| # taz.de -- Lovecraft theatral in Hamburg-Harburg: Vom Kopf auf die Tentakel ge… | |
| > Schatten über Hamburg-Harburg: Einer der bekanntesten Texte des | |
| > Grusel-Autors H.P. Lovecraft kommt auf eine Kleinstbühne – mit viel Mut | |
| > zum Albernen. | |
| Bild: Angeekelt von der Moderne (und gerade deshalb höchst modern): Autor H. P… | |
| Albern. Der Kapitän schnackt breitestes Norddeutsch, zur Handvoll | |
| Requisiten gehören ein aufblasbarer Abendanzug und ein vermeintlich den | |
| Schädel spaltendes Hackebeil, Partyzubehör also. Und dann auch noch | |
| musikalische Einlagen? Textblätter liegen aus, Mitsingen ist ausdrücklich | |
| erwünscht, wenn nicht gar sanft gruppendruckerzeugte Pflicht. | |
| Dabei ist es kein munterer Stoff, den das Zwei-Leute-Privattheater/Kino | |
| „Antikyno“ im Hamburger Süden hier inszeniert, noch dazu als | |
| „Weltpremiere“, so schreiben die Betreiber:innen Nisan Arikan und Lars | |
| Henriks. Nein, es ist „Schatten über Innsmouth“, einer der bekanntesten | |
| Texte von [1][H. P. Lovecraft]; eines notorisch vor Fremdem sich ekelnden | |
| Fließband-Autors, des Erfinders des „kosmischen Horros“ voller | |
| tentakelbewehrter Geschöpfe; stilistisch angreifbar (die ganzen Adjektive!) | |
| und viel zu selten bezeichnet als Säulenheiliger von Incelbewegung und | |
| toxischem Fantum. | |
| Als „Autor, dessen Aktualität uns noch einholen wird“, [2][hat der Bremer | |
| Regisseur Levin Handschuh Lovecraft einmal bezeichnet], im Zusammenhang mit | |
| seiner eigenen, musiktheatralen beabeitung von „In the Mouth of Fire“: | |
| Lovecrafts kosmischer Horror sei „Zusammenspiel von Heimlichem und | |
| Unheimlichem“, reagiere auf zeitgenössische Flucht- und | |
| Migrationsbewegungen ebenso wie die Infragestellung tradierten Wissens | |
| durch so etwas vie Einsteins Relativitätstheorie. | |
| Von „einem der einflussreichsten Autoren der Moderne“ sprechen auch Arikan | |
| und Henriks, die hier von Kasse und Getränken über alle Rollen und bis zum | |
| Licht alles machen, ihrem „Lovecraft-Sommer“ voraus. Im Juli kommt noch | |
| „Dagon“ auf die Bühne, und es gibt einen gruseligen Spaziergang im | |
| Harburger Stadtpark. | |
| Erst mal aber „Innsmouth“, 1931 fertiggestellt und 1936 zum ersten Mal | |
| veröffentlicht; nun entschlackt um allerlei Rahmung und Rassismus (und, ja: | |
| viele Adjektive auch) – zugunsten einer neuen: Wo Lovecraft im Prinzip sich | |
| selbst als Ich-Erzähler in den heruntergekommenen Küstenort schickt, ist | |
| die doppelbödige Identifikationsfigur nun eine prekär beschäftigte junge | |
| Frau, die mit dem so fremden Ort [3][viel mehr verbindet], als es den | |
| Anschein hat; aus der Anreise per klapprigem Bus wird eine per Fähre, und | |
| irgendwann singen wir die Pixies: „[4][Where is my mind?] Way out, in the | |
| water, see it swimming“ … | |
| Für die mitunter zutiefst ernsten Fans des Gruselmeisters könnte dieser gut | |
| gelaunte Abend die blanke Ketzerei sein. Aber Mut zur Albernheit ist | |
| vielleicht der richtige, wenn nicht gar der einzige Weg, um umzugehen mit | |
| diesem Material. | |
| 1 Jul 2023 | |
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| Alexander Diehl | |
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