| # taz.de -- EU-Migrationsdeal mit Tunesien: Tunesier bleiben unerwünscht | |
| > In Tunis wird das Abkommen mit der EU gefeiert. Für tunesische Familien | |
| > bleiben Reisen nach Europa nahezu unmöglich. | |
| Bild: Haben das Ziel Europa: Migranten Anfang Juli im tunesisichen Sfax | |
| Tunis taz | Die beste Nachricht im Zusammenhang mit Migranten in Tunesien | |
| kam am Sonntag nicht aus dem Präsidentenpalast in Tunis, sondern aus der | |
| Sahara an der algerisch-tunesischen Grenze: Mindestens 80 Menschen, die von | |
| den tunesischen Behörden in der Hafenstadt Sfax dorthin deportiert worden | |
| waren, wurden am Sonntagabend gefunden und gerettet. | |
| Tunesische Freiwillige auf Motorrädern hatten sich auf eigene Faust in das | |
| menschenleere Gebiet begeben, um die ohne Wasser und Lebensmittel nach | |
| Süden wandernde Gruppe zu orten. Helfer des Roten Halbmonds brachten die | |
| Erschöpften aus diversen Ländern Subsahara-Afrikas schließlich in | |
| Krankenhäuser in der tunesischen Stadt Tataouine. Human Rights Watch hatte | |
| den tunesischen Sicherheitskräften zuvor vorgeworfen, Hunderte Menschen | |
| kollektiv an den Grenzen zu Libyen und Algerien ausgesetzt zu haben. | |
| Unterdessen sprach während der Abschlusserklärung europäischer Vertreter in | |
| Tunis nur der Gastgeber, Tunesiens Präsident Kais Saied, das Schicksal der | |
| insgesamt rund 1.000 ausgesetzten Menschen an. Diese würden gut behandelt, | |
| alles andere sei Propaganda im Dienste der Schleppernetzwerke, die gegen | |
| sein Land ein Komplott gestartet hätten, so Saied in Anwesenheit von | |
| EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Regierungschefs | |
| Italiens und der Niederlande, Georgia Meloni und Mark Rutte. | |
| ## „Wer ist dieser Mann?“ | |
| Anlässlich [1][der Unterzeichnung des Migrationsabkommens] gab es keine | |
| Pressekonferenz, internationale und tunesische Journalisten schauten den | |
| Ablauf aus einem Café in der Nähe des Präsidentenpalastes an. „Wer ist | |
| dieser Mann?“, fragte ein tunesischer Journalist des staatlichen TV-Senders | |
| Watania, als ein tunesischer Vertreter die Übereinkunft unterzeichnete. | |
| Schon vor der Zeremonie hatten tunesische Medienvertreter immer wieder bei | |
| italienischen Kollegen gefragt, wie der Besuch des „Team Europe“ in Tunis | |
| denn ablaufen würde. Doch selbst nach der Unterzeichnung drangen aus dem | |
| Präsidentenpalast kaum Informationen an die Öffentlichkeit. Einzige | |
| Botschaft der neuen Partnerschaft war die freundliche Stimmung. | |
| Schon das Beantragen eines einfachen Touristenvisums zeigte den Tunesiern | |
| in den letzten Jahren, dass sie im Schengenraum unerwünscht sind. Neben | |
| unwirscher Behandlung während der an Privatfirmen ausgelagerten Prozedur | |
| erfüllten immer weniger Tunesier die finanziellen Bedingungen einer Reise | |
| nach Europa. Die Wirtschaftskrise und der Verfall der Währung machte vielen | |
| Familien den Traum von einem Urlaub in Frankreich oder Italien | |
| unerreichbar. | |
| Den Traum von einem besseren Leben in Europa haben auch [2][die weiterhin | |
| in Sfax und Zarzis lebenden Migranten]. In Sfax übernachten derzeit | |
| Hunderte auf der Straße, Tunesier dürfen an Migranten ohne Aufenthaltstitel | |
| weder Wohnungen vermieten noch sie für sich arbeiten lassen. „Ich habe von | |
| dem Abkommen mit der EU gehört“, sagt Ali aus Khartum in Sudan. „Ich komme | |
| aus einem Kriegsgebiet und habe einen Ausweis des UNHCR, der mir | |
| Flüchtlingsschutz bieten sollte. Dennoch wurden viele meiner Freunde an die | |
| libysche Grenze deportiert.“ | |
| Ali hat wie alle anderen Migranten, die am Montag auf das Abkommen mit | |
| der EU angesprochen werden, kaum Hoffnung auf eine Besserung seiner Lage. | |
| „Die Bevölkerung und Polizei will uns vertreiben; was in dem Vertrag steht, | |
| spielt doch keine Rolle“, sagt Mohamed Amin aus dem Sudan. Ihm fehlt das | |
| Geld, um nach Europa zu reisen oder in die Heimat zurückzukehren. „Wir | |
| sitzen in einer Falle“, sagt er. | |
| 17 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Mirco Keilberth | |
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