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# taz.de -- Was in den Parteiprogrammen steht: Feministischer Wahlcheck
> Von Union, AfD und BSW ist keine feministische Politik zu erwarten. Aber
> wie viel bieten die Programme von Linken, Grünen, SPD und FDP für Frauen?
Bild: Da ist nicht viel feministische Politik drin: Tasche von FDP-Chef Christi…
In feministischen Blütezeiten leben wir nicht gerade. Dennoch hat die
Frauenbewegung Standards erkämpft, hinter die auch die meisten Parteien
nicht mehr zurückfallen. Was sie [1][in ihren Wahlprogrammen] anbieten:
## Schutz vor Gewalt
Um Frauen besser vor Gewalt zu schützen, wollen SPD, Grüne und Linke eine
„Ja heißt Ja“-Regelung einführen und die Istanbul-Konvention konsequent
umsetzen. Hilfe für Gewaltbetroffene fordern alle drei Parteien, aber nur
bei der Linken steht, dass diese kostenlos sein soll.
Die Linke fordert darüber hinaus „verpflichtende Fortbildungen für Polizei
und Justiz“. Es ist die einzige Partei, für die der Gewaltschutz von Frauen
Vorrang vor dem Umgangsrecht von Vätern hat. Die Linke hebt sich zudem von
den anderen Parteien ab, weil sie findet, dass „Gewalt und sexuelle
Belästigung“ auch ins Arbeitsschutzgesetz gehören.
Für den Ausbau von Frauenhäusern und Beratungsstellen, den SPD, Grüne und
Linke schon lange fordern, hat der Bundestag [2][inzwischen ein Gesetz
beschlossen, das dafür 2,6 Milliarden Euro vorsieht]. Die FDP, bei der
überhaupt nur ein einziger Satz zu Gewalt gegen Frauen im ganzen Programm
steht, schlägt eine „Online-Plattform für verfügbare Frauenhausplätze“ …
Die gibt es längst.
Die Grünen wollen den Einsatz von K.-o.-Tropfen und KI-generierter
Nacktbilder bestrafen und regen einen Betroffenenrat für häusliche Gewalt
an. Sie und die SPD sprechen sich für elektronische Fußfesseln aus, ein
staatliches Repressionsinstrument, dem die Linke laut einer Expertin der
Partei eher kritisch gegenübersteht.
Die SPD fordert Schwerpunktstaatsanwaltschaften für häusliche Gewalt, will
Catcalling unter Strafe stellen und Täter zu Anti-Gewalt-Trainings
verpflichten. In den Entwürfen von Grünen und FDP fand sich kein Wort zu
Täterarbeit oder aggressiver Männlichkeit. Eine taz-Anfrage dazu ließ die
Pressestelle der Grünen unbeantwortet.
Das finale Programm der Grünen beinhaltet nun aber den „Ausbau von
Täterarbeit“, ebenso den Begriff „Femizide“, den auch das SPD-Programm
nennt und den man bei der Linkspartei trotz vieler Gegenmaßnahmen
offensichtlich vergessen hat. Die Grünen haben auch an den Ausbau von
Angeboten für Gewaltbetroffene mit Behinderung und Sprachbarriere gedacht.
## Schutz für geflüchtete Frauen
Geflüchtete Frauen besser vor Gewalt schützen, wollen auf den ersten Blick
alle außer der FDP. Wer genauer hinschaut, bemerkt: Bei den Grünen würden
nur diejenigen Frauen, deren Status vom gewalttätigen Partner abhängt,
einen „eigenständigen Aufenthaltstitel“ bekommen.
Die SPD formuliert nebulös, sie wolle das „Aufenthaltsrecht
praxistauglicher“ ausgestalten. Einen sofortigen und sicheren Aufenthalt
für Gewaltbetroffene fordert nur die Linkspartei. Sie will auch das
Selbstbestimmungsgesetz, das bisher nur für deutsche Staatsbürger*innen
gilt, auf geflüchtete Menschen ausweiten.
Gegen „Zwangsheirat und Genitalverstümmelung“ will sich die FDP einsetzen.
Die Grünen halten zumindest in der Theorie am Konzept der „feministischen
Außenpolitik“ fest, sie wollen Frauen, Mädchen sowie marginalisierte
Gruppen weltweit stärken. Sie sind die Einzigen, die sich explizit gegen
„Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung“ einsetzen und ein Bleiberecht für
die Opfer wollen. Unklar ist, inwiefern dies mit ihren aktuellen
[3][Forderungen nach einer restriktiveren Migrationspolitik] zu vereinen
wäre.
## Arbeit, Geld und Steuern
Was die Wahlversprechen finanziell bedeuten, hat die [4][Süddeutsche
Zeitung] ausgerechnet. Bedenkt man, dass Frauen mit 60 Prozent die Mehrheit
der Geringverdienenden ausmachen, und betrachtet die unterste
Einkommensgruppe, die bis zu 10.000 Euro brutto im Jahr verdient, bietet
die Linke die stärksten Entlastungen. Mit ihr hätte diese Gruppe 4.125 Euro
brutto mehr. Die SPD bietet 268 Euro mehr und die Grünen 119 Euro. Die FDP
will den Ärmsten sogar noch 289 Euro wegnehmen.
