# taz.de -- Führung der katalanischen Bewegung: Ab in den Knast | |
> Der Streit zwischen Spanien und Katalonien spitzt sich weiter zu: Ein | |
> spanischer Richter lässt zwei katalanische Aktivisten verhaften. | |
Bild: Die beiden Jordis auf dem Weg zum Gericht: Cuixart (l.) und Sànchez | |
MADRID taz | Der spanische Sondergerichtshof für Bandenkriminalität, Terror | |
und Finanzdelikte, die Audiencia Nacional, verhängte am Montagabend U-Haft | |
ohne Kaution gegen die beiden Führer der katalanischen | |
Unabhängigkeitsbewegung, Jordi Sànchez von der Katalanischen | |
Nationalversammlung (ANC) und Jordi Cuixart von der Kulturorganisation | |
Òmnium. Sie sollen sich des „Aufstands“ schuldig gemacht haben. | |
Der Grund: Die beiden Organisationen, die das Rückgrat der katalanischen | |
Unabhängigkeitsbewegung stellen und seit Jahren immer wieder | |
Hunderttausende auf die Straße mobilisieren, riefen zu Protesten am 20. | |
September diesen Jahres, als die paramilitärische Guardia Civil mehrere | |
Büros der Autonomieregierung Generalitat durchsuchte und 12 hohe | |
Regierungsvertreter wegen Vorbereitung der Volksabstimmung über die | |
Unabhängigkeit am 1. Oktober festnahm. | |
Die größte Protestaktion fand vor dem Gebäude des katalanischen | |
Finanzministeriums statt. Die Beamten der Guardia Civil mussten die Nacht | |
über bleiben, bis sie endlich am Morgen das Gebäude verlassen konnten. Ihre | |
davor geparkten Geländefahrzeuge wurden über und über mit Aufklebern | |
verziert. All das wertet Ermittlungsrichterin Carmen Lamela auf Antrag der | |
Staatsanwaltschaft als „Aufstand“. | |
Sànchez und Cuixart seinen „die prinzipiellen Anstifter und Führer“ dieser | |
Aktion gewesen. Sie hätten gar versucht, mit de Guardia Civil zu | |
verhandeln, heißt es in der Begründung des Haftbefehl. ANC und Òmnium | |
hatten um Mitternacht die Protestaktion für beendet erklärt, obwohl | |
anschließend eine große Menschenmenge weiter ausharrte. Wären Sànchez und | |
Cuixart auf freiem Fuß geblieben, hