| # taz.de -- Schavan verliert Prozess um Doktortitel: Titellos | |
| > Die frühere Bildungsministerin erhält ihren Doktortitel nicht zurück. | |
| > Ihre Klage wurde abgewiesen. Dabei ging es nur um formale Aspekte. | |
| Bild: Hübsches Erinnerungsfoto | |
| BERLIN taz | Kurz vor der Urteilsverkündung war man in der Universität | |
| Düsseldorf verhalten optimistisch. In dem Verfahren Annette Schavan gegen | |
| die Universität ging es schließlich auch um das Ansehen der Hochschule als | |
| wissenschaftliche Einrichtung. War das Verfahren, welches dazu führte, dass | |
| Annette Schavan im Februar 2013 zuerst ihren Doktortitel und dann ihren Job | |
| verlor, wirklich korrekt abgelaufen? Ja, entschied das Verwaltungsgericht | |
| Düsseldorf am Donnerstag. | |
| Damit wird zumindest in rechtlicher Hinsicht ein Punkt hinter eine Debatte | |
| gesetzt, die nicht nur Schavan und ihre frühere Uni erbittert ausfochten, | |
| sondern die auch die Wissenschaft spaltete. Die Allianz der | |
| Wissenschaftsorganisationen, die während Schavans Amtszeit zugegebenermaßen | |
| gut von ihr bedacht worden waren, und Fachkollegen hatten der einstigen | |
| Wissenschaftsministerin den Rücken gestärkt und die Universität kritisiert | |
| – der Philosophische Fakultätentag und der Deutsche Hochschulverband hatten | |
| die Uni unterstützt. | |
| Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hatte Schavan den Doktortitel im | |
| Februar vergangenen Jahres aberkannt, weil „die damalige Doktorandin | |
| systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt | |
| gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst | |
| erbracht hatte“. | |
| Das wollte Schavan nicht auf sich sitzen lassen. Der Titel sei ihr gar | |
| nicht wichtig, zitiert sie die Zeit. Ihr gehe es um die Anerkennung der | |
| Arbeit. Sie klagte gegen die Universität, weil das Plagiats-Verfahren ihrer | |
| Ansicht nach nicht korrekt gelaufen war. Die Richter entschieden also über | |
| den formalen Weg, nicht über die inhaltlichen Gründe für die Entziehung des | |
| Doktortitels. | |
| ## Mehrere Merkwürdigkeiten | |
| Es gab in der Tat einige Merkwürdigkeiten: der erste Hinweis von anonymer | |
| Seite, der fachfremde Gutachter, auf dessen Fazit der Fakultätsrat seine | |
| Entscheidung zum Entzug des Doktortitels gründete, die Tatsache, dass keine | |
| weiteren Gutachten eingeholt wurden und dass Details aus internen | |
| Einschätzungen während des Verfahrens an die Öffentlichkeit gelangten. | |
| Ein bis heute anonymer Plagiatsjäger, der sich „Robert Schmidt“ nennt, | |
| hatte im April 2012 im Internet das [1][Blog schavanplag] veröffentlicht, | |
| in welchem er mutmaßliche Plagiate in der 1980 eingereichten Doktorarbeit | |
| Annette Schavans dokumentiert. Keine Woche nahm sich der | |
| Promotionsausschuss später der Philosophischen Fakultät, an der Schavan | |
| promoviert hatte, der Sache an. | |
| Die Universität betont, dass sich der Ausschuss nicht auf die Ergebnisse | |
| von „schavanplag“ verlassen habe, sondern die Originalliteratur selbst | |
| überprüfte. Dass der Professor, der Schavans Doktorarbeit begutachtete, | |
| kein Erziehungswissenschaftler sondern Judaist war, sei ebenfalls korrekt, | |
| meint die Universität. „Es ging allein darum, ob ein Textplagiat vorliegt, | |
| sprich ob Textpassagen ohne Kennzeichnung übernommen wurden. Um das zu | |
| erkennen, muss man nicht vom speziellen akademischen Fach sein“, heißt es | |
| [2][auf der Seite der Universität]. | |
| ## Wurde Schavan vorverurteilt? | |
| Schwerer wiegen allerdings die Vorwürfe, dass Schavan bereits vorverurteilt | |
| war, weil der Spiegel vier Monate vor der endgültigen Entscheidung einen | |
| entscheidenden Satz aus einem internen Bericht zitierte, der Schavan „eine | |
| leitende Täuschungsabsicht“ attestiert. Die Universität bedauert zwar, dass | |
| der Bericht an die Öffentlichkeit gelangt und hat die Sicherheitsmaßnahmen | |
| danach drastisch verschärft. | |
| Die 15 Mitglieder des Fakultätsrates, die zu entscheiden hatten, ob Schavan | |
| der Titel entzogen wird, mussten vor jeder Sitzung ihr Handy abgeben, | |
| Unterlagen wurden nur noch in Papierform ausgelegt und nicht mehr | |
| verschickt. Dennoch habe der Vorfall keine Auswirkungen auf die Fortführung | |
| des Verfahrens gehabt. Denn der Bericht habe niemanden gebunden, vielmehr | |
| habe es sich um eine bloße Empfehlung gehandelt, die dem Fakultätsrat und | |
| dem Promotionsausschuss die Arbeit erleichtern sollte. | |
| Das Gericht machte deutlich, dass die Entscheidung, den Titel abzuerkennen | |
| im Ermessen des Fakultätsrates liege. Dabei habe man keine Rechtsfehler | |
| festgestellt, heißt es in einer Stellungnahme. Der Fakultätsrat sei von | |
| einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen und habe alle in Betracht | |
| kommenden widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange umfassend | |
| gewürdigt und gegeneinander abgewogen. | |
| Das Gericht ist der Argumentation der Universität also gefolgt. Schavan | |
| muss so etwas geahnt haben. Sie war dem Gerichtstermin ferngeblieben. | |
| 20 Mar 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://schavanplag.wordpress.com/ | |
| [2] http://www.uni-duesseldorf.de/home/startseite/news-detailansicht/article/hi… | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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| Norbert Lammert | |
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