# taz.de -- Windenergie-Branche im Norden: Cuxport boomt, Bremerhaven klagt | |
> Während der Cuxhavener Offshore-Verladehafen floriert, muss der Bremer | |
> Senat für das „Offshore-Terminal“ in Bremerhaven noch den Bedarf | |
> nachweisen. | |
Bild: Der Deich am Naturschutzgebiet Luneplate: Da soll das Bremerhavener Offsh… | |
BREMEN taz | Davon kann Bremens Wirtschaftssenator nur träumen: | |
„Werkstattleiter gesucht“, Instandhaltungsplaner Elektrotechnik gesucht, | |
Koordinator für Qualität gesucht. Und so weiter. | |
Die Firma Siemens Gamesa sucht in diesen Wochen Dutzende von Facharbeitern | |
für ihre Windenergie-Firma – in Cuxhaven. Dabei sollte doch eigentlich | |
Bremerhaven das Zentrum für Windenergie an der Nordseeküste werden. | |
Millionen hat der Bremer Senat investiert, um dort eine Infrastruktur an | |
staatlich finanzierter Expertise zu schaffen und die Lobby-Gesellschaft | |
„Windenergie-Agentur“ (WAB) gegründet, deren „B“ heute nur noch nostal… | |
an den ursprünglichen Namenszusatz „Bremerhaven“ erinnert. | |
Nun boomt das Siemens-Werk in Cuxhaven; in drei Schichten produzieren rund | |
1.000 Mitarbeiter Gondeln mit 7 Megawatt Leistung, an solchen mit 10 | |
Megawatt wird bereits gearbeitet. Neben Siemens steht das alte Werk der | |
Firma Ambau, die dort Stahlrohrtürme baut. Die Firma Muehlhan AG plant eine | |
Strahl- und Beschichtungs-Halle, das dänische Unternehmen Nordmark hat 19 | |
Millionen Euro in eine Halle für die Bearbeitung von Windkraft-Anlagen | |
investiert. | |
Insgesamt arbeiten inzwischen 2.500 Menschen in „Cuxport“, freut sich | |
Cuxhavens Oberbürgermeister Ulrich Getsch, es könnten deutlich mehr werden, | |
wenn die Bundesregierung ihre Ausbauziele wieder aufstockt. In Cuxhaven, so | |
lobt Getsch seinen Windenergie-Hafen, kann alles verschifft werden, „was | |
sie nicht über die Straße transportieren können“. | |
Während Cuxhaven boomt, schrumpft die Branche in Bremerhaven. Der Bremer | |
Senat wollte vor zehn Jahren ebenfalls auf Windenergie setzen und vertraute | |
dabei darauf, dass die interessierten Firmen selbst ihre Offshore-Terminals | |
bauten. Vielleicht war das eine schlechte Idee angesichts der Tatsache, | |
dass in Cuxhaven ein mit Landesmitteln errichtetes Schwerlast-Terminal zur | |
Verfügung stand – damals weitgehend ungenutzt. | |
Die Firmen jedenfalls fanden die Investition nicht hinreichend interessant | |
und der Bremer Senat beschloss schließlich, das geplante Terminal staatlich | |
zu finanzieren. Der grüne Umweltsenator ließ sich von der Bedarfsprognose | |
überzeugen und im Jahre 2016 gab es dann den Planfeststellungsbeschluss. | |
Die Naturschützer vom BUND klagten dagegen – drei Jahre später, an diesem | |
Donnerstag kommt das Thema nun im ersten Hauptsache-Verfahren vor das | |
Bremer Verwaltungsgericht. | |
Der Bremer Senat muss die erheblichen Eingriffe in die Natur mit | |
„Bedarfsanalysen“ begründen, obwohl der Ausbau der Offshore-Windenergie | |
seit Jahren an Fahrt verloren hat. Einige der Bremerhavener Unternehmen, | |
die von dem kurzen Weg zur Verladekaje profitieren wollten, haben schon | |
aufgegeben. Und der Weltmarktführer Siemens hat sich gegen Bremerhaven und | |
für Cuxhaven entschieden. | |
Die 5. Kammer des Bremer Verwaltungsgerichts hatte in einem von den | |
