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# taz.de -- Yoko Onos Ausstellung „Dream Together“: War is over! If you wan…
> Yoko Ono fordert uns immer noch mit Dringlichkeit zum Frieden auf –
> gerade in einer Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie in Berlin.
Bild: Das legendäre Foto von Yoko Ono und John Lennon im Bett im März 1969
Angeblich ist das Leben vielen Menschen zu komplex. Das sei der Grund,
heißt es, für den Erfolg von simpel erscheinenden Lösungen bei
komplizierter Ausgangslage. Und damit auch der Grund für den Erfolg von
Kriegstreibern: Was sie anbieten, ist leicht zu verstehen.
Dabei ist Frieden noch leichter zu verstehen. Man muss ihn doch nur wollen:
[1][Yoko Ono], die als Mädchen während der Atombombenabwürfe auf Hiroshima
und Nagasaki für ihr Leben geprägt wurde, zeigt seit Anbeginn ihrer
Künstlerkarriere, wie Schönheit und Schlichtheit sich verbinden und
Dringlichkeit hervorbringen.
Die komplementär zur Werkschau im Berliner Martin-Gropius-Bau konzipierte
Ausstellung „Dream Together“ in der Neuen Nationalgalerie ist eine
Aufforderung – [2][Onos Kunst bestand von jeher aus Aufforderungen zur
Interaktion]. Zum Beispiel aus einer sanften Bitte, wie beim dort
präsentierten Werk „Mend Piece“ – Keramikscherben, die die
Besucher:innen mithilfe von Tesafilm und Schnüren zusammensetzen
sollen. Denn Brüche, egal ob in Beziehungen oder der Welt, lassen sich
kitten.
## War is over: Yoko Ono und John Lennon
Oder eben aus jenem Appell, den Ono und ihr Ehemann John Lennon seit 1969
regelmäßig mithilfe von Massenmedien an die Welt richten und den die
Nationalgalerie ebenfalls präsentiert: In ganzseitigen Zeitungsanzeigen,
auf denen groß „War is over!“ und darunter klein „If you want it“ steh…
oder „Imagine all the people living life in peace“, bringt Yoko es knapp
und deutlich auf den Punkt.
Der Aufmacher einer Standard-Ausgabe vom März 2003 über die
Irakkrieg-Großoffensive „Schock und Furcht“ zeigt das Foto einer monströs…
Explosion am Nachthimmel, „Bombenhagel auf Bagdad“ lautet die Schlagzeile.
Die Antwort auf die Not, die Aggression, die Verluste erfährt man auf der
gegenüberliegenden Seite: „IMAGINE PEACE“ prangt in der Mitte, in
Versalien, fetter als die übrigen Fonts. „Vorschlag: Nehmen Sie diese Seite
heraus und verwenden Sie sie als Poster, oder übertragen Sie die Message
auf ein T-Shirt Ihrer Wahl“, hat die Künstlerin klein darunter drucken
lassen.
Onos Überzeugung, dass Worte sich festgesetzt haben müssen, um Taten folgen
zu lassen, dass Sprache Denken generiert, findet sich überall – der Titel
der Ausstellung im Gropius-Bau lautet „Music of the mind“. Es ist der Kopf,
in dem der Frieden beginnt – und wenn man diesen Frieden nicht kennt, so
wie die Menschen, die in okkupierten Gebieten aufwuchsen, dort täglich
Kämpfe erleiden, dann rückt er weiter in die Ferne.
Was Männer, die überall auf der Welt Kriege führen und eh schon brüchige
Staatsbeziehungen durch Provokation und Druck noch weiter gefährden,
angesichts Yoko Onos Aufruf wohl denken? Fühlen sie sich ertappt, weil sie
keinen Frieden wollen? Brummeln sie „Kokolores“? Lassen sie sich von der
schlichten Schönheit und Wahrheit berühren? Oder werden sie nicht berührt,
weil sie keinen Frieden kennen?
## Angebote gegen maskulin-aggressive Strukturen
Der Tatsache, dass es Männer sind, die die Gewalt anwenden, entgegnet die
Feministin Yoko Ono pragmatisch und unermüdlich. Sie setzt den
maskulin-aggressiven Strukturen konsequent neue Versöhnungsangebote
entgegen – und ihre Zusammenarbeit mit Lennon, dem sie auf Augenhöhe
begegnet, ist ein Beispiel von „Best Practice“.
Wie sie wohl der aktuellen Debatte über das „Messerverbot“ begegnen würde…
vielleicht mit dem Vorschlag, stattdessen ein „Männerverbot“ zu
diskutieren? Damit schlüge man mehrere Fliegen mit einer Klappe.
## „Dream together“
Am 14. September, dem letzten Tag von „Dream Together“, sind alle Menschen
aufgefordert, mit Glocken zur Neuen Nationalgalerie zu gehen, um dort
gemeinsam den Frieden einzuläuten. Die Aktion erinnert an den „Exorzismus
im Weißen Haus“, den die Aktivisten und The-Fugs-Musiker Tuli Kupferberg
und Ed Sanders angesichts des Vietnamkriegs gemeinsam mit
Unterstützer:innen 1967 in Washington performten, gegen die dort
ansässigen warmongers, die Kriegstreiber. Der Krieg ging noch acht Jahre.
Wahrscheinlich waren sie damals nicht laut genug.
17 Apr 2025
## LINKS
[1] /Yoko-Onos-Fluxus-Musik-Grapefruit/!6076870
[2] /Retrospektive-im-Tate-Modern/!6026394
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
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