Alleinerziehenden – auch das sind zu 80 Prozent Frauen – wollen alle
Parteien durch Steuererleichterungen unter die Arme greifen. Aber den 30
Prozent von ihnen, die so wenig verdienen, dass sie keine Steuern zahlen,
bringt das nichts.
Gegen den Gender Pay Gap planen alle außer der FDP, das
Entgelttransparenzgesetz weiterzuentwickeln. Die Grünen wollen
Gehaltsangebote in Stellenausschreibungen transparent machen – eine gute
Idee, die ohne Verpflichtung die wenigsten Unternehmen umsetzen dürften.
Sexarbeit betrachten nur die Grünen als Arbeit und wollen deren Bedingungen
verbessern, durch mehr aufsuchende Hilfe und zugleich durch strengere
Kontrollen von „Prostitutionsstätten“.
Mit der Abschaffung des Ehegattensplittings und der Senkung der
Normalarbeitszeit auf 32 Stunden, also der 4-Tage-Woche, macht die Linke
die grundsätzlichsten Vorschläge, um die Ungleichheit der Geschlechter,
besonders bei Paaren, zu reduzieren.
Laut Studien wie der gerade [5][vom DGB veröffentlichten] rührt diese vor
allem daher, dass Mütter mehr Sorgearbeit leisten als Väter.
Arbeitszeitverkürzungen würden Vätern ermöglichen, sich mehr um ihre Kinder
zu kümmern, Frauen könnten in der Zeit mehr Geld verdienen. Das würde ihre
Altersarmut reduzieren sowie insgesamt die Abhängigkeit von Partnern, die
auch häusliche Gewalt begünstigt.
## Selbstbestimmung und Körper
Grüne und Linke wollen die Geburtshilfe stärken. Die Linke ist hier am
ausführlichsten, sie will wohnortnahe Geburten mit ausreichend Personal
ermöglichen. Bei SPD und FDP taucht das Stichwort nur im Kontext von
„Totgeburten“ auf. Für diese Fälle hat der [6][Bundestag gerade einen
gestaffelten Mutterschutz beschlossen].
Alle vier Parteien finden, dass Schwangerschaftsabbrüche kostenfrei sein
sollten. Außer der FDP sind sich alle einig, dass diese außerhalb des
Strafrechts geregelt werden müssen. Die Liberalen schreiben, dass Paragraf
218 reformiert werden soll, aber nicht, wie. Eine Reform, die auch die
Mehrheit der Gesellschaft will, haben die Liberalen [7][diese Woche im
Bundestag blockiert].
Die Linke fordert als einzige Partei, dass „sämtliche Verhütungsmethoden“
von der Krankenkasse bezahlt werden, die Grünen nur „ärztlich verordnete“,
die SPD will bei dem Thema bloß „Datenlücken“ schließen. Die Linke schl�…
zudem kostenlose Menstruationsprodukte vor, SPD, Grüne und FDP nicht. Und
wie will die Linke all diese Maßnahmen finanzieren? Durch höhere staatliche
Einnahmen, zum Beispiel durch Vermögens- und Erbschaftssteuern.
## Familie und Sorgearbeit
Die Grünen und die Linken finden, künstliche Befruchtung sollte allen
Menschen offenstehen, auch Ledigen. Laut der Linken sollte das teils von
den Kassen bezahlt werden. Im Programm der SPD kommt keine künstliche
Befruchtung vor. Regenbogenfamilien gleichstellen wollen SPD, Grüne und
Linke. Die Grünen ergänzen, dass Menschen „jenseits einer Ehe rechtlich
verbindlich füreinander sorgen“ können sollten.
Die SPD will dafür ein Pflegegeld für diejenigen einführen, die sich um
Angehörige kümmern. Sie will als einzige Partei die Zahlung des Elterngelds
von 14 auf 18 Monate verlängern. Die Linke will den Mindestsatz erhöhen,
die Grünen den Mindest- und den Höchstsatz, die FDP eine vereinfachte
Beantragung mithilfe von KI. Die Linke schlägt nach der Geburt eines Kindes
28 Tage Elternzeit für den zweiten Elternteil vor, damit die Sorgearbeit in
einer Familie vom ersten Tag an gerecht verteilt werden kann.
12 Feb 2025
## LINKS
[1] /Wahlprogramme-der-Parteien/!6065304
[2] /Gewalthilfegesetz-im-Bundestag/!6062298
[3] /Gruene-Asyl--und-Sicherheitspolitik/!6064914
[4] https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/wirtschaft/bundestagswahl-eink…
[5] /Neue-Studie-zu-Gender-Pay-Gap/!6069206
[6] /Aktivistin-zum-gestaffelten-Mutterschutz/!6063361
[7] /Liberaleres-Abtreibungsrecht/!6068994
## AUTOREN
Lotte Laloire
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