# taz.de -- Katharina Fegebank über Verantwortung: „Frauen rechtfertigen sic… | |
> Die grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank wird sogar als | |
> Bürgermeisterin Hamburgs gehandelt und traut sich diesen Job auch zu. | |
Bild: Katharina Fegebank ist Zweite Bürgermeisterin und hat Ambitionen Nummer … | |
taz: Frau Fegebank, heute ist Frauenstreik, machen Sie mit? | |
Katharina Fegebank: Ich habe heute ganz viele spannende Frauentermine – | |
unter anderem treffe ich gestandene Unternehmerinnen und neue Gründerinnen, | |
die versuchen in der Wirtschaftswelt Fuß zu fassen. | |
Also streiken Sie nicht. Das hört sich nach sehr viel Arbeit an. | |
Ja, bei mir ist eher Dienst als Demo angesagt. Aber wir haben unseren | |
traditionellen Senatsempfang etwas vorverlegt, damit die Frauen danach noch | |
am Streik teilnehmen können. Das finde ich, ist ein ganz guter Kompromiss. | |
Wie sehen Sie sich am liebsten? | |
Ich wünsche mir, dass ich gesehen werde als eine Frau, der man vertraut, | |
die man beim Wort nehmen kann, die klar ist in ihren Aussagen und die eine | |
Verlässlichkeit ausstrahlt. | |
Wie viel Privates gehört in die Öffentlichkeit? | |
Es gibt ja den berühmten Satz: Das Private ist politisch, der ja auch die | |
zweite Frauenbewegung ganz stark angetrieben hat. Ich finde, dass man eine | |
gute Balance finden muss zwischen privaten Erfahrungen, die man öffentlich | |
thematisiert und solchen, die man privat sein lässt. Ich ziehe da auch eine | |
klare Grenze. Spannend finde ich, dass man anhand von privaten Erlebnissen, | |
Begebenheiten und Situationen manchmal auch gesellschaftliche Debatten | |
führen kann. Politikerinnen leben ja nicht auf dem Mond, sondern sind Teil | |
dieser Welt. Deshalb lässt sich die öffentliche Positionierung und das | |
private Erleben nur schwer völlig voneinander trennen. | |
Sehen Sie in diesem Punkt Unterschiede zwischen den Geschlechtern? | |
Ich weiß nicht, ob man das so pauschal sagen kann. Aber es ist schon so, | |
dass Frauen viel stärker mit ihrer Rolle im Privaten konfrontiert werden. | |
Das habe ich gerade selbst erlebt. Dann steht man vor der Entscheidung, | |
lasse ich mich darauf ein und nutze ich das als Möglichkeit, um eine | |
Debatte – in meinem Fall über Rollenverständnis und Vereinbarkeitsmodelle �… | |
zu führen, oder blockt man da total ab und sagt, das hat nichts mit der | |
Person zu tun, die ich in der Öffentlichkeit darstelle. Ich habe mich für | |
den Weg entschieden, ein paar Einblicke in mein privates Leben zuzulassen, | |
sofern es um Erfahrungen geht, die meinen Blick auf unsere Stadt und unser | |
Zusammenleben verändert haben. | |
Müssen Frauen heute mehr leisten? | |
Ich denke, dass sie immer schon viel geleistet haben in ihren | |
unterschiedlichen Aufgaben. Aber seit sie vor der Herausforderung stehen, | |
Erwerbsarbeit und Familie unter einen Hut zu bringen, hat der Druck | |
zweifellos zugenommen. Frauen rechtfertigen sich eher für bestimmte Dinge, | |
die sie machen oder eben nicht machen. Bei einem Mann sagt keiner: Oh, der | |
ist erst vor wenigen Wochen Vater geworden. Da wird das nicht thematisiert. | |
Als Frau ist man stärker unter Rechtfertigungsdruck. | |
Sie kommen gerade aus der Elternzeit zurück. Und schon dreht sich alles um | |
den Zweikampf zwischen Ihrer Partei und der SPD. Laut aktueller Umfragen | |
liegen die Grünen bei 22 Prozent und die Sozialdemokraten nur noch bei 31 | |
Prozent. Die CDU wirkt bedeutungslos. Wird die SPD ihre nächste | |
Juniorpartnerin? | |
Wann wer wo Juniorpartner wird, das steht noch in den Sternen. Wir freuen | |
uns wirklich sehr über den Aufwind, den die Grünen gerade haben – sowohl im | |
Bund als auch in Hamburg. Das sehen wir als Bestätigung einer klaren Linie. | |
Ich glaube, viele wissen, woran sie sind bei uns. Das ist ganz wichtig, man | |
muss nicht immer übereinstimmen, mit dem, was wir sagen, aber wir haben | |
eine Klarheit. Die politische Debatte orientiert sich derzeit stark an | |
Werten. Wir stehen für Weltoffenheit, Solidarität und Mitmenschlichkeit. | |
Nicht zuletzt besetzen wir Themen wie die Menschheitsaufgabe Klimaschutz, | |
die zeitgemäß sind und viele Gemüter bewegen. | |
Wie viel dieses Aufwinds verbuchen Sie auf das Konto der Hamburger Grünen, | |
