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# taz.de -- Missstände in Biobetrieb: Das Schwein trügt
> Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten galten als Vorzeigebetrieb. Nun
> fanden Tierschützer Antibiotika, die laut Gütesiegel verboten sind.
Bild: Aushängeferkel der Herrmannsdorfer Landwerkstätten.
Berlin taz | Der Tierschutzskandal im Biovorzeigebetrieb Herrmannsdorfer
Landwerkstätten weitet sich aus: Der große bayerische Schweinezuchthof hat
Tieren Antibiotika gegeben, die für die Humanmedizin reserviert sein
sollen, wie interne Dokumente belegen. Der Anbauverband Biokreis, mit
dessen Siegel die Herrmannsdorfer ihre Produkte verkaufen, hatte diese
Medikamente im Stall verboten.
Betriebsleiter Karl Schweisfurth [1][räumt die Antibiotikagabe ein].
Dennoch sieht Biokreis-Geschäftsführer Josef Brunnbauer keinen Verstoß
gegen die Regeln seines Verbands: „Im Ausnahmefall darf der Tierarzt auch
diese Medikamente geben, wenn es nicht anders geht“, sagte er am Montag der
taz.
Mit dem Verbot von Reserveantibiotika wollen Bio-Verbände verhindern, dass
die Medikamente bald nicht mehr bei Menschen wirken: Auch der Einsatz im
Stall trägt dazu bei, dass Keime gegen die Präparate resistent werden.
Viele Verbraucher entscheiden sich bewusst für teurere Lebensmittel mit
Siegeln wie die von Biokreis oder Bioland – eben weil diese strengere
Regeln vorgeben als das gesetzliche EU-Biogütezeichen.
Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten waren bisher in der Biobranche hoch
angesehen. Die Bilder von im Stroh tollenden schwarz-rosa Tieren der alten
Schwäbisch-Hällischen Rasse machten in zahlreichen TV-Sendungen beste
Werbung für Bio. Immer wieder wurde die Geschichte vom Vater des heutigen
Geschäftsführers erzählt: Karl Ludwig Schweisfurth gehörte einst Herta,
damals größter industrieller Fleischproduzent Europas. Schweisfurth
beschloss eines Tages die ökologische Umkehr: Er kaufte ein Gut in Glonn
bei München und stellte auf Bio um.
## Videos zeigen Missstände
Um so größer war jetzt der Schock, als die Tierrechtsorganisation Soko
Tierschutz vor Kurzem heimlich aufgenommene Videos aus dem Betrieb
veröffentlichte: Sie zeigten verletzte Sauen, manche in Kastenständen. Das
sind mit Stangen konstruierte Boxen, in denen sich die Sauen kaum bewegen
können, damit sie keine Ferkel erdrücken. Die Tierrechtler fanden in
Herrmannsdorf Listen, nach denen Schweine mit Antibiotika und Hormonen
behandelt wurden. Und: Überdurchschnittlich viele Ferkel starben ([2][taz
berichtete]).
Nach Ansicht der „Soko“ steht all das in krassem Gegensatz zum
Heile-Welt-Bild des Betriebs. Allerdings stellten diese Missstände keinen
Verstoß gegen Tierschutz- oder Bioregeln dar.
Die Dokumente aber, die die Tierrechtler nun der taz geschickt haben,
belegen: Die Herrmannsdorfer haben auch den Wortlaut der Regeln ihres
Anbauverbands Biokreis verletzt. Dessen Richtlinien nennen unter
„Anwendungsverbote“ seit Juni 2014 ausdrücklich die Arzneimittelgruppe
Fluorchinolone. Dazu gehören auch die Mittel Baytril und Enro-Sleecol. Nach
Inkrafttreten der Verbote erhielten einzelne Herrmannsdorfer-Schweine den
Unterlagen zufolge mehrmals diese Medikamente.
An keiner Stelle in den Richtlinien ist die Rede von möglichen Ausnahmen.
Trotzdem erklärte Biokreis-Geschäftsführer Brunnbauer, dass der Verband
diese Mittel ausnahmsweise zulasse: „Das geht, wenn der Tierarzt das
begründet, weil das Tier nicht anders zu behandeln ist. Sonst würden wir
das Tier leiden lassen und das will doch keiner.“
Doch es gehe auch anders, sagt der Bioland-Chefberater für
Schweineerzeuger, Martin Kötter-Jürß. Dieser Verband lasse nur selten
Ausnahmen zu. Und wenn, dann „darf das Tier nicht mehr über die
Bioland-Schiene vermarktet werden“.
1 Feb 2016
## LINKS
[1] /Biozuechter-Schweisfurth-ueber-Antibiotika/!5274659/
[2] /Bio-Vorzeigebetrieb-am-Pranger/!5270332
## AUTOREN
Jost Maurin
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