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# taz.de -- Proteste in Iran: Das Regime setzt auf Eskalation
> Bei den landesweiten Protesten in Iran gibt es mittlerweile mindestens
> acht Tote. Der Präsident wirft dem Westen „Doppelstandards“ vor.
Bild: Keine Bikergang, Polizisten: Sicherheitskräfte lösen in Teheran am 19. …
Berlin taz | Mindestens acht Menschen sind in Iran seit Beginn der
aktuellen Proteste ums Leben gekommen. Das berichtet die Nachrichtenagentur
Reuters unter Berufung auf lokale Medien sowie einen örtlichen
Staatsanwalt. Darunter sollen auch ein Polizist sowie ein Mitglied einer
regierungsnahen Miliz sein.
Laut der kurdischen Menschenrechtsorganisation Hengaw [1][wurden alleine in
der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag] in der westiranischen Stadt Shno 3
Menschen getötet, sowie 43 verletzt. Zuvor waren bereits 7 Protestierende
von iranischen Sicherheitskräften getötet worden. Nach Angaben von Reuters
bestreitet Teheran diese Zahlen.
Auf in den sozialen Medien verbreiteten Videos, die von den Protesten in
Iran stammen sollen, sind immer Schwerverletzte zu sehen. Auch das
gewalttätige Vorgehen der Staatskräfte wird immer wieder online
dokumentiert.
Die iranische Revolutionsgarde soll am Donnerstag das Justizsystem des
Landes dazu aufgerufen haben, Menschen zu verfolgen, die „falsche
Informationen und Gerüchte“ verbreiteten, [2][so Reuters].
## Gut ausgebildete Aufstandsbekämpfer
Die gewaltigen Proteste entzündeten sich am gewaltsamen Tod Mahsa „Zhina“
Aminis – einer 22-Jährigen, die bei einer Kontrolle von der Moralpolizei so
verprügelt wurde, dass sie ins Koma fiel und schließlich starb.
Mit einem schnellen Umsturz des islamischen Regimes ist dennoch wohl nicht
zu rechnen. Azadeh Zamirirad, die bei der Stiftung Wissenschaft und Politik
zum Iran forscht, erklärt: „Der Staat ist relativ gut auf Proteste
eingestellt.“ Er habe eine ganze Reihe von Mitteln in petto, um ihnen zu
kontern: „Mittlerweile können sie die digitale Sphäre unter komplett
staatliche Kontrolle stellen, das Internet über längere Zeit blockieren.“
Es gebe außerdem Sondereinheiten, die eben gut ausgebildet seien, wenn es
um die Aufstandsbekämpfung und Niederschlagung von Demonstrationen gehe.
Immer wieder protestieren die Iranerinnen und Iraner gegen das Regime. Der
Iran-Experte Ali Fathollah Nejad erklärte in der „Tagesschau“: Alleine im
letztes Jahr habe es 4.000 Proteste gegeben, im ersten Halbjahr 2022
bereits 2.200.
Zamirirad sagt: Ein Unterschied der vergangenen Proteste zu den derzeitigen
sei, dass diese bisher meist singuläre Anliegen betroffen hätten, und damit
nur einen kleinen Teil der Bevölkerung. „Was wir jetzt sehen, sind
Proteste, deren Gegenstand die Hälfte der Gesellschaft unmittelbar
betrifft, nämlich die Frauen.“
Auch, dass die getötete junge Frau Kurdin ist – eine Gruppe, die in Iran
Diskriminierungen ausgesetzt ist –, gebe dem Fall eine weitere Dimension.
„So finden verschiedene Gruppen der Gesellschaft zueinander, in einer
Sache.“ Das sei genau, was den bisherigen Protesten in Iran oft gefehlt
habe: eine Solidarität, die Klassen und Schichten übergreifend ist.
Der iranische Präsident Raisi nutzte bei seiner Rede vor der
Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) in New York die Gelegenheit, um
den westlichen Nationen „Doppelstandards“ vorzuwerfen – zu getöteten Fra…
im Westen würde die Welt nichts sagen.
Der deutschen Regierung, vor allem Außenministerin Annalena Baerbock, wurde
die Tage vorgeworfen, sich mit Kritik an Iran zu sehr zurückzuhalten. Am
Rande der UN-Vollversammlung kritisierte sie das Vorgehen der iranischen
Regierung zwar und erklärte: „Wenn Frauen nicht sicher sind, ist niemand in
einem Land sicher.“ Ihre Kritik gehe aber nicht weit genug, sagte etwa der
Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete und SPD-Mitglied Danial Ilkhanipour der
Zeitung Welt. Baerbock kündigte in New York später an, dass Deutschland den
Fall Mahsa Amini vor den UN-Menschenrechtsrat bringen werde.
22 Sep 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/Hengaw_English/status/1572876768230674435?s=20&t=Xv…
[2] https://www.reuters.com/world/middle-east/iranian-protesters-set-fire-polic…
## AUTOREN
Lisa Schneider
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