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# taz.de -- Proteste in Iran: Kampf um die Informationen
> Verlässliche Berichte von den Protesten in Iran gibt es kaum.
> Mittwochabend wurde offenbar der Zugang zum Internet weitgehend
> unterbrochen.
Bild: Nach dem Tod der 22-jährigen Iranerin Mahsa Amini kommt es in Teheran im…
Es gibt sie noch. Vereinzelte Videos von den Menschen, die seit Tagen in
Iran gegen das Regime demonstrieren. Von [1][in Brand gesetzten
Propagandaplakaten]. Von [2][auf Polizeikräfte zustürmenden
Demonstrant:innen]. Oder von [3][Polizisten, die unnachgiebig gegen
Demonstrant:innen vorgehen]. Aber sie sind weniger geworden. Mutmaßlich
nicht, weil [4][die Proteste] abgeflaut sind – aber genau weiß man nicht
einmal das.
Denn offensichtlich ist das Internet im Land seit Mittwochabend weitgehend
unterbrochen. Das berichtet die Organisation Netblocks, die den Datenfluss
im weltweiten Netz analysiert. „Echtzeit-Netzwerkdaten zeigen einen
landesweiten Verbindungsverlust“, [5][twitterte Netblocks]. Großflächige
Ausfälle gebe es beim Messenger-Dienst WhatsApp und der Foto-Plattform
Instagram. Am Donnerstag waren zwar einige Mobilfunkverbindungen wieder
hergestellt, sagte in Netblocks-Sprecher zur taz. Aber die Dienst
funktionierten nur zeitweise und der Zugang zu den Onlineplattformen sei
weiterhin unterbrochen.
Bereits am Montag hatte Netblocks massive Netzwerkstörungen im Westen des
Irans beobachtet. Dort leben Kurd:innen. Eine von ihnen war die 22-jährige
Mahsa Amini, die in der vergangenen Woche von der Polizei in Teheran wegen
ihres nicht islamgerecht sitzenden Kopftuchs festgenommen worden war. Wenig
später war sie tot. [6][Ihr Fall ist der Auslöser der Proteste].
Die neuen Internetblockaden erschweren nicht nur die Kommunikation
innerhalb der Protestbewegung. Sie erschweren auch den Blick von außen.
Denn verlässliche Berichte aus dem Land gibt es so gut wie gar nicht.
Unabhängige Autor:innen würden sich selbst gefährden, wenn sie Berichte
ins Ausland senden würden. Und externen Beobachter:innen fehlt der
Zugang.
## Methoden der Verifikation
„Internationale Journalisten sind in Iran nämlich kaum noch vorhanden. Und
wenn, wird ihnen verboten, die Proteste zu drehen“, [7][sagte die
ARD-Korrespondentin Natalie Amiri schon am Dienstag dem Medienmagazin
Zapp]. Daher sei Social Media die einzige Waffe der Zivilbevölkerung. Durch
das Verbreiten von Videos schaffe sie eine weltweite Aufmerksamkeit. Amiri
ahnte da schon, was passieren würde, denn anders als bei früheren Protesten
könne die iranische Telekombehörde heute „fast den gesamten Internetverkehr
nach Belieben drosseln“.
Die weltweite Aufmerksamkeit für die neue Protestwelle in Iran war aber
zuvor schon beschränkt. Zwar finden sich beispielsweise auf Twitter
dutzende Videos von Protestaktionen aus vielen Städten des Landes. Doch die
Videos sind zumeist nur wenige Sekunden lang. Sie zeigen immer nur kleine
Ausschnitte. Was im Umfeld ist, bleibt unklar. Das Gesamtbild bleibt
unscharf, man darf sie nicht überinterpretieren.
Nur selten ist zudem zu erkennen, wie groß die Menge der Demonstrierenden
tatsächlich ist. Es ist zu bezweifeln, dass sie – zumal in einer
Millionenstadt wie Teheran – tatsächlich das Stadtbild prägen. In den
meisten Fällen lässt sich ohne genaue Ortskenntnis nicht einmal der
Entstehungsort verifizieren. Häufig ist man auf die Angaben derjenigen
angewiesen, die die Videos verbreiten. Die lassen sich ohne genaue
Ortskenntnis nur in den seltensten Fällen verifizieren.
Aber es gibt Ausnahmen. Eine vielfach geteilte Szene zeigt zum Beispiel,
[8][wie ein Wasserwerfer erst gegen Demonstrant:innen vorrückt und dann
wegen der heftigen Gegenwehr wieder zurückweichen muss]. Als Orts- und
Zeitangabe ist „Valiasr-Platz heute“ angegeben. Die Zeitangabe lässt sich
nicht überprüfen. Den Platz aber findet man bei Google Maps in Teheran.
Zwar gibt es von der iranischen Hauptstadt keine Streetview-Ansicht. Aber
auf der Onlinekarte sind dort aufgenommene Fotos verlinkt. [9][Eins zeigt
eine der Hausfassaden am Rande des großen Kreisverkehrs], die auch in dem
Video zu sehen ist.
Andere Tweets gewinnen an Beweiskraft, weil es mehrere Videos einer Szene
aus unterschiedlichen Perspektiven gibt – etwa [10][von einer Frau], die
sich bei Protesten in der Stadt Kerman [11][demonstrativ die Haare
abschneidet]. Eine dritte Möglichkeit ist die Bestätigung durch unabhängige
Beobachter aus dem Ausland, beispielsweise wenn ein Exiliraner Ortsangaben
bestätigen kann, [12][weil die Bilder in seiner Geburtsstadt aufgenommen
wurden].
Alle diese Szenen geben allenfalls Ausschnitte der Lage in Iran wieder.
Aber aus der Vielzahl der Videos entsteht ein Gesamtbild, das auf eine neue
Qualität der Proteste hindeutet – vielleicht auch weiter hindeuten wird.
22 Sep 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/chawshin_83/status/1572839854194450432
[2] https://twitter.com/YourAnonCentral/status/1572697425642397697
[3] https://twitter.com/SMohyeddin/status/1572770517412872192
[4] /Proteste-in-Iran/!5879746
[5] https://twitter.com/netblocks/status/1572643872076972032
[6] /Frauenrechte-in-Iran/!5879645
[7] https://twitter.com/ZappMM/status/1572282202204823553
[8] https://twitter.com/BanafshehJamali/status/1571875956486443008?ref_src=twsr…
[9] https://www.google.com/maps/@35.7116417,51.4065069,3a,75y,10.76h,104.25t/da…
[10] https://twitter.com/chawshin_83/status/1572256431612776448?ref_src=twsrc%5…
[11] https://twitter.com/Khani2Mina/status/1572272180058267648?ref_src=twsrc%5E…
[12] https://twitter.com/KambizGhafouri/status/1572264855415001092?ref_src=twsr…
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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