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# taz.de -- Betrug in der Wissenschaft: Neue Kultur der Ehrlichkeit
> Der Wissenschaftsrat empfiehlt eine Informationsplattform zur Debatte um
> Betrugsfälle. Es brauche einen Kulturwandel für die Wissenschaft.
Bild: Nicht nur Doktorarbeiten sollen auf Zitierverstöße untersucht werden.
Gefälschte Forschungsergebnisse und geistiger Diebstahl in Doktorarbeiten
sind peinliche Flecken auf der weißen Weste der Wissenschaft. Mit einer
nationalen Informationsplattform über Betrugsfälle und deren Vorbeugung
will der [1][Wissenschaftsrat] dem Thema „wissenschaftliche Integrität“ in
Deutschland einen neuen Schub verleihen.
„Wir müssen über einzelne Regeln hinaus zu einer umfassenden Kultur der
Redlichkeit und Qualität an wissenschaftlichen Einrichtungen kommen“,
betonte Ratsvorsitzender Manfred Prenzel bei der Vorstellung eines
[2][Positionspapiers (pdf-Datei)] des Gremiums.
[3][http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4609-15.pdf]
Wie notwendig eine solche Breiten-Initiative zur Verbesserung der
wissenschaftlichen Ehrlichkeit ist, hatte der Wissenschaftsrat im Vorfeld
durch eine Recherche an den deutschen Hochschulen erfahren. Zwar hatten,
nach einer ersten Welle von Betrugsfällen, die [4][Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG)] und die [5][Hochschulrektorenkonferenz (HRK)]
1998 [6][Leitlinien zur „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“
(pdf-Datei)] erlassen. Doch als der Wissenschaftsrat die Fakultäten der
deutschen Hochschulen nach der Umsetzung fragte, bot sich ihm nach eigenen
Worten „ein ernüchterndes Bild“.
So waren „selbst die DFG-Denkschrift und die [7][HRK-Leitlinie] als
bekannteste Direktiven nur etwa der Hälfte bzw. zwei Dritteln der
Antwortenden bekannt“. Auch eigene Leitlinien der einzelnen Hochschule sind
laut Umfrage „nicht sehr verbreitet“. Immerhin gebe es „fast flächendeck…
Verfahrensordnungen“ an den Hochschulen, nach denen bei Verdacht auf
wissenschaftliches Fehlverhalten gegen die Missetäter vorgegangen werden
kann.
„Ungeachtet des geringeren Bekanntheitsgrades der Leitlinien scheinen
einige der dort empfohlenen Maßnahmen in größerem Maße umgesetzt zu
werden“, bilanziert der Wissenschaftsrat in seinem Papier. Ein hartes
Forschungsergebnis liest sich anders.
Für Manfred Prenzel ist klar, dass punktuelle Lösungen die
Forschungsfälscher kaum aufhalten können, sondern dass ein Kulturwandel
Platz greifen muss. Im ersten Kreis von Maßnahmen soll es um die
„Sozialisation“ der Studierenden gehen: Die Prinzipien redlicher Forschung
müssen in den grundlegenden Curricula verankert sein. Im zweiten Kreis sind
die Bedingungen der Forschungspraxis so zu ändern, dass Betrug sich nicht
mehr lohnt. Etwa durch Abkehr von „Tonnenideologie“ (Prenzel) in der
Produktion wissenschaftlicher Papiere, wo heute in Berufungen nur die Masse
der Aufsätze zählt, nicht aber ihre Qualität.
## Transparenz ist notwendig
Schließlich müsse auch eine „Struktur der Transparenz an deutschen
Hochschulen“ etabliert werden. Hierzu zählt der Wissenschaftsrat eine
nationale Plattform zum Austausch über „Problemfälle“ und einer
„Fall-Bibliothek“, von der sich Prenzel bei bundesweiter Nutzung „eine
Standardisierung im Vorgehen“ zur Integritätsverbesserung verspricht.
Träger dieser Plattform sollte die „Allianz“ der fünf großen deutschen
Wissenschaftsorganisationen sein.
Unter anderem empfiehlt der Wissenschaftsrat in seinem Papier, neben den
Doktorarbeiten auch normale wissenschaftliche Publikationen auf
Zitierverstöße zu untersuchen. „Gerade bei den Mehrfachpublikationen von
Wissenschaftlern und ihrer Wiederverwendung von Texten sehe ich neben den
Plagiaten noch viel Diskussionsbedarf“, urteilt die Plagiatsexpertin und
[8][VroniPlagWiki]-Fahnderin Debora Weber-Wulff, Professorin für
Medieninformatik an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft
(HTW).
Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates hält sie für wichtig. „Es bleibt
abzuwarten, wie sie mit Leben gefüllt werden können“, gibt Weber-Wulff zu
bedenken. Auch die Rats-Vorschläge zur Reform des Medizinstudiums,
ausgesprochen 2004, seien heute „leider erst in Ansätzen umgesetzt“.
14 May 2015
## LINKS
[1] http://www.wissenschaftsrat.de
[2] http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4609-15.pdf
[3] http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4609-15.pdf
[4] http://www.dfg.de/
[5] http://www.hrk.de/
[6] http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/download/…
[7] http://www.hrk.de/positionen/gesamtliste-beschluesse/position/convention/zu…
[8] http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/Home
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
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Betrug
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Wissenschaft
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