botschaften darauf hinterlassen. | |
Ein böser, aber wenig überraschender Running Gag in Yoko Onos Leben: Immer | |
wieder haben Männer sich theatralisch über sie aufgeregt. Sogar „Die | |
Ärzte“, die 2001 sangen: „Du nervst noch mehr als Yoko Ono / Gehst mir | |
tierisch auf den Sack / Hast einen beschissenen Musikgeschmack“. Yoko Ono | |
nahm Bubengeheul aller Art cool zur Kenntnis. | |
Dreimal war sie verheiratet, erst ihr letzter Gatte schien „der Richtige“ | |
zu sein. Er betätigte sich als Hausmann, kümmerte sich um den gemeinsamen | |
Sohn und hatte ebenfalls ein Faible für die Musik. Er war Brite, sieben | |
Jahre jünger als sie, [4][hieß John] und hat mal bei einer Band namens The | |
Beatles gespielt. | |
Im [5][taz-Mixtape bei Byte:FM] vom 17. Februar wird unter anderem Musik | |
von Yoko Ono zu hören sein, später auch als Podcast abrufbar. | |
18 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Retrospektive-zu-Yoko-Ono/!5377672 | |
[2] https://www.youtube.com/watch?v=zbQBD06N0Hs | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=MtJKVJimb3U | |
[4] /Unveroeffentlichter-John-Lennon-Song/!5804867 | |
[5] /Kooperation-mit-ByteFM/!126506/ | |
## AUTOREN | |
Katja Kullmann | |
## TAGS | |
Musikerinnen | |
Pop-Underground | |
Feminismus | |
Immersive Kunst | |
Klangkunst | |
Menschenrechte | |
Yoko Ono | |
IG | |
Musik | |
Kolumne Einfach gesagt | |
The Beatles | |
The Beatles | |
John Lennon | |
Brandenburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nachruf auf Komponisten Phill Niblock: Keine Melodie, kein Bullshit | |
Der Komponist Phill Niblock, Pionier der Video-Art und Minimal Music, ist | |
im Alter von 90 in New York gestorben. Nachruf auf einen Maximalisten. | |
Rosenkriege in der Klatschpresse: Die Frau, das überlegene Wesen | |
Warum sind bei den Rosenkriegen in der Klatschpresse eigentlich immer die | |
Frauen die Bösen? Es muss an ihren Superkräften liegen. | |
Klaus Voormann über John Lennon und Trio: „Es drehte sich nur um Rock’n’… | |
Er war einer der besten Freunde der Beatles und zählte in den Siebzigern zu | |
den gefragtesten Bassisten überhaupt. Jetzt wird Klaus Voormann 85. | |
Beatles-Studiengang in Liverpool: Master of Fab Four | |
„All You Need Is Love“ im Hörsaal. Ein neuer Studiengang in Liverpool | |
widmet sich den Beatles und ihrem Einfluss auf die Populärkultur. | |
Unveröffentlichter John Lennon-Song: 50.000 Euro für „Radio Peace“ | |
Ein Beatles-Fan ersteigerte für knapp 50.000 Euro eine 33-minütige Kassette | |
von 1970. Darauf ist der unveröffentlichte Song „Radio Peace“. | |
Rohkunstbau in Brandenburg: Auf's Land mit Yoko Ono | |
Das Kunst- und Kulturfestival Rohkunstbau im Barockschloss Lieberose | |
beschäftigt sich in diesem Sommer mit dem Überleben in der | |
Risikogesellschaft. |