# taz.de -- Internationale Konferenz über Migration in Rom: Großer Bahnhof, k… | |
> Italiens Regierungschefin Meloni will das EU-Abkommen mit Tunesien zur | |
> Eindämmung der Migration auf weitere Länder ausweiten. | |
Bild: Giorgia Meloni und andere Teilnehmer der Internationalen Konferenz über … | |
ROM taz | Die am Sonntag von der italienischen Regierung in Rom | |
ausgerichtete „Konferenz zu Entwicklung und Migration“ brachte 21 Staaten | |
aus Europa, Afrika und dem Nahen Osten mit dem Ziel zusammen, neue Wege bei | |
der Bekämpfung irregulärer Migration zu definieren. | |
Am Tisch saßen Vertreter*innen der südeuropäischen Ankunftsstaaten | |
(Italien, Griechenland, Zypern, Malta – abwesend war Spanien), der | |
nordafrikanischen Mittelmeeranrainer von Marokko über Algerien, Tunesien, | |
und Libyen bis Ägypten, diverser Länder des Nahen Ostens, nicht nur Libanon | |
und Jordanien, die von Fluchtbewegungen stark betroffen sind, sondern auch | |
der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien. Vertreten waren zudem | |
aus Subsahara-Afrika Mauretanien, Niger und Äthiopien. Zusätzlichen Glanz | |
verlieh der Konferenz die Präsenz der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von | |
der Leyen sowie des europäischen Ratspräsidenten Charles Michel, und auch | |
die Weltbank, der IWF, die Europäische Entwicklungsbank waren da. | |
Einer aber war eindeutig der Ehrengast: Tunesien Präsident Kais Saied. Er | |
bekam gleich nach der [1][Eröffnungsrede der italienischen | |
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni] das Wort und behauptete vorneweg, die | |
Konferenz in Rom finde auf tunesische Initiative hin statt. So ganz stimmt | |
das nicht. Wahr aber ist, dass das erst am Sonntag der [2][vergangenen | |
Woche zwischen der EU und Tunesien geschlossene Abkommen] Pate für das von | |
Meloni eilends zusammengetrommelte Treffen stand, vorneweg mit der Formel, | |
dass die EU 255 Millionen Euro an Tunesien zahlt, im Gegenzug aber | |
erwartet, dass Saied in Zukunft die Abreise irregulärer Migrant*innen | |
effizienter verhindert. | |
## Mehr wirtschaftliche Mittel für reguläre Zuwanderung | |
„Rom-Prozess“ nannte Meloni am Sonntag ihr ehrgeiziges Vorhaben, dieses | |
Modell auszudehnen, unter dem Beifall von der Leyens, die sich wünscht, das | |
Abkommen EU-Tunesien werde auch anderswo „nachgeahmt“ werden. Auf mehrere | |
Jahre sei dieser Prozess vertiefter Nord-Süd-Kooperation angelegt, und er | |
solle auf Augenhöhe stattfinden, so Meloni, die den Tunesien-Deal überall | |
wirksam sehen will, sprich das Tauschgeschäft von Ressourcen für die | |
wirtschaftliche Entwicklung südlich des Mittelmeers gegen die Unterbrechung | |
der irregulären Migration. | |
Stattdessen versprach die italienische Regierungschefin mehr reguläre | |
Zuwanderung vorneweg aus kooperationsbereiten Ländern, mehr Mittel für | |
deren wirtschaftliche Entwicklung, mehr Mittel auch für Bildung. Augenhöhe | |
heiße allerdings, so führte sie aus, dass die Geberländer sich nicht das | |
Recht anmaßen sollten, darüber zu befinden, wie die Ressourcen von den | |
Empfängern verwendet werden. | |
Und Augenhöhe heißt auch, dass Italien, dass Europa es mit | |
Menschenrechtsfragen nicht allzu genau nimmt. Auf die Frage, was sie zur | |
Menschenrechtslage in Tunesien sage, fiel Meloni nur ein, das Land sei halt | |
„in einer schwierigen Situation“. Nur der Vertreter Libyens kam auf das | |
schreckliche Foto der afrikanischen Mutter mit ihrer Tochter zu sprechen, | |
die an Tunesiens [3][Grenze zu Libyen] tot im Wüstensand liegen. | |
Ausgerechnet er bemerkte, solche Bilder wollten wir „nie wieder sehen“, | |
redete dann aber nicht weiter über die Menschenrechtsverletzungen an | |
Libyens Grenzen und in Libyens Lagern. | |
Entscheidungen, die auch nur entfernt operativen Charakter hätten, fielen | |
auf der Konferenz nicht. Nur die Vereinigten Arabischen Emirate stellten | |
100 Millionen Dollar in Aussicht. Ansonsten einigten sich die | |
Teilnehmerstaaten, voraussichtlich im Oktober den „Rom-Prozess“ mit einer | |
Geberkonferenz fortzuführen. Laut Abschlusserklärung soll sie in Tunis | |
stattfinden, mit dem Gastgeber Kais Saied. | |
24 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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