Naturschützern beantragten Eilverfahren schon Ende 2017 einen Baustopp | |
verkündet: Der Schwerlasthafen müsse vermutlich von den Bundesbehörden | |
geplant werden. Die seien zuständig, da sich das Hafenprojekt am Rande | |
einer Bundeswasserstraße befinde, erklärten die Richter. | |
Der Bremer Senat ging in die zweite Instanz, das Oberverwaltungsgericht | |
(OVG) bestätigte Mitte 2018 den Baustopp, allerdings mit einer anderen | |
Begründung: Der Bedarf für das OTB sei nicht so überzeugend nachgewiesen | |
worden, dass die erheblichen Eingriffe in die Natur damit zu rechtfertigen | |
wären. Immerhin plant der Bremer Senat das OTB in einem europarechtlich | |
geschützten Naturschutzgebiet. | |
Im Hauptverfahren will das Verwaltungsgericht daher vor allem Gutachter | |
hören, die den Bedarf rechtfertigen. Der BUND bezweifelt den Bedarf – „wir | |
begutachten selber“, erklärte Martin Rode. Die Argumente für das OTB würden | |
„von Jahr zu Jahr schlechter“, weil die Aktivitäten der | |
Windenergie-Industrie in Bremerhaven kontinuierlich abgenommen hätten. | |
Der rot-grüne Senat hält an dem Projekt fest. Wirtschaftssenator Martin | |
Günthner (SPD) und Bausenator Joachim Lohse (Grüne) erklärten nach dem | |
OVG-Urteil, das OTB bleibe „das zentrale Infrastrukturprojekt des Landes“ | |
und solle rund 250 Hektar Gewerbefläche an das Wasser anbinden. | |
Das entspricht, unabhängig vom Thema Windenergie, den Bremerhavener | |
Interessen. Als Projekt der allgemeinen Hafenerweiterung würde der Bau der | |
Kaje im Naturschutzgebiet aber noch weniger zu begründen sein als mit dem | |
Argument der Windenergie, sagen die Kritiker des OTB, wie die Bremer | |
Grünen-Fraktionsvorsitzende Maike Schaefer. | |
23 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
## TAGS | |
Cuxhaven | |
Bremerhaven | |
Offshore-Windpark | |
Windkraft | |
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland | |
Naturschutz | |
Offshore | |
Strukturwandel | |
OTB | |
Bremen | |
Erneuerbare Energien | |
OTB | |
OTB | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Insolvenz bei Senvion: Windenergiepionier pleite | |
Der Windenergie-Anlagenbauer Senvion hat Insolvenz angemeldet. Damit steht | |
auch das Bremerhavener Offshore-Terminal infrage. | |
Gericht stoppt Offshore-Terminal: Schlechte Aussichten für Bremerhaven | |
Das Verwaltungsgericht Bremen erklärt die Bauplanung für das Bremerhavener | |
Offshore-Terminal für rechtswidrig. Doch es gibt noch eine Hintertür. | |
Kommentar Bremer Offshore-Terminal: Beschränkter Horizont | |
Warum braucht man ein Terminal in Bremerhaven, wenn es 40 Kilometer weiter | |
in Cuxhaven schon eines gibt? Diese Frage stellt sich in Bremen kaum | |
jemand. | |
Deutschland als Weltmarktführer: Branche im Windjammer | |
Verbände für Offshore-Windkraft prophezeien eine dreijährige Flaute in | |
Deutschland. Im Ausland hingegen boomt das Geschäft. | |
Bremens Ideen für 2035: Die Zukunft ist männlich | |
Bremen bekommt bald mehr Geld und hat nun viele Ideen, wofür es ausgegeben | |
werden soll. Verbindlich ist kaum etwas an dem Plan. | |
Windenergie-Unternehmen macht dicht: Flaute in Bremerhaven | |
Die dritte von vier Produktionsstätten für Windenergieanlagen in | |
Bremerhaven wird geschlossen. Aber der Offshore-Terminal „OTB“ soll | |
trotzdem kommen. |