# taz.de -- Migrationsabkommen der EU mit Tunesien: Gegen die Flucht übers Mit… | |
> Von Tunesien aus fliehen viele Menschen übers Mittelmeer nach Europa. Um | |
> das einzudämmen, will die EU das Land mit einer Milliarde Euro | |
> unterstützen. | |
Bild: Die EU schließt ein Abkommen mit Tunesien: Migration soll eingeschränkt… | |
TUNIS afp/rtr | Die Europäische Union hat ein umfassendes Abkommen mit | |
Tunesien geschlossen, das Flüchtlinge von der irregulären Migration in die | |
EU abhalten soll und dem nordafrikanischen Staat im Gegenzug umfangreiche | |
Finanzhilfen in Aussicht stellt. Die Vereinbarung solle unter anderem die | |
Kooperation im Kampf gegen Schleuser verbessern, sagte am Sonntag | |
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Tunis. Zugleich kann | |
Tunesien auf finanzielle Unterstützung in Höhe von über einer Milliarde | |
Euro hoffen. | |
Von Tunesien aus versuchen viele Menschen aus afrikanischen Staaten, auf | |
Booten über das Mittelmeer in die EU zu gelangen. Durch die nun vereinbarte | |
„umfassende strategische Partnerschaft“ solle irreguläre Migration | |
zurückgedrängt sowie die wirtschaftliche Entwicklung Tunesiens gefördert | |
werden, sagte von der Leyen. | |
Die Kommissionschefin äußerte sich nach Gesprächen mit dem tunesischen | |
Staatschef Kais Saied im Präsidentenpalast in Tunis. Sie wurde bei ihrem | |
[1][Besuch von der rechtsextremen italienischen Regierungschefin Giorgia | |
Meloni], in deren Land besonders viele Migranten ankommen, und dem | |
[2][niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte] begleitet. Die drei | |
europäischen Politiker hatten Saied bereits vor gut einem Monat getroffen. | |
„Wir brauchen eine effektive Zusammenarbeit mehr denn je“, sagte von der | |
Leyen. Mit dem Abkommen solle nicht nur besser gegen Schleuser und | |
Menschenhändler vorgegangen werden, sondern beispielsweise auch die Suche | |
nach möglicherweise in Not geratenen Flüchtlingen und deren Rettung | |
verbessert werden. | |
## Geld, sobald die Voraussetzungen stimmen | |
Etwa 1.895 Menschen ertranken im ersten Halbjahr 2023 beim Versuch, über | |
das Mittelmeer nach Europa zu kommen. In Italien waren in diesem Jahr | |
offiziellen Angaben zufolge bis Mitte Juli rund 75.000 Flüchtlinge in | |
Booten angekommen, nach knapp 32.000 im gleichen Zeitraum des Vorjahres. | |
Mehr als die Hälfte der Menschen kamen aus Tunesien, das damit Libyen | |
überholt hat, das zuvor der Hauptausgangshafen gewesen war. | |
Das geschlossene Abkommen sieht 105 Millionen Euro EU-Gelder für Tunesien | |
für den Kampf gegen irreguläre Migration vor. Zudem sind 150 Millionen Euro | |
Haushaltshilfen für das nordafrikanische Land geplant, das unter einer | |
massiven Staatsverschuldung leidet. | |
Bei ihrem [3][Besuch vor gut einem Monat] hatten die drei europäischen | |
Politiker außerdem weitere 900 Millionen Euro langfristige Unterstützung | |
über mehrere Jahre in Aussicht gestellt, beispielsweise in Form von | |
Darlehen. Mit dem Geld soll die angeschlagene Wirtschaft des Landes | |
gefördert und dessen Haushalt gestützt werden. | |
## Keine zusätzlichen Kredite im Ausland | |
Diese langfristigen Finanzhilfen sollten wie angekündigt fließen, „sobald | |
die nötigen Voraussetzungen“ erfüllt sind, sagte von der Leyen nun. Dazu | |
zählt vor allem eine Einigung der Regierung in Tunis mit dem | |
Internationalen Währungsfonds (IWF) über neue Kredite – die Verhandlungen | |
darüber stecken allerdings seit Monaten in einer Sackgasse. | |
Das stark verschuldete Tunesien erhält derzeit keine zusätzlichen Kredite | |
im Ausland. Im Land selbst kommt es immer wieder zu Engpässen bei der | |
Versorgung mit Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Zucker und Reis, die vom | |
Staat gekauft und importiert werden. | |
Staatschef Saied schlägt zudem seit Jahresbeginn zunehmend | |
fremdenfeindliche Töne an. Im Februar forderte er in einer Rede, gegen die | |
illegale Einwanderung von „Horden“ von Menschen aus Ländern südlich der | |
Sahara vorzugehen. Die Rede, die international auf Empörung stieß, | |
[4][löste eine Welle der Gewalt gegen Migranten aus Ländern des südlichen | |
Afrika] aus. Zudem sollen tunesische Sicherheitskräfte immer wieder | |
Flüchtlinge in unwirtliche Gebiete drängen. | |
[5][Giorgia Meloni] sagte, das Abkommen sei ein weiterer wichtiger Schritt | |
auf dem Weg zu einer echten Partnerschaft zwischen Tunesien und der EU | |
gegen die Migrationskrise. Am Sonntag in einer Woche werde es in Rom eine | |
internationale Konferenz zum Thema Migration gegeben. Daran würden mehrere | |
Staatschefs teilnehmen, darunter der tunesische Präsident Kais Saied. | |
17 Jul 2023 | |
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