# taz.de -- Revolution in der Arbeitswelt: 9 to 5 ist so Boomer | |
> Die Generation Z geht selbstbewusster durchs Arbeitsleben als die | |
> Generationen vor ihnen. Sie könnten viel verändern, wenn wir sie nicht | |
> aufhalten. | |
Bild: Gen Z geht viel selbstbewusster durchs Arbeitsleben | |
„Ich muss jetzt gehen, ich will noch was kochen“, sagt meine 21-jährige | |
Kollegin plötzlich mitten in der Redaktionssitzung. Meine jungen | |
Kolleg*innen schieben erst gar keine wichtigen Ausreden wie | |
„Arztbesuche“ vor, um Meetings frühzeitig zu verlassen. Ich muss | |
schmunzeln, während ich an die Anfänge meiner Karriere denke. In ihrem | |
Alter hätte ich mich das niemals getraut – bloß keine Zweifel an meinem | |
Arbeitseifer aufkommen lassen. In den Redaktionen, in denen ich bisher | |
gearbeitet habe, [1][gehörte ich als Millennial] zu den Jüngsten. Ich hab | |
oft freiwillig Protokoll geführt oder lästige Tätigkeiten wie | |
Interviews-Transkribieren übernommen, weil ich dachte, das gehört sich so | |
als Jüngste. | |
Jetzt leite ich [2][„die_chefredaktion“], ein journalistisches Medium auf | |
Instagram, und meine Kolleg*innen sind im Schnitt 19 Jahre alt, also elf | |
Jahre jünger als ich – ich bin also die Älteste und merke, dass Gen Z viel | |
selbstbewusster durchs Arbeitsleben geht als ich. Ich bin zwar als Person | |
ohnehin niemand, die Arbeit an andere abwälzen würde, aber selbst wenn ich | |
so wäre, bei Gen Z würde ich es mich erst gar nicht trauen. Diese natürlich | |
autoritäre Ausstrahlung, die Greta Thunberg hat, wenn sie sich zu Recht | |
kein Blatt vor den Mund nimmt und nicht versucht ihre Message hinter | |
Höflichkeiten zu verpacken, die steht für mich generell für diese ganze | |
Generation. | |
Zusätzlich kommt dazu, dass viele Vertreter*innen der Gen Z während der | |
Pandemie erste Arbeitserfahrungen gesammelt haben. Sie sind es also | |
gewohnt, freier zu arbeiten – wo und wann sie wollen. Was für mich heißt, | |
dass ich um 20 Uhr Whatsapp-Nachrichten mit der Beantwortung meiner Fragen | |
vom Vormittag bekomme. | |
Dafür sagen sie ganz ehrlich, dass sie keine Frühaufsteher sind und deshalb | |
erst gegen elf zu arbeiten beginnen. 9 to 5 ist so Boomer. Sie scheuen sich | |
auch nicht davor, erst kurzfristig Bescheid zu geben, dass eine Deadline | |
doch nicht eingehalten werden kann, weil sie so gestresst sind – mentale | |
Gesundheit geht vor und das ist auch gut so. Schreibe ich ihnen Mails, | |
bekomme ich oft erst Tage später eine Antwort. Die Kommunikation läuft über | |
Sprachnachrichten. | |
Seit ich mehrmals gesagt habe, dass ich kein Fan von Sprachis bin, erhalte | |
ich zwar noch immer welche, aber sie fangen mit „Sorry, ich weiß, du magst | |
keine Sprachnachrichten“ an. Mein Problem mit Sprachnachrichten: Sie sind | |
lang, die relevanten Informationen sind dazwischen versteckt und ich kann | |
später nicht einfach im Chatverlauf danach suchen. Aber Effizienz ist | |
ohnehin eine Erfindung des Kapitalismus und der Kapitalismus ist schuld an | |
der Klimakrise – also so sicher [3][nicht mit Gen Z]. | |
Ich hoffe, ich klinge nicht wie der alte weiße Mann in der Runde, und | |
natürlich gilt das nicht für alle zwischen 1997 und 2010 Geborenen, aber um | |
ehrlich zu sein: ich würde es mir wünschen, denn Gen Z könnte die | |
Arbeitswelt revolutionieren. Wir Millennials dürfen nicht [4][die neuen | |
Boomer] werden, die ihnen dabei im Weg stehen. | |
16 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] /US-Bestseller-ueber-die-Millennials/!5752270 | |
[2] https://www.instagram.com/die_chefredaktion/?utm_source=ig_embed | |
[3] /Interview-mit-Jugendforscher-Hurrelmann/!5692944 | |
[4] /Kritik-an-Boomern/!5782260 | |
## AUTOREN | |
Melisa Erkurt | |
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