| # taz.de -- Wahl-Konsequenzen in Hamburg: Der grüne Umbau | |
| > In neun Monaten sind Bürgerschaftswahlen. Nach den Triumphen der Grünen | |
| > ist klar: Es ist mit einer neuen Regierung an der Elbe zu rechnen. | |
| Bild: Schon jetzt huldvoll: Ihre Hoheit Katharina I. beliebt zu sprechen | |
| Hamburg taz | Ein Umbau zeichnet sich ab in der Hamburger Politik. Nach dem | |
| Debakel für die SPD und dem Triumphzug der Grünen bei den Europa- und den | |
| Bezirkswahlen am Sonntag fällt die herablassende Bemerkung des damaligen | |
| SPD-Bürgermeisters Olaf Scholz über einen „grünen Anbau“ bei den | |
| Koalitionsverhandlungen 2015 nun seinem Nachfolger Peter Tschentscher auf | |
| die Füße. Mit zwei Konsequenzen: Die SPD verliert massiv an Macht, | |
| Bedeutung und Einfluss, und die Grünen haben ab sofort mit Katharina | |
| Fegebank keine Spitzenkandidatin mehr, sondern die Favoritin auf das Amt | |
| der Ersten Bürgermeisterin. | |
| Denn nach der Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 steht der SPD ein | |
| Schicksal als Juniorpartner der Grünen bevor. Und sollten die Roten dafür | |
| zu arrogant sein, dürfen sie sich in der Opposition zu einem grün-schwarzen | |
| Senat zu regenerieren versuchen. Für die Hamburger SPD gilt das Gleiche wie | |
| für den Hamburger SV: Weg mit den alten Zöpfen, ordentlich durchlüften und | |
| völlig neu anfangen. | |
| Deshalb wird der 26. Mai 2019 im Nachhinein als der Tag erinnert werden, an | |
| dem die selbsternannte „Hamburg-Partei“ SPD in ihrem 57. Regierungsjahr die | |
| Stadt verlor, die sie für ihr Eigentum hielt. In schwindelerregendem Tempo | |
| hat sich die Partei, die vor vier Jahren noch von mehr als 45 Prozent der | |
| HamburgerInnen gewählt worden war, in etwa halbiert: Keine 20 Prozent bei | |
| der Europawahl, nur noch etwa 24 Prozent bei der Bezirkswahl samt Verlust | |
| der Spitzenposition in Altona, Eimsbüttel, Nord und Mitte. So sehen | |
| politische Erdbeben aus. | |
| Die Grünen genießen ihren Erfolg indes still und clever. Oft genug haben | |
| sie die Erfahrung gemacht, dass imposanten Vorhersagen enttäuschende | |
| Ergebnisse folgten. Zum ersten Mal haben sie in Hamburg selbst ihre | |
| kühnsten Erwartungen übertroffen. Und das ist kein Anlass für | |
| Großkotzigkeit, sondern für Nachhaltigkeit. „Cool bleiben, weiterarbeiten“ | |
| lautet denn auch die Parole, die Fegebank ausgibt. | |
| ## In Altona zeichnet sich Grün-Schwarz ab | |
| Zumal die Grünen kein Interesse haben an einer noch mehr geschwächten, aber | |
| an einer domestizierten SPD. Sollte es bei der Bürgerschaftswahl in neun | |
| Monaten so kommen, wie es sich aus heutiger Sicht abzeichnet, benötigen sie | |
| einen verlässlichen Juniorpartner, keinen demoralisierten. Und dafür kommt | |
| noch immer als Erste die SPD infrage, nicht die CDU. | |
| Deshalb dürfen kurzfristig in den Bezirken keine sinnlosen Konflikte | |
| provoziert werden. In Altona zeichnet sich Grün-Schwarz ab – das ist keine | |
| Überraschung – und eine grüne Bezirksamtsleiterin. Das Gleiche in Nord, wo | |
| die SPD sich mit der Freikarten-Affäre selbst diskreditiert hat und als | |
| Koalitionspartner nicht ernsthaft infrage kommen kann. In beiden Bezirken | |
| müssen die Amtsleiterposten ohnehin neu besetzt werden. | |
| In Eimsbüttel und Mitte sollten aus rot-grünen nun grün-rote Bündnisse | |
| werden; für weitgehende inhaltliche Zugeständnisse werden die | |
| Sozialdemokraten ihre beiden Bezirkschefs für den Rest ihrer Amtszeiten | |
| behalten dürfen. Danach wird man weitersehen. | |
| In den drei Bezirken, in denen die SPD weiterhin vor den Grünen liegt, | |
| werden sich rot-grüne Koalitionen oder zumindest Kooperationen finden | |
| lassen – dann aber gleichberechtigt, denn für rote Überlegenheitsallüren | |
| gibt es in Wandsbek, Bergedorf und Harburg wahrlich keine Gründe. | |
| Und auch für den Senat und die Koalition in der Bürgerschaft gilt es, | |
| friedlich zu bleiben. Sich jetzt in Einzelfragen zu fetzen, sorgt nicht für | |
| politisches Profil, sondern für Verdruss bei den WählerInnen. Konstruktiv | |
| zu Ende regieren, lautet die Lehre aus dem doppelten Urnengang am Sonntag. | |
| Dass in neun Monaten eine neue Regierung das Licht des Stadtstaates an der | |
| Elbe erblicken wird, wissen jetzt eh alle. | |
| 29 May 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven-Michael Veit | |
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