# taz.de -- Antibiotika-Verbote im Öko-Stall: Bioland ändert Richtlinie | |
> Der Bioland-Verband erlaubt Bauern, Tieren bestimmte Antibiotika zu geben | |
> – entgegen den eigenen Regeln. Jetzt schreibt er seine Vorschriften um. | |
Bild: Ferkel dürfen Antibiotika bekommen – sogar in der Öko-Haltung | |
BERLIN taz | | Nach einem kritischen [1][taz-Artikel] will Deutschlands | |
größter Ökobauernverband Bioland seine Richtlinien zum Verbot bestimmter | |
Antibiotika und anderer Medikamenten ändern. Bioland-Sprecher Gerald Wehde | |
kündigte am Freitag im Gespräch mit der Zeitung an, „dass wir die | |
Richtlinien anpassen werden – also transparent machen, dass wir | |
Ausnahmegenehmigungen erteilen und unter welchen Bedingungen.“ | |
Zentrales Kriterium werde sein, dass ein Tierarzt keine andere | |
Behandlungsmöglichkeit sieht. Die Entscheidung für die Reform treffe die | |
Bundesdelegiertenversammlung des Verbands, „aber das haben wir jetzt in die | |
Wege geleitet“. Wehde hatte den Plan bereits in der [2][Frankfurter | |
Allgemeinen Zeitung] angedeutet, die die Recherche der taz aufgriff. | |
Auch der viertgrößte Öko-Verband, [3][Biokreis], der ebenfalls mehrere | |
Medikamente verbietet, hat nach dem taz-Artikel angekündigt, seine | |
Richtlinien zu überarbeiten. „Nun wird sich eine Arbeitsgruppe mit den | |
Anwendungsbeschränkungen und -verboten auseinandersetzen, sie neu bewerten | |
und überarbeiten“, teilte die Organisation mit. | |
Vor der Kritik in der taz hatten beide Verbände öffentlich darauf beharrt, | |
es sei kein Verstoß gegen ihre Richtlinien, wenn Bauern Medikamente | |
anwenden, die von den Organisationen verboten worden sind. | |
## Verbraucherschützer zufrieden | |
Armin Valet, Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg, begrüßte | |
die Pläne von Bioland. „Der Verband bleibt damit Vorreiter beim Thema | |
Antibiotika.“ Das Verfahren für die Ausnahmegenehmigungen sei dann | |
transparent. Da es nur um wenige Tiere geht, hält Valet es für vertretbar, | |
wenn diese weiter als Bioland-Tiere verkauft werden. | |
Die taz hatte am Dienstag berichtet, [4][dass Bioland in Einzelfällen | |
bestimmte Antibiotika und andere Medikamente in seinen Ställen erlaubt] – | |
obwohl die Präparate laut Richtlinien der Organisation untersagt sind. | |
Darunter sind auch Reserveantibiotika, die laut Weltgesundheitsorganisation | |
besonders wichtig für die Behandlung von Menschen sind. Mit dem Verbot des | |
Einsatzes im Stall wollte Bioland dazu beitragen, dass Keime gegen diese | |
Medikamente nicht so schnell resistent werden. | |
Bioland-Sprecher Wehde erklärte in dem Text, dass 2014 35 | |
Ausnahmegenehmigungen „zur Einzeltierbehandlung“ erteilt worden seien. Als | |
Rechtsgrundlage nannte er nicht die Richtlinien, sondern eine „interne | |
Anweisung“. Daraufhin waren viele Leser empört, aber nicht wegen der | |
irregulären Ausnahmegenehmigungen, sondern weil die taz das Thema unnötig | |
aufgebauscht habe. Der Chef von Bioland, Jan Plagge, beschwerte sich bei | |
der taz-Chefredaktion. Manche Leser erklärten, ihr Abonnement zu kündigen. | |
## Ein Grundsatzproblem | |
Der Verband verteidigte sich nach dem Artikel damit, dass | |
„[5][Ausnahmegenehmigungen für weit unter 0,1 Prozent der Tiere“] auf | |
Bioland-Betrieben vergeben worden seien. Allerdings hatte zum Beispiel | |
Verbraucherschützer Valet die Praxis [6][unabhängig von der Zahl der | |
Genehmigungen] kritisiert, weil die Richtlinien überhaupt keine Ausnahmen | |
ermöglichen. Wenn sie nicht eingehalten würden, „würde es keinen Sinn | |
machen, solche Vorschriften festzulegen.“ | |
Die Branche müsse in diesem Punkt offener kommunizieren. Ähnlich äußerten | |
sich Vertreter der Verbraucherorganisation Foodwatch und der | |
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Kritiker warnen, durch | |
solche irregulären Ausnahmegenehmigungen könnte eine Klima entstehen, das | |
weitere Regelverstöße erleichtert. Die Glaubwürdigkeit von Bio insgesamt | |
stehe auf dem Spiel. | |
Ein Bio-Siegel bedeutet zumindest, dass die Häufigkeit des | |
Antibiotika-Einsatzes – anders als bei konventionellen Tieren – | |
eingeschränkt ist. So erlaubt die EU-Öko-Verordnung maximal 3 | |
Antibiotika-Gaben innerhalb von 12 Monaten. Falls ein Tier nicht älter als | |
ein Jahr alt wird, ist nur eine Gabe erlaubt. Gleichlautend sind etwa die | |
Richtlinien von Demeter. Neuland – kein Bio-Verband aber getragen von | |
Umwelt- und Tierschutzverbänden – erlaubt Antibiotika „ausnahmsweise und | |
nach Indikation durch den Tierarzt“. Das Fleisch eines behandelten Tier | |
darf nicht mehr als Neuland-Fleisch verkauft werden. | |
13 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Antibiotika-in-Bioland-Staellen/!5272405 | |
[2] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/bioland-in-erklaerungsnot… | |
[3] http://biokreis.de/bionews_s.php?a=137 | |
[4] /Antibiotika-in-Bioland-Staellen/!5272405 | |
[5] http://bioland.de/presse/presse-detail/article/bioland-informiert-zu-ausnah… | |
[6] /Antibiotika-in-Bioland-Staellen/!5272405 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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