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# taz.de -- Katalonien-Krise: Rajoy droht mit Entmachtung
> Hat Barcelona die Unabhängigkeit Kataloniens erklärt oder nicht? Rajoy
> verlangt Klarheit – und aktiviert den Artikel 155 der spanischen
> Verfassung.
Bild: Muss reagieren, weiß aber noch nicht genau worauf: Spaniens Regierungsch…
Barcelona taz | Spaniens Regierung hat den Artikel 155 der spanischen
Verfassung aktiviert. Der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy
teilte in einer institutionellen Erklärung vor der Presse am Mittwochmittag
mit, dass die spanische Regierung die Autonomieregierung Kataloniens
förmlich zu einer Klarstellung aufgefordert habe: Hat der katalanische
Präsident Carles Puigdemont bei seiner [1][Ansprache am Dienstagabend] die
Unabhängigkeit der Region erklärt oder nicht?
In der Antwort, die der Regionalchef auf diese Anfrage gibt, werde sich
abzeichnen, was in den nächsten Tagen passiert, so Rajoy nach einer
Kabinettssitzung am Mittwoch. Damit drohte er mit der Aussetzung der
Autonomiebefugnisse in Katalonien, wie dies der Artikel 155 der Verfassung
für rebellische Regionen vorsieht.
Fragen der anwesenden Journalisten wurden nicht zugelassen. Je nach Antwort
könnte Madrid alle Institutionen in der nord-ost-spanischen Region selbst
übernehmen und die derzeitige katalanische Regierung gar verhaften lassen.
Puigdemont hat für die Antwort – so die gängige Interpretation des Artikel
155 – fünf Tage Zeit.
Rajoy, der heute Nachmittag vor das spanische Parlament treten wird, wirbt
seit Ende der Ansprache Puigdemonts bei der sozialistischen PSOE und bei
den rechtsliberalen Ciudadanos um Unterstützung für mögliche harte
Maßnahmen.
Der sozialistische Generalsekretär Pedro Sánchez, der am Dienstag bis um
ein Uhr nachts im Regierungspalast Moncloa weilte, untestützte Rajoys
Vorgehen, damit „Puigdemont schwarz auf weiß aufschreibt, was er erklärt
hat“.
Ciudadanos, mit deren Chef Albert Rivera der Ministerpräsident zwei mal
lange telefonierte, besteht seit Tagen auf der Aussetzung der Autonomie
Kataloniens mittels Artikel 155, um dann Neuwahlen in Katalonien
auszurufen.
## Iglesias will die Katalanen „verführen“
Nur Unidos Podemos fordert einen Dialog ohne Vorbedingungen statt erneute
Machtdemonstrationen. Der Chef der Linksalternativen, Pablo Iglesias, lobte
Puigdemont für seine Besonnenheit. Es gehe jetzt darum, im Dialog „die
Katalanen zu verführen“. Für ihn ist Spanien „plurinational“, ein „La…
Länder“. Die Verfassung von 1978 müsse dahingehend reformiert werden.
Die Debatte vor dem spanischen Parlament am Nachmittag verspricht hitzig zu
werden. Nach der Ansprache von Puigdemont hat nicht nur Rajoy Zweifel, was
Puigdemont denn nun erklärt hat, als er auf der einen Seite „das Mandat des
Volkes“ annahm, „dass Katalonien in Form einer Republik ein unabhängiger
Staat wird“, um dann zu beantragen, „dass das Parlament die Auswirkungen
der Unabhängigkeitserklärung aussetzt“, um dem Dialog eine Chance zu geben.
Politiker aller Parteien und die Teilnehmer an den politischen Talkshows
streiten sich darüber, ob es denn nun eine Unabhängigkeitserklärung war
oder nicht.
## Unabhängigkeitserklärung nicht beim Parlament eingereicht
Das Verwirrspiel ist noch komplizierter. Denn nach der Ansprache
Puigdemonts unterzeichneten 72 Abgeordnete des Autonomieparlaments eine
Erklärung, in der sie keinen Zweifel an ihrem Willen ließen, eine
Katalanische Republik aufzubauen. „Wir konstituieren die katalanische
Republik als unabhängigen und souveränen, sozialen, demokratischen
Rechtsstaat. Wir ordnen das Inkrafttreten des Gesetzes zum juristischen und
funktionalen Übergang der Republik an“, heißt es in dem Dokument unter
Berufung auf das [2][vom spanischen Verfassungsgericht suspendierte
Gesetzeswerk] sowie das [3][Gesetz zur Volksabstimmung] am 1. Oktober.
Diese Erklärung bleibt unwirksam, da Puigdemont selbst in seiner Rede die
Aussetzung beantragte, um dem Dialog eine Chance zu geben. Außerdem wurde
die unterzeichnete Erklärung nicht offiziell beim Parlament eingereicht.
„Farce und Erpressung“ titelt die spanische Tageszeitung El Mundo. „Eine
weitere Falle“, lautet die Überschrift des Leitartikels der El País. Die
größte Tageszeitung des Landes spricht von „einem Ultimatum, das die
Regierung auf keinen Fall akzeptieren kann.“ Ganz anders das wichtigste
Blatt in Katalonien, La Vanguardia. „Das einzige, was sicher ist: Es gab
keine einseitige Unabhängigkeitserklärung. Die Abenteurer, die dem
Präsident (Puigdemont) ins Ohr flüsterten, haben nicht triumphiert“,
schreibt der Kolumnist Enric Juliana.
Auch wenn das Dokument, solange es nicht offiziell beim katalanischen
Parlament eingereicht wurde, keine juristische Gültigkeit hat, dient es
durchaus als Drohkulisse. So kündigte der Sprecher der katalanischen
Regierung Jordi Turull vor Rajoys Auftritt an: „Wenn Sie den Artikel 155
anwenden, werden wir konsequent sein.“
11 Oct 2017
## LINKS
[1] /Rede-von-Puigdemont-im-Parlament/!5454095
[2] /Spanische-Region-Katalonien/!5446569
[3] /Kataloniens-Unabhaengigkeitsreferendum/!5442998
## AUTOREN
Reiner Wandler
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