# taz.de -- Schwarz-grüne Koalitionen: Grüne, blühende Industrielandschaft | |
> Die Regierungen in Kiel und Düsseldorf übertreffen sich gegenseitig mit | |
> Klimazielen. Dabei bleiben die Koalitionsverträge jedoch überwiegend | |
> vage. | |
Bild: Vorstellung des Koalitionsvertrages von Schwarz-Grün in NRW am 23. Juni … | |
Haben Sie’s gemerkt? [1][Nordrhein-Westfalen] (knapp 18 Millionen Menschen, | |
Bruttoinlandsprodukt rund 711 Milliarden Euro) und | |
[2][Schleswig-Holstein] (Bevölkerung 2,9 Millionen, Bruttoinlandsprodukt | |
knapp 98 Milliarden Euro) liefern sich ein Wettrennen: Beide wollen die | |
„erste klimaneutrale Industrieregion Europas“ beziehungsweise das „erste | |
klimaneutrale Industrieland Deutschlands“ werden, so steht es in den | |
Koalitionsverträgen, die CDU und Grüne in beiden Ländern parallel | |
beschlossen haben. | |
Es ist allerdings ein Wettrennen mit eingebauter Entschleunigung, denn in | |
Schleswig-Holstein soll es, falls nicht irgendwas wie Krieg, Corona oder | |
Geldmangel dazwischenkommt, im Jahr 2040 so weit sein, in NRW bleibt die | |
Zeitschiene mit der Formel „so schnell wie möglich“ maximal unverbindlich. | |
Aber immerhin steht fest, wer gewinnen wird: die CDU. | |
Mit Schwarz-Grün haben sich in beiden Ländern die Wahlsiegerinnen | |
zusammengetan, die zulegten, während SPD, FDP, Linke und AfD an | |
Wählerstimmen zusetzten. Alle vier Verhandlungsgruppen traten sich also | |
durchaus breitschultrig gegenüber, und alle betonen nun, dass die Verträge | |
ihre Handschrift tragen. Bei der CDU meint das Wirtschaft, Sicherheit, | |
Verkehr, bei den Grünen Klimaschutz, Klimaschutz und Klimaschutz. Mit dem | |
Ergebnis, dass das Soziale in beiden Programmen vergleichsweise kurz kommt. | |
Das Versprechen der grünen, blühenden Industrielandschaften ist leider – | |
vor allem im [3][Vertrag aus Schleswig-Holstein] – in weiten Teilen in | |
Konjunktiven und in Sätzen formuliert à la „wir streben an“ oder „falls… | |
Bund die rechtlichen Rahmenbedingungen schafft“. Das NRW-Papier ist | |
konkreter, allerdings startet das Kohleland auf deutlich größerem CO2-Fuß | |
als der Wind-Kraftmeier im Norden. | |
So oder so: Wenn es am Ende doch nicht so richtig super klappt mit der | |
Klimaneutralität, dann dürften in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem | |
die Grünen schuld daran sein. In der Zwischenzeit konnte die CDU ihre | |
Punkte durchbringen, mehr Polizei zum Beispiel. Seit der ersten | |
[4][schwarz-grünen Koalition 2010 in Hamburg] hat das Bündnis seinen | |
Exotenstatus verloren. | |
Je länger und reibungsloser die Regierungen in Düsseldorf und Kiel | |
zusammenarbeiten, desto denkbarer wird die Option auch für den Bund, wo die | |
eigentlich fabrikneue Ampel dermaßen wankt und knirscht, dass schon das | |
Zuschauen wehtut. Für die Grünen mag Schwarz-Grün da wie eine gute | |
Alternative aussehen. Und die CDU, bei der inzwischen [5][jede Person als | |
kanzlertauglich] gilt, die eine Wahl jenseits der Kreisliga gewinnt, freut | |
sich über die Hoffnungsträger Hendrik Wüst und Daniel Günther. | |
Wer weiß, vielleicht findet dort das wahre Wettrennen statt. | |
26 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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