# taz.de -- Radikale Rechte verliert in Pandemie: AfD in der Coronakrise | |
> Die Rechtsaußenpartei dringt in Zeiten von Corona nicht mehr durch. Am | |
> Dienstag traf sich die Fraktion zur Sondersitzung. | |
Bild: Thomas de Jesus Fernandes, Landtagsabgeordneter der AFD in Mecklenburg-Vo… | |
BERLIN taz | Für die AfD läuft es nicht rund. Der Verfassungsschutz hat den | |
„Flügel“ um Björn Höcke [1][als rechtsextrem eingestuft], Parteichef Jö… | |
Meuthen [2][einen Streit über die Abspaltung der Strömung vom Zaun | |
gebrochen] und ist kurz drauf eingeknickt, mit ihren Themen dringt die | |
Partei nicht durch. In Umfragen liegt sie bei 9 bis 10 Prozent, so niedrig | |
wie lange nicht. | |
Das macht die Mitglieder der Bundestagsfraktion langsam nervös. Nur so | |
lässt sich zumindest erklären, dass 68 Mitglieder der Fraktion am Dienstag | |
in Berlin zu einer Sondersitzung zusammenkamen – mitten in der Osterpause | |
und trotz der dringenden Aufforderung allerorten, wegen des Covid-19-Virus | |
doch zu Hause zu bleiben. Fraktionschefin Alice Weidel und 16 weitere | |
Abgeordnete ließen sich zuschalten. | |
Auf der Tagesordnung: das „weitere Vorgehen in der Corona-Krise“, eine | |
mögliche Exitstrategie und die Verbindung „zu den Leitthemen der AfD“. Dass | |
die AfD zur Lösung der Coronakrise bislang wenig beizutragen hat, dämmert | |
auch einem Teil der Abgeordneten. | |
Bislang fiel die AfD vor allem mit einem Verhalten auf, das demonstrierte, | |
wie wenig ernst man die Gefahr nahm. Im Bundestag hielten bei der Sitzung | |
im März Abgeordnete demonstrativ den Sicherheitsabstand nicht ein. In | |
Sachsen zwang die AfD den Landtag zu einer Sitzung mit Vollbesetzung. Der | |
Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner twitterte noch Mitte März lapidar | |
„#Corona hin, #Corvid her“, dazu ein Foto von sich an einem Infostand | |
umringt von anderen Parteimitgliedern. | |
## Selbst auf Facebook läuft es schlecht | |
Bei Hansjörg Müller, ebenfalls Teil der Bundestagsfraktion, hieß es: „88 | |
Prozent der Corona-Toten, die aus Italien gemeldet sind, sind keine | |
Corona-Toten.“ Die Statistik würde nach oben „gejubelt“. AfDler forderten | |
Grenzschließungen und die Abschaffungen der Rundfunkgebühren. Und als Alice | |
Weidel und Tino Chrupalla Ende März zur Bekämpfung der Krise fünf Punkte | |
vorstellten, waren diese längst in der Diskussion. | |
Selbst die Social-Media-Reichweite der AfD ist zuletzt eingebrochen, wie | |
der Kommunikationswissenschaftler Johannes Hillje erhoben hat. „Die | |
Interaktionsrate hat sich fast halbiert.“ Mit ihren Botschaften zur | |
Coronakrise scheine die Partei selbst die eigenen Anhänger kaum zu | |
überzeugen, so Hillje. „Das stärkste Kommunikationsmittel der AfD verliert | |
an Durchschlagskraft.“ | |
Ein Teil der Bundestagsfraktion ist deshalb unzufrieden mit der | |
Fraktionsführung. Die Abgeordneten sind der Ansicht, man müsse die | |
Bundesregierung auch in Corona-Zeiten härter angehen. Deshalb setzten sie | |
auch die Sondersitzung gegen den Willen ihrer Spitze durch, die erst nach | |
Ostern zusammen kommen wollte. | |
In der Sitzung, so war so hören, wurde heftig diskutiert. Ein Teil der | |
Abgeordneten, darunter der Baden-Württemberger Dirk Spaniel, forderte eine | |
sofortige Aufhebung aller Beschränkungen, denn Corona sei nicht schlimmer | |
als die Grippe – was durchaus Widerspruch geerntet haben soll. Die | |
Fraktionsspitze wollte die Aufhebung an bestimmte Bedingungen knüpfen, die | |
zunächst erfüllt sein müssten. | |
## Ein Herz für Möbelhäuser | |
Nach sechsstündiger Sitzung einigte man sich auf einen Kompromiss, der in | |
einem fünfseitigen Papier festgehalten und laut Fraktionschef Alexander | |
Gauland mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Stimmberechtigt waren | |
allerdings nur die Abgeordneten, die in Berlin an der Sitzung teilnahmen. | |
Sie fordern in dem Papier die schrittweise Rückkehr zu einem normalen | |
Wirtschaftsleben, beginnend mit der Öffnung weiterer Geschäfte ab dem 14. | |
April. Es sei unverständlich, warum Baumärkte öffnen dürften, Möbelhäuser | |
aber nicht, sagte der Abgeordnete René Springer, der nach dem Ende der | |
Sitzung das Papier mit anderen AfDlern kurz vorstellte. | |
Auch Schulen und Universitäten sollen aus Sicht der AfD wieder öffnen, | |
GrundschülerInnen und Kitakinder aber sollen weiter zu Hause bleiben. | |
Gleichzeitig soll in Bus und Bahn, Geschäften und anderen geschlossenen | |
öffentlichen Räumen eine Maskenpflicht gelten. Gottesdienste sollen nach | |
Ansicht der AfD-Fraktion unter Beachtung von Abstand- und Hygieneregeln | |
bereits an den Osterfeiertagen erlaubt sein. | |
Zu der Gefährlichkeit von Corona wollten sich bei ihren Statements nach der | |
Sitzung weder Springer noch die Mitglieder der Franktionsspitze äußern. In | |
dem verabschiedeten Papier heißt es nur: „Die Kombination aus | |
Massenarbeitslosigkeit, dem Verschwinden ganzer Industrie- und | |
Wirtschaftszweige, dem wirtschaftlichen Veröden ganzer Landstriche und | |
Bundesländer, dem Auftreten flächendeckender Versorgungsengpässe und | |
Einschränkung von Grund- und Bürgerrechten ergäbe eine Gemengelage, welche | |
wesentlich gefährlicher sein könnte, als die Corona-Krise selbst.“ | |
7 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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