# taz.de -- Kommentar Streit um Katalonien: Mehr Macht für die Regionen | |
> Spaniens Ministerpräsident droht und beschwichtigt. Besser wäre, er | |
> schwächte die Separatisten in Katalonien mit mehr Mitsprache und mehr | |
> Geld. | |
Bild: Bleibt gefordert: Mariano Rajoy | |
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hat auf die | |
Pseudounabhängigkeitserklärung der katalanischen Regionalregierung | |
[1][geschickter reagiert als befürchtet]. Doch nun muss er den Separatisten | |
in Katalonien durch mehr Mitspracherechte und teils mehr Geld für die | |
Regionen den Nährboden entziehen. | |
Rajoy hätte gemäß Artikel 155 der Verfassung schon lange die Führung in | |
Barcelona entmachten können, da sie gegen das Verbot der Abspaltung und | |
andere Gesetze verstößt. Solche Zwangsmaßnahmen gegen eine abtrünnige | |
Regionalregierung sieht auch das deutsche Grundgesetz vor. Sie hätten aber | |
von vielen Katalanen als Demütigung empfunden werden können, was den | |
Separatisten noch mehr Zulauf verschafft hätte. | |
Stattdessen fragt Rajoy erst einmal offiziell die katalanische Regierung, | |
ob sie die Unabhängigkeit ausgerufen hat oder nicht. Der katalanische | |
Regierungssprecher Jordi Turull hat am Mittwoch – korrekterweise – gesagt, | |
dass eine offizielle Unabhängigkeitserklärung durch das Regionalparlament | |
erfolgen müsse, was aber nicht der Fall gewesen sei. Wenn Barcelona das | |
Madrid nun auch schriftlich gibt, ist die riskante Entmachtung der | |
Regionalregierung vorerst vom Tisch. | |
Doch so ist der Konflikt noch nicht gelöst. Die Steuereinnahmen müssen | |
endlich transparenter und gerechter auf die 17 autonomen Regionen Spaniens | |
verteilt werden. Bisher erhält etwa das Baskenland viel mehr vom | |
Zentralstaat als die Katalanen – eine willkürliche Entscheidung. | |
Es muss transparenter geregelt werden, wie viel der Staat beispielsweise in | |
Katalonien etwa in Eisenbahnstrecken und Autobahnen investiert. Der Senat, | |
die zweite Kammer des spanischen Parlaments, muss zu einem echten Vertreter | |
der Regionen werden und mehr Macht bekommen. Das sind berechtigte | |
Forderungen, deretwegen viele Katalanen für die Unabhängigkeit sind. | |
Ein von Madrid genehmigtes Referendum dagegen wäre gefährlich. Denn es | |
würde, unabhängig vom Abstimmungsergebnis, den Verlauf der Grenzen in der | |
EU infrage stellen. Das würde in vielen Regionen nationalistischen Gefühlen | |
Auftrieb verleihen und zu weiteren, möglicherweise gewaltsamen Konflikten | |
führen. | |
Ein wirklich faires Referendum müsste auch in ganz Spanien stattfinden, | |
denn die Madrilenen etwa verlören durch die Unabhängigkeit Kataloniens das | |
Recht, in Barcelona wie Inländer behandelt zu werden. Zudem wäre eine | |
Zweidrittelmehrheit nötig, um so eine fundamentale Entscheidung zu treffen. | |
Aber so hohe Hürden würden die Separatisten nicht akzeptieren. | |
11 Oct 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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