wie viel auf das der Großwetterlage? | |
Das ist eine gute Frage, die ich nicht klar beantworten kann. Sicherlich | |
ist der Bundestrend von Vorteil. Ich habe auch schon Zeiten erlebt, wo wir | |
in den Abgrund geblickt haben. Ich weiß also, wie sich das anfühlt, wenn | |
man vor Ort strampelt, aber die Partei in der Stimmungslage einfach nicht | |
wohl gelitten ist. Rückenwind ist sicherlich von Vorteil. Auf der anderen | |
Seite sind Hamburgwahlen auch Hamburgwahlen. Und wir sehen an Umfragen wie | |
Wahlergebnissen, dass die Hamburgerinnen und Hamburger da auch klar | |
unterscheiden. | |
Jetzt werden Sie ja als Anwärterin zur Bürgermeisterin gehandelt. Wie haben | |
Sie das geschafft, aus einem ja recht unscheinbaren Ressort wie der | |
Wissenschaft heraus? | |
Ich denke, ich habe in meinen beiden Ämtern als Wissenschaftssenatorin und | |
Zweite Bürgermeisterin einen eigenen erkennbaren Stil entwickelt und | |
Wissenschaftspolitik als Teil einer Modernisierungstrategie für ganz | |
Hamburg vermittelt – mit den Grünen zusammen. Damit sind wir gemeinsam ganz | |
erfolgreich gewesen, und deshalb haben wir als Partei im letzten Sommer | |
sehr früh und klar entschieden, dass ich die Grünen als Spitzenkandidatin | |
in die nächste Bürgerschaftswahl führe. | |
Würden die Bürger*innen, wenn die Grünen mehr Prozente bekommen, auch mehr | |
grüne Politik bekommen oder Sie nur mehr Posten? | |
Ich bin ja schon ganz lange der Auffassung, dass grüne Themen keine | |
Nischenthemen sind. Das Thema Klimawandel habe ich eben schon angesprochen. | |
Wenn wir uns angucken, welche Bedeutung die Verkehrswende in Hamburg hat, | |
wie sozialer Zusammenhalt neu organisiert werden muss und wie wir den | |
Sprung von einer traditionellen Handels- und Hafenstadt zu einer | |
Wissenschafts- und Innovationsmetropole schaffen wollen, dann sind das die | |
entscheidenden Zukunftsthemen der Stadt. Themen, die wir schon immer auf | |
unserer grünen Agenda hatten, die jetzt aber anschlussfähiger werden. | |
Das Motto der nächsten klimabewegten Schüler*innen-Demo in Hamburg ist | |
Verkehrswende statt Weltenende – und auch der BUND hat kürzlich gesagt, | |
dass Hamburg die Stadtbahn einführen solle. Sind die Grünen auch dafür? | |
Die Stadtbahn bleibt eine kluge verkehrspolitische Vision. Es war ein | |
großer Fehler, dass sie vor einigen Jahren aus ideologischen und taktischen | |
Gründen aus dem Gesamtkonzept einer Hamburger Verkehrswende herausgenommen | |
wurde. Die Weichen sind anders gestellt worden, wir haben uns da auch in | |
den letzten Koalitionsverhandlungen mit der SPD die Köpfe eingerannt. Es | |
macht keinen Sinn, die Uhr jetzt wieder ein Jahrzehnt zurückzudrehen. Wir | |
werden den U-Bahn-Bau auch als Grüne weiter vorantreiben und auf den | |
massiven Ausbau und Taktverdichtung des ÖPNV setzen, um einen Anreiz zu | |
schaffen, auf das Auto zu verzichten. Was niemand erwarten muss, ist, dass | |
wir die Stadtbahn-Pläne von 2011 wieder aus der Schublade ziehen. Was jeder | |
erwarten kann, ist, dass wir auch in Zukunft die Stadtbahn als eine | |
interessante Option prüfen werden, wenn es darum geht, neue | |
Verkehrsverbindungen in der Stadt zu entwickeln. | |
Bevor die Senatorin wurden, waren Sie Sozialpolitikerin und eines Ihrer | |
Steckenpferde war das Thema Armutsbekämpfung. Den neuesten Zahlen zufolge | |
hat sich in Sachen Kinderarmut nicht so viel verbessert. | |
Das ist richtig. Das ist für mich und für die Grünen auch immer noch ein | |
wichtiges Thema. Ich finde, dass da erste wichtige Initiativen auch schon | |
greifen mit der kostenfreien Kita und dem flächendeckenden | |
Ganztagsschulangebot. Mein Ansatz ist immer, Institutionen und | |
Bildungseinrichtungen weiter zu stärken und so miteinander zu vernetzen, | |
dass sie jedes Kind dieser Stadt auffangen können. | |
Trauen Sie sich das Amt der Bürgermeisterin zu? | |
Ich traue mir die Verantwortung zu, die mir Hamburgerinnen und Hamburger | |
geben, sonst wäre ich nicht Spitzenkandidatin geworden. Und ich will, dass | |
keine Koalition in Hamburg an den Grünen vorbei gebildet werden kann, damit | |
wir weiter eine gestaltende Rolle spielen. | |
8 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Lena Kaiser | |
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