# taz.de -- Start der Elbvertiefung: Die erste Ladung Schlamm | |
> Am Dienstag begann die neunte und angeblich letzte Elbvertiefung. | |
> Umweltverbände protestieren weiter gegen die ökologischen Folgen der | |
> Baggerei. | |
Bild: Protest zum Auftakt: Gegner der Elbvertiefung am 23. Juli in Wedel | |
HAMBURG taz | Höchstselbst zum Spaten gegriffen hat der Verkehrs-Andi aus | |
Bayern am Dienstag auf der Unterelbe nicht. Aber per Knopfdruck das | |
Startsignal zur erneuten Vertiefung der Elbe hat Bundesverkehrtminister | |
Andreas Scheuer (CSU) um exakt 13.51 Uhr vor der Elbinsel Lühesand gegeben. | |
Und prompt senkte das grüne Baggerschiff „Scheldt River“ seinen Saugrüssel | |
in den Fluss und holte die erste Ladung Schlamm vom Grund, die letzte soll | |
in zwei Jahren zutage gefördert werden. | |
Die Farbe des Buddelschiffes ist aber auch das einzig Grüne an der | |
Elbvertiefung, finden weiterhin die Hamburger Umweltverbände BUND, Nabu und | |
WWF. Gemeinsam demonstrierten sie am Mittag auf der Wiese neben der | |
Schiffsbegrüßungsanlage Willkommhöft am Anleger Wedel-Schulau. Gerade in | |
den letzten vier Jahren hätten sich der Tidenhub, die Trübung der Elbe und | |
die Lebensbedingungen vor allem für die Fischfauna weiter verschlechtert, | |
kritisierten sie. | |
„Dies wird insbesondere am jährlich wiederkehrenden Sauerstoffloch und dem | |
stark einbrechenden Stintbestand deutlich“, so ihre Presseerklärung. Die | |
Baggerei wirke sich „schädlich auf das Ökosystem aus und ist ein weiteres | |
Indiz für negative Veränderungen im Fluss“. | |
Davon unbeeindruckt enterten Scheuer und die lokale Hafenprominenz unter | |
Sprechchören und Pfeifkonzerten das gecharterte Fahrgastschiff „Hammonia“ | |
zum Eröffnungstrip auf der Elbe, gesichert vom Wasserschutzboot | |
„Amerikahöft“ und drei Schlauchbooten mit Kampftauchern, eskortiert von | |
einem Elbfischer und fünf Bötchen der Umweltverbände mit Protestbannern. | |
Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) bekräftigte dabei die | |
Hamburger Position, dass die Elbvertiefung kosten dürfe, was sie wolle: | |
„Wenn es im Rahmen der Elbphilharmonie bleibt, ist alles gut.“ Die kostete | |
mindestens 789 Millionen Euro, die Elbebaggerei wird auf 776 Millionen Euro | |
taxiert (siehe Kasten). | |
Die Kosten sind einer der Gründe, warum die Umweltverbände die große | |
Buddelei auf dem Fluss weiterhin ablehnen, die maximal veränderte | |
Wirtschaftslage der zweite. Vor Ort erinnerte Hamburgs BUND-Chef Manfred | |
Braasch zudem daran, dass die Pläne für die jetzt begonnene Elbvertiefung | |
aus der Zeit vor der weltweiten Finanz- und Handelskrise von 2007/08 | |
stammen. | |
Damals verpasste der Hamburger Hafen die magische Marke von 10,0 Millionen | |
Containern (TEU) im Jahr zweimal nur um wenige hundert Boxen, | |
Hafenwirtschaft und Wirtschaftsbehörde prognostizierten mehr als 25 | |
Millionen TEU im Jahr 2020. Heute schlägt der Hafen gerade mal 9 Millionen | |
TEU um und hofft auf 12 Millionen am Ende des nächsten Jahrzehnts. | |
Dennoch werde an der überflüssigen Vertiefung festgehalten, kritisierte | |
Braasch. Sinnvoller sei eine norddeutsche Hafenkooperation mit Bremerhaven | |
