# taz.de -- Theaterbrand in Hamburg-Harburg: Un-kosmischer Horror | |
> Eigentlich sollte nur der Spielplan gruseln machen: Das kleine | |
> Miskatonic-Theater in Hamburg wird Opfer eines Brandes. Seine | |
> Betreiber:innen sind nun obdachlos. | |
Bild: Feuerwehrleute löschen am 9. März 2025 den Brand im Miskatonic-Theater.… | |
Hamburg taz | Nein, Cthugha war nicht im Spiel, der [1][Große Alte], dessen | |
Gestalt an einen Feuerball erinnert. Überhaupt stand kein Angehöriger des | |
düsteren Pantheons, das im frühen 20. Jahrhundert der Schriftsteller H.P. | |
Lovecraft ersann, hinter dem Brand [2][des kleinen Miskatonic-Theaters] am | |
vergangenen Sonntag; zumindest nicht, wenn wir den Ermittlern des Hamburger | |
Landeskriminalamtes Glauben schenken. | |
Demnach hatte zuerst ein Müllcontainer gebrannt. Dieses Feuer hatte dann | |
übergegriffen auf das Gebäude, in dem reichlich Holz verbaut gewesen sein | |
muss. Um 12.18 Uhr war die Feuerwehr wegen des relativ kleinen | |
Containerbrandes erstmals [3][alarmiert worden], nur Minuten später erging | |
ein weiterer Alarm, diesmal mit dem Zusatz „Menschenleben in Gefahr“. | |
Die Gründer:innen und Betreiber:innen des weltweit möglicherweise | |
einzigen exklusiv dem Horror-Genre verpflichteten Theaters, Nisan Arikan | |
und Lars Henriks, die mit ihrer zweijährigen Tochter im selben Haus wohnen, | |
wurden von der Polizei aus dem Gebäude geholt. | |
Insgesamt mussten 13 Menschen das viergeschossige Gebäude verlassen, auch | |
eine Katze wurde unbeschadet gerettet. Vier Bewohner:innen, darunter das | |
Kind, kamen wegen Verdachts auf Rauchvergiftung kurz ins Krankenhaus. | |
## Nicht der erste Schicksalsschlag | |
„Es brannte der Bühnenbereich eines Theaters im Erdgeschoss in voller | |
Ausdehnung“, teilte die Feuerwehr mit, die in der Spitze 60 Kräfte vor Ort | |
im Einsatz hatte. „Parallel zur Menschenrettung wurde die Brandbekämpfung | |
mit drei Strahlrohren im Innenangriff durchgeführt. Ebenso stellten zwei | |
Drehleitern eine Anleiterbereitschaft sicher.“ Die Buxtehuder Straße, wie | |
hier die [4][teils stark befahrene Bundesstraße 73] Richtung Richtung | |
Cuxhaven heißt, wurde zeitweise gesperrt. | |
Zerstört wurden auch Requisiten und Technik – auch das eigene Tonstudio, | |
etwa für Hörspielproduktionen, ist dahin. „Alles, wofür wir unser Leben | |
lang gearbeitet haben, ist unwiederbringlich verloren“, erklärten Arikan | |
und Henriks am späten Donnerstagabend – „unsere Bühne, unser Equipment, | |
unsere Requisiten, unsere Studio-Technik, selbst unsere privaten | |
Wohnräume.“ | |
Mit Schicksalsschlägen kenne die beiden sich bereits aus. Kurz vor der | |
geplanten Eröffnung war im vergangenen August eingebrochen worden. | |
Equipment im Wert von rund 15.000 Euro wurde damals gestohlen. | |
Eröffnet haben Arikan und Henriks das Haus trotzdem. Gespielt wurde seitdem | |
vor allem Lovecraft, aber auch eine Meta-Beschäftigung mit Mary Shelley und | |
ihrem „Frankenstein“ oder das [5][Kinder-Musical „Kommissar Pferd“]. Den | |
Macher:innen zufolge waren die Vorstellungen zum allergrößten Teil | |
ausverkauft. Fans der Stoffe – oder inzwischen auch der sie in Szene | |
Setzenden – reisen auch von weiter weg an. | |
## Jetzt braucht es Unterstützung | |
Was nun benötigt wird, ist wiederum einerseits ganz akut: Geld. [6][Eine | |
Crowdfunding-Seite] ist eingerichtet. Stand Freitagnachmittag war darüber | |
knapp doppelt so viel Geld hereingekommen, wie die Miskatonic-Leute es sich | |
als (zweites) Ziel gesetzt hatten: etwas über 13.000 Euro – die größte | |
Spende, nicht anonym, betrug immerhin 2.000 Euro. | |
„Wie es langfristig weitergeht, ist noch ungewiss“, erklärt das Theater auf | |
der GoFundMe-Spendenkampagnenseite. „Aber wir lassen den Vorhang nicht | |
einfach fallen. Wir sind bereits dabei, mögliche Anschlüsse auszuloten – | |
sei es eine Exil-Spielstätte, neue Kooperationen oder andere Wege, das | |
Miskatonic Theater in irgendeiner Form am Leben zu halten.“ | |
Dafür sucht man nun auch eine – temporäre – Ausweichspielstätte. Ob sich | |
die nun in Flammen aufgegangenen Räume je wieder als Theater nutzen lassen | |
werden, ist dabei offen. Die Rede ist von [7][sechs bis neun Monaten | |
Sanierungszeit]. Dem Hamburger Abendblatt sagte Henriks, mehrere Hamburger | |
Theater hätten den Miskatonics schon Bühnenzeiten angeboten. | |
Will man es optimistisch betrachten – wie es dem geheimen Patenonkel des | |
Hauses, [8][dem Menschen misstrauenden Lovecraft], so selten gelang –, | |
könnte sich neben den bundesweit verstreuten Fans des Hauses und seines | |
Konzepts vielleicht auch der Stadtteil solidarisch zeigen. | |
Noch im März steigt im Hamburger Süden, an Kulturangebot nicht gerade | |
reich, [9][das kleine Literaturfestival „Suedlese“]. Und dem geht es ganz | |
ausdrücklich auch darum, die Vielfalt des dortigen Geschehens abzubilden – | |
und die unterstreicht so ein Haus des Horrors ganz eindeutig. | |
15 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /!822818 | |
[2] https://www.antikyno.com/ | |
[3] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/82522/5986811 | |
[4] /!1165827/ | |
[5] https://www.besser-im-blick.de/nachrichten/life/12703-das-antikyno-theater-… | |
[6] https://www.gofundme.com/f/das-miskatonic-theater-ist-abgebrannt-hilf-uns-d… | |
[7] https://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article408545620/nach-theaterbran… | |
[8] /Horror-im-Stadtpark-in-Hamburg-Harburg/!5946204 | |
[9] https://suedlese.de/ | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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