# taz.de -- Frauenarmut und Gender Pay Gap: Frauen, redet mit euren Partnern! | |
> Nur jede zweite arbeitende Frau kann eigenständig ihre Existenz sichern. | |
> Es braucht gerechte Löhne. Aber Frauen müssen auch Karrieren einfordern. | |
Bild: Eine Facharbeiterin überprüft eine Druckplatte. Ob sie dafür so viel G… | |
Es sind nicht mehr 23 oder 21 Prozent, nein, es sind nur noch 16 Prozent. | |
[1][16 Prozent weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen bekamen Frauen | |
im vergangenen Jahr.] Das darf man, auch wenn es absurd klingt, als Erfolg | |
bezeichnen. Denn jahrzehntelang war der Gender Pay Gap, die Lohnlücke | |
zwischen Frauen und Männern, bei 23 und 21 Prozent wie festgenagelt. Da | |
bewegte sich einfach nichts. Mehr Geld für Männer – eine never ending | |
Story. Zum Verzweifeln geradezu. Dann aber [2][sank der Gender Pay Gap | |
doch, und das ausgerechnet während der Coronapandemie, auf 18 Prozent.] Und | |
jetzt, innerhalb des vergangenen Jahres, eben noch einmal um 2 | |
Prozentpunkte. Es tut sich also etwas bei einer der wichtigsten | |
Gleichstellungsfragen der Moderne, nämlich der finanziellen Parität | |
zwischen den Geschlechtern – und das zugunsten der Frauen. | |
Das ist insofern bedeutsam, als zeitweilig davon die Rede war, dass Corona | |
die Frauen zurückkatapultieren würde in eine Zeit, die ihre Rolle am Herd | |
und bei den Kindern definiert. [3][Aber das stimmte nicht], denn heute | |
lassen sich die meisten Frauen nicht mehr behandeln wie Muttis in | |
Kittelschürzen um 1950. Heute studieren Frauen, sie gehen arbeiten, sie | |
haben große oder kleine Familien, sie leben allein, sie leben queer – und | |
das alles selbstverständlich. Am Ende aber sind die meisten Frauen den | |
Männern noch lange nicht gleichgestellt. | |
Denn mehr als [4][jede zweite Frau kann dem Deutschen Gewerkschaftsbund | |
(DGB) zufolge nicht von ihrem Einkommen leben], sobald ihr Job wegfällt. | |
Wenn sie also arbeitslos wird, aus welchen Gründen auch immer nicht mehr | |
arbeiten kann oder in Rente geht. Für etwa 70 Prozent der berufstätigen | |
Mütter kommt es noch dicker: Sie können laut DGB ohne zusätzliche | |
finanzielle Hilfen nicht langfristig für sich und ihr(e) Kind(er) sorgen. | |
Das eine, der Gender Pay Gap, und das andere, die existenzielle Lücke, sind | |
eng miteinander verknüpft. Wer wenig verdient, kann sich kein besseres | |
Leben leisten, kann nichts sparen für härtere Zeiten und hat weniger Rente | |
– diese Erkenntnis ist so alt wie ein Fossil. Und die Dramatik solcher | |
Lebenszwänge spitzt sich aktuell zu: Mieten werden teurer, Renten kleiner, | |
Butter, Olivenöl, Gemüsekonserven kosten um ein Vielfaches mehr, die | |
Arbeitslosigkeit steigt – auch das ist eine Binse. Die | |
1-Million-Dollar-Frage ist nun: Wie kommen Frauen aus dieser Misere heraus? | |
## Was der Staat tun muss | |
Der erste Teil einer möglichen Antwort lautet: Der Staat muss dafür sorgen, | |
dass die Lohnlücke geschlossen wird. Es gibt kein schlüssiges Argument | |
dafür, dass Männer bei gleicher Arbeit und Stundenzahl besser bezahlt | |
werden. Ebenso muss der Staat dafür sorgen, dass die Jobs, in denen | |
vorwiegend Frauen arbeiten, besser entlohnt werden – zumindest so, dass die | |
Frauen-Löhne Männer-Löhnen in vergleichbaren Berufen ähneln. Der Staat muss | |
dafür sorgen, dass jedes Kind einen Kita- und einen Hortplatz bekommt, | |
sodass Mütter nicht mehr gezwungen sind, gar nicht oder Teilzeit zu | |
arbeiten, weil die Kinder anders nicht betreut werden können. | |
## Was Frauen tun sollten | |
Der zweite Teil der Antwort klingt für manche ungerecht, unfeministisch und | |
nach Abschieben ins Private: Frauen sollten aufhören, vor allem ihren | |
Partnern als sichere Einkommensquellen zu vertrauen und sich von ihnen | |
abhängig zu machen. Sie sollten ihre Jobs niemals aufgeben, selbst wenn der | |
Partner noch so viel verdient. Sie sollten nach den Elternmonaten zeitnah | |
arbeiten gehen und auch nur in seltenen Fällen in Teilzeit. Damit | |
verringert sich auch die Lohnlücke, denn die ist insbesondere der Teilzeit | |
zuzuschreiben. Die meisten Beziehungen halten bekanntlich nicht ewig, und | |
mittlerweile gibt es genügend Zeitungstexte, die von Trennungsdramen mit | |
anschließender Frauenarmut berichten. | |
Ja, doch: Gleichstellung muss auch in der Beziehung ausgehandelt werden. | |
Denn der Grundsatz „Es geht nur gemeinsam mit den Männern“ muss mit Leben | |
erfüllt werden. Ob ein Paar die klassische Elternzeit-Variante – 12 Monate | |
für die Mutter, 2 für den Vater – wählt oder sich die Zeit hälftig teilt, | |
wird nun mal zu Hause beschlossen. Ob eine Frau Teilzeit oder Vollzeit | |
arbeitet, bespricht sie mutmaßlich mit ihrem Partner. Ob sie eine | |
Führungsposition übernehmen soll und er dann mehr Sorgearbeit leisten muss, | |
sicher ebenso. Dem eigenen Lebens- und Karriereanspruch zu folgen und | |
diesen nicht ausschließlich vom Staat, sondern auch beim Partner | |
einzufordern, ist nicht vermessen oder unrealistisch, sondern zutiefst | |
feministisch. | |
16 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-GenderPayGap… | |
[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3261/umfrage/gender-pay-gap-… | |
[3] /Geschlechterfragen-waehrend-Corona/!5767276 | |
[4] /!s=frauen+existenz/ | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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