und dem Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Dieser Tiefwasserhafen wurde erst | |
vor drei Jahren eröffnet und kostete über 1,2 Milliarden Euro, eine zweite | |
Ausbaustufe ist bereits angedacht. „Bei einer Arbeitsteilung würde Hamburg | |
aufgrund seiner Standortvorteile weiterhin gut wirtschaften können“, ist | |
Braasch überzeugt. | |
Die Hamburger Wirtschaft, die Handelskammer, die Reederei Hapag-Lloyd sowie | |
CDU und FDP freuten sich über den Start der Elbvertiefung; SPD und Grüne | |
hingegen schwiegen, auch die Linke moserte nicht mehr gegen die Baggerei. | |
Nur die drei Umweltverbände BUND, Nabu und WWF wollen weiter kämpfen. | |
Vor dem Bundesverwaltungsgericht ist noch immer ihre Klage gegen die | |
Elbvertiefung anhängig, Manfred Braasch erwartet die Eröffnung des | |
Hauptverfahrens Anfang 2020. Theoretisch, sagt Braasch, könnte das | |
Leipziger Bundesgericht die Buddelei im Fluss noch stoppen. Allerdings | |
hatten die Umweltverbände darauf verzichtet, im Eilverfahren einen Antrag | |
auf Baustopp zu stellen – mangels Erfolgsaussicht, wie sie einräumten. | |
Denkbar schlecht stehen mithin die Chancen, im Hauptverfahren zu obsiegen. | |
Die neunte Elbvertiefung hat begonnen. Und sie wird abgeschlossen werden. | |
Und soll, so wird beteuert, nun aber wirklich auch die letzte sein. | |
24 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Elbvertiefung | |
Hamburg | |
Nabu | |
WWF | |
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland | |
Schleswig-Holstein | |
Hamburg | |
Elbe | |
Hamburger Hafen | |
Kurzfilm | |
Hamburg | |
Schierlings-Wasserfenchel | |
WWF | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zusammenarbeit der Nordseehäfen: Hoffnung auf Politikwechsel | |
Die Umweltverbände hoffen, dass mit der neuen Bundesregierung endlich eine | |
Kooperation der Nordseehäfen zu Stande kommt. | |
Elbfischer über Stinte und die Elbe: „Es kann nicht so weitergehen“ | |
Lothar Buckow wurde in einem Leuchtturm geboren und ist einer der letzten | |
Elbfischer. Ein Gespräch über das Sterben der Stinte und die Elbvertiefung. | |
Kooperation norddeutscher Häfen: Wer kann mit wem? | |
Eine Kooperation norddeutscher Häfen könnte der Macht der Reedereien etwas | |
entgegensetzen. Aber die Gespräche gehen nur zäh voran. | |
Studierendenfilme in Stade: Elbinsel als Experimentierlabor | |
Was kommt heraus, wenn werdende Architekt*innen auf einer Sandbank | |
Kurzfilme drehen? Zu sehen ist das Ergebnis im Stader Kunstverein. | |
Umweltverbände gegen Elbvertiefung: Fischkritische Grenze ist erreicht | |
Ein Umweltbündnis fordert den Stopp der Baggerarbeiten im Fluss, weil | |
massenhaft Fische sterben. Hamburg will unbeirrt weitermachen. | |
Neue Heimat auf der Billwerder Insel: Der Elbe-Panda zieht um | |
Die Arbeiten für eine ökologische Ausgleichsfläche für den | |
Schierlings-Wasserfenchel beginnen. Das ist Voraussetzung für die | |
Elbvertiefung, die Hamburgs Hafen retten soll. | |
Kommentar Beginn der Elbvertiefung: Wie eine Niederlage zum Sieg wird | |
Die Umweltverbände können die Elbvertiefung zwar nicht mehr verhindern, | |
aber sie haben wegweisende Klarstellungen im europäischen Umweltrecht | |
erfochten. |