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# taz.de -- Feministischer Aufstand im Iran: Die Macht kultureller Symbole
> Frauen verbrennen ihre Schleier. Die Demos gegen Irans Regime eskalieren.
> Die deutsche Regierung sollte den Protest jetzt aktiv unterstützen.
Bild: Auch in Los Angeles löst der Tod von Mahsa (Zhina) Amin Proteste aus
Frauen nehmen in Iran derzeit öffentlich ihre Schleier ab und zünden sie
an. Einige schneiden ihre Haare kurz und posten Bilder davon im Internet.
Auf den Straßen der Städte demolieren Menschen Polizeiautos. In
Sprechchören skandieren sie: „Tod der Diktatur!“ Im Iran wird wieder einmal
gegen das Regime der Islamischen Republik protestiert. Und diesmal hoffen
viele, es tatsächlich stürzen zu können.
Auslöser der aktuellen Protestbewegung ist der Tod der 22-jährigen Mahsa
Zhina Amini. Sie wurde von der Sittenpolizei des Mullah-Regimes
festgenommen, weil sie ihr Kopftuch zu leger getragen hat. Kurz darauf
starb die junge Frau. Die Polizei weist jegliche Verantwortung für ihren
Tod zurück.
Doch alle, die jetzt in Iran protestieren, sind überzeugt, dass Amini – wie
so viele vor ihr – vom iranischen Regime zu Tode geprügelt wurde.
Willkürliche Verhaftungen, Folter und politische Morde sind in der
Islamischen Republik Iran an der Tagesordnung. Auch gegen die jetzigen
Proteste geht das Regime [1][extrem gewalttätig vor, es hat bereits viele
Todesopfer gegeben.]
Der Tod von Amini mag nicht beabsichtigt gewesen sein, aber die gewaltsame
Unterdrückung von Frauen hat System in Iran. Die Verfolgung aller, die
gegen die geltende Scharia-Gesetzgebung verstoßen, ist ganz legal. Frauen
sind per Gesetz Männern nicht gleichgestellt.
## Symbol der Unterdrückung
[2][Die Zwangsverschleierung ist nur das sichtbarste Symbol] einer ganzen
Reihe von Einschränkungen, die das religiöse Gesetz für Frauen vorsieht.
Sie stehen unter männlicher Vormundschaft. Oft werden sie in die Ehe
gezwungen. Mädchen können ab dem 13. Lebensjahr verheiratet werden, mit
Genehmigung eines Richters sogar früher.
Auch [3][Homosexualität ist in Iran verboten. Darauf steht Auspeitschung
oder die Todesstrafe.] Seit der Islamischen Revolution wurden über 4.000
schwule Männer aufgrund ihrer sexuellen Orientierung umgebracht. Mitunter
werden die Hingerichteten öffentlich an Baukränen aufgehängt, um anderen
als Abschreckung zu dienen. Dieses Jahr wurden zum ersten Mal auch zwei
Queer-Aktivistinnen, Zahra Sedighi-Hamedani und Elham Choobdar, zum Tode
verurteilt.
[4][Diese patriarchale Gewalt geschieht nicht heimlich], sondern höchst
offiziell. Sie ist integraler Bestandteil des iranischen Systems. Nicht
immer reagieren die deutsche Politik und Wirtschaft darauf mit
glaubwürdiger Kritik. Menschenrechtsaktivist:innen und iranische
Oppositionelle beschreiben die deutsche Haltung der letzten Jahre deswegen
durchaus als Appeasementpolitik gegenüber Iran.
Ob die seit Dezember 2021 amtierende deutsche Außenministerin Annalena
Baerbock dies ändern wird? Sie verurteilt die aktuelle Repression in Iran
und betont die Bedeutung einer „feministischen Außenpolitik“. Irans Frauen
müssten „gehört werden“. Sie forderten Rechte ein, sagt Baerbock, die all…
Menschen zustehen. „Diese Botschaft“, so Baerbock „muss endlich bei allen
Verantwortlichen ankommen.“
## Die Diktatur stürzen
Allerdings wollen die Protestierenden in Iran nicht vom Regime gehört
werden, sie wollen es stürzen. Die religiöse Diktatur der Mullahs, deren
Missachtung der Menschenrechte, ist mehrheitlich verhasst
Westliche Außenpolitik gegenüber Iran oder anderen Diktaturen ist zu häufig
von kurzsichtigen politischen Erwägungen und wirtschaftlichen Interessen
geprägt. Statt am realen Interesse der Menschen vor Ort anzuknüpfen, trägt
sie oft zur Aufrechterhaltung der Machtverhältnisse bei. Gerade sehen wir
am Beispiel Russlands, dass Diktatoren, die Menschenrechte im Inland
verletzen, auch nach außen eine Gefahr darstellen.
Es ist also Zeit, die Politik gegenüber autoritären Regimen zu ändern.
Wegen der Gewalt, die sie ausüben, wegen der Gefahr von Kriegen, wegen der
Erpressbarkeit, die zu enge Zusammenarbeit erzeugt. Und wegen Mahsa Zhina
Amini.
24 Sep 2022
## LINKS
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[3] /Todesurteil-fuer-LGBTQI-Aktivistinnen/!5879380
[4] /Frauenrechte-in-Iran/!5879321
## AUTOREN
Petra Klug
## TAGS
Schwerpunkt Iran
Feminismus
Menschenrechte
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