Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Macht: Maaßen muss gehen, Punkt
> Sich in einen politischen Streit einmischen und diesen zu beeinflussen?
> Das kann und darf der Chef eines Nachrichtendienstes einfach nicht.
Bild: Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, kom…
Erstaunlich lange hat es gedauert, aber nun geschieht das Erwartbare. In
Kommentaren seriöser Medien baut sich eine Verteidigungslinie für
Hans-Georg Maaßen auf. In Wahrheit, so die Argumentation, gehe es bei der
Affäre nicht um Fehlverhalten des Verfassungsschutz-Präsidenten, sondern
darum, dass er der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin kritisch
gegenüberstehe. Deshalb werde sein Kopf gefordert.
Das rangiert auf der nach oben offenen Unfug-Skala ziemlich weit oben. Bei
allem Verständnis – und wirklich großem Verständnis! – für die Lust an
Parteienstreit und Machtspielchen innerhalb der politischen Elite: Genau
darum geht es in dieser Frage eben nicht. Sondern um Gewaltenteilung und
darum, was die jeweiligen Rechte und Pflichten von Leuten sind, die Ämter,
Mandate und hohe, beamtete Positionen innehaben.
Übrigens ist das derzeit nicht nur in Deutschland ein zentrales Thema. Nie
hätte ich gedacht, dass ich einmal ganz und gar auf der Seite von
US-Präsident Donald Trump stehen würde – und gegen viele Liberale in den
Vereinigten Staaten. Aber ich teile seine Empörung im Hinblick auf den
[1][anonym verfassten Leitartikel in der New York Times] und im Hinblick
auf das, was Bob Woodward für sein Buch „Fear“ recherchiert hat.
Konkret: Wenn jemand in hoher Funktion und mit Zugang zum Oval Office der
Ansicht ist, der Präsident der Vereinigten Staaten sei nicht imstande sein
Amt auszuüben, dann soll er keine anonymen Artikel verfassen und auch keine
Dokumente vom Schreibtisch des gewählten Staatsoberhauptes klauen. Sondern
sich – hurtig, hurtig – zum Kongress begeben. Um dort seine Erkenntnisse zu
Protokoll zu geben. Damit der entsprechende Konsequenzen ziehen kann.
Übrigens droht Leuten, die das tun, in einer Demokratie nicht die
standrechtliche Erschießung. Sondern allenfalls ein Karriereknick – und
nicht einmal der kann sicher vorhergesagt werden. Vielleicht winkt sogar
der Status des nationalen Helden. Man muss sich halt nur trauen.
Unsäglich hingegen ist: Sich wie ein Teenager zu verhalten. Also heimlich
mit Papierkugeln zu schießen.
Zurück nach Deutschland. Selbstverständlich kann und darf der Chef eines
Nachrichtendienstes eine politische Meinung haben. Es wäre albern zu
erwarten, dass die nicht auch erkennbar wäre in seinen Äußerungen. Aber er
kann und darf sich nicht in einen aktuellen politischen Streit einmischen
und versuchen, diesen zu beeinflussen. Andernfalls wäre das
Berufsbeamtentum sinnlos.
## Wer darf was?
Nun kann man das ja so sehen. Dass es nämlich all das ist. Aber darum geht
es in der gegenwärtigen Debatte nicht. Sondern um die Frage: Wer darf was,
wer muss was jeweils tun, im Hinblick auf verfassungskonformes Verhalten?
Abgeordnete sind ihrem Gewissen unterworfen, nur ihrem Gewissen. [2][Beamte
haben eine Loyalitätspflicht]. Gerichte müssen Recht sprechen, auf Grund
geltender Gesetze. Medien müssen informieren.
Mag ja sein, dass diese Definition naiv ist. Aber wem an der
Gewaltenteilung – und somit an unserem System als Ganzem liegt – kann nur
feststellen: Maaßen hat seine Grenzen überschritten. Deshalb muss er gehen.
So einfach ist das. Mit Parteiengeplänkel hat das weniger zu tun als
Medienberichte vermuten lassen.
Ach, wenn ich darf, dann möchte ich zum Schluss noch eine ganz andere Frage
loswerden: Ein 24-jähriger Syrer soll eine Prostituierte in Hamm getötet
haben. Habe ich den Aufruf der AfD zu einem Trauermarsch für diese
Prostituierte verpasst? Und falls es diesen Aufruf nicht gegeben haben
sollte – warum nicht?
15 Sep 2018
## LINKS
[1] /!5533763
[2] /!5533999/
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
Bundesamt für Verfassungsschutz
Hans-Georg Maaßen
Beamte
Donald Trump
Gewaltenteilung
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Horst Seehofer
Schwerpunkt AfD
Amri-Akten
Hans-Georg Maaßen
Hans-Georg Maaßen
Datenschutz
Gesundheitspolitik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Macht: Sprechen über Sprachlosigkeit
Donald Trump ist es tatsächlich gelungen, die US-Gesellschaft zu spalten.
Das gilt auch für persönliche Beziehungen.
Kolumne Macht: Jutta Cordt ist halt nicht Maaßen
Die Chefin des Bundesamtes für Migration musste gehen, obwohl der Skandal
in ihrer Behörde gar keiner war. Und niemand empört sich?
Streit um Verfassungsschutzchef: Maaßen muss seinen Posten räumen
Der Chef des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen verliert seinen Job.
Dafür bekommt er eine sogar besser bezahlte Stelle im Innenministerium.
Streit um Zukunft Maaßens: Der Politik zu nah
Mehrfach kritisierte Maaßen Medien, Falschmeldungen zu verbreiten. Doch
sein Versuch, via Medien Politik zu machen, könnte ihm zum Verhängnis
werden.
Hetzjagd-Zitat des Verfassungsschutzchefs: Merkel will Maaßen rauswerfen
Verfassungsschutzchef Maaßen muss offenbar seinen Posten räumen. Die
Kanzlerin habe entschieden, ihn abzulösen, berichtet die „Welt“.
Verfassungsschutz und Maaßen: Mitarbeiter verdoppeln, einen ablösen
Das Bundesamt für Verfassungsschutz plant einem Bericht zufolge, bis 2021
auf fast 6.000 Mitarbeiter anzuwachsen. Der Chef hingegen soll gehen.
Kolumne Macht: Es reicht!
Auch eine liberale Gesellschaft definiert sich durch die Grenzen, die sie
zieht. Wer Rassismus propagiert, mit dem kann man kein Gespräch führen.
Kolumne Macht: Meldepflicht im Netz
Stets habe ich für den Datenschutz gekämpft. Doch dank Bots und Trollen
sage ich nun: Die Anonymität im Internet muss ein Ende haben.
Kolumne Macht: Solidargemeinschaft?
Selbst in Deutschland wird so getan, als handele es sich bei sozialen Nöten
um das Versagen Einzelner. Und nicht um ein gesellschaftliches Problem.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.