# taz.de -- Ukrainer:innen in Deutschland: Der Schlüssel zur Flüchtlingshilfe | |
> Täglich kommen Tausende Ukrainer:innen in Großstädten wie Berlin und | |
> Hamburg an. Nun sollen die Menschen auf die Länder verteilt werden. | |
Bild: Ein Bett mit Handtuch steht in einer Dresdener Turnhalle zur Unterbringun… | |
BERLIN taz | Diana Henniges ist aufgebracht. „Wir sind weit entfernt davon, | |
die Lage im Griff zu haben.“ Mit „die Lage“ meint Diana Henniges vom | |
Berliner Verein Moabit Hilft die Situation am Berliner Hauptbahnhof, wo | |
jeden Tag Tausende aus der Ukraine geflüchtete Menschen ankommen. „Jede | |
Nacht schlafen Hunderte Geflüchtete im Bahnhof auf den Bänken, auf dem | |
Boden und in den Toiletten“, hatte die Hilfsorganisation am Wochenende in | |
einer Presseerklärung beklagt. Und die Hauptlast bei der Erstversorgung der | |
Menschen liege noch immer bei den Ehrenamtlichen, kritisiert Henniges. | |
[1][Knapp 160.000 aus der Ukraine Geflüchtete hat Deutschland seit Beginn | |
der russischen Invasion registriert.] In Wahrheit sind wohl bereits | |
deutlich mehr Menschen angekommen, denn Ukrainer*innen können sich in | |
der Bundesrepublik für 90 Tage visafrei bewegen, und viele dürften direkt | |
zu Verwandten oder Bekannten gefahren sein. | |
Allein in Berlin kommen jeden Tag im Schnitt 10.000 weitere Menschen an. | |
Die Hauptstadt sei „deutlich mehr belastet als andere Regionen“, sagte am | |
Dienstag Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Auch in | |
anderen Großstädten wie Hamburg und München ballen sich die Ankünfte, | |
ebenso wie im an Polen grenzenden Bundesland Brandenburg. Giffey betonte | |
deswegen die Bedeutung der „föderalen Solidarität“ – dass also die Mens… | |
gleichmäßiger als bisher auf alle Bundesländer verteilt werden. „Wir haben | |
inzwischen mehrfach auf den Wunsch nach Bundesunterstützung hingewiesen“, | |
sagte sie. | |
Seit Tagen schon drängen verschiedene Bundesländer und die kommunalen | |
Spitzenverbände darauf, dass der Bund sich in die Verteilung und Versorgung | |
der Geflüchteten einschaltet. Am Freitag meldeten einige Länder, die | |
Aufnahmekapazitäten seien erschöpft. Schon am Freitag hatte | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verkündet, dass die Menschen nun | |
verstärkt nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt werden sollen – also | |
entsprechend Steueraufkommen und Bevölkerungszahl. Faeser versprach den | |
Ländern und Kommunen auch, der Bund werde sich an den Kosten für die | |
Aufnahme der Menschen beteiligen. Wie genau, wird am Donnerstag Thema auf | |
der Ministerpräsidentenkonferenz sein. Um Chaos und lange Wartezeiten am | |
Ankunftsort zu vermeiden, soll zudem die Registrierung von | |
Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine vereinfacht werden. Wer auf der | |
Durchreise in ein anderes Land nur kurz Unterkunft und Verpflegung | |
benötige, müsse nicht erkennungsdienstlich behandelt werden. | |
## Neues Ankunftszentrum am Ex-Flughafen Tegel | |
Für die Unterbringung der Menschen sollen auch Gebäude der Bundesanstalt | |
für Immobilienaufgaben (Bima) genutzt werden. Hierfür müssen die Länder | |
oder Kommunen dann Betreiber stellen. Die Eintreffenden sollen über das | |
sogenannte Easy-Verfahren registriert werden, das Bundesverkehrsministerium | |
soll ihren Transport in die Länder organisieren. Die Länder sollen | |
gegenüber dem BMI ihre Zustimmung signalisiert haben, neue | |
Unterbringungsplätze zu schaffen. In Berlin etwa soll bis zum Ende der | |
Woche ein neues Ankunftszentrum am ehemaligen Flughafen Tegel den Betrieb | |
aufnehmen, in Zelten und Containern sollen dort bis zu 7.500 Schlafplätze | |
entstehen. | |
Es führen bereits „viele Busse und es fahren Züge, um insbesondere Berlin | |
und Brandenburg, aber auch Städte wie Hamburg und München zu entlasten und | |
Geflüchtete in andere Bundesländer zu bringen“, sagte Faeser am Freitag. | |
Dass so viele Menschen in Großstädten ankommen, liege zu einem Großteil | |
ganz pragmatisch an der Logistik, sagt der Osnabrücker Migrationsforscher | |
Franck Düvell: „Die Menschen reisen dorthin, wo die Züge sie hinbringen.“ | |
Das soll nun entzerrt werden. So einigte sich die Bundesregierung nach | |
taz-Informationen mit Polen darauf, in den Städten Rzepin bei Frankfurt | |
(Oder) und Wrocław zwei Sammelpunkte zu schaffen, sogenannte „Hubs“. Von | |
dort sollen Busse und Pendelzüge koordiniert nach Deutschland geleitet | |
werden. Zu einer zentralen Ankunftsstelle soll Cottbus in Brandenburg | |
werden. | |
Pro Asyl warnt davor, die Menschen ausschließlich mit Blick auf die | |
Kapazitäten der Länder zu verteilen. „Statt nach einem starren Schlüssel zu | |
handeln, müssen die Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt werden“, | |
sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. In Deutschland leben rund 331.000 | |
Menschen mit einem ukrainischen Migrationshintergrund. Viele nun Flüchtende | |
kämen bei Angehörigen und Verwandten unter, sagt auch der Migrationsexperte | |
Düvell. „Da passiert eine automatische Umverteilung von unten, übrigens | |
auch in kleinere Städte und Dörfer. Und es ist mit Blick auf die | |
psychosoziale Lage der Menschen auch viel besser als eine Unterbringung in | |
großen Unterkünften.“ Düvell plädiert dafür, dass Bund und Länder diese | |
Prozesse unterstützen. | |
[2][In Berlin ist genau das geplant]: Wer eine Anschrift in Berlin angeben | |
könne, weil er zum Beispiel bei Verwandten unterkomme, solle unbürokratisch | |
Zugang etwa zu einer Arbeitserlaubnis bekommen, sagte Sozialsenatorin Katja | |
Kipping (Linke) am Dienstag. Diese Menschen sollten Berlin dann bei der | |
Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel angerechnet werden. | |
15 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
Konrad Litschko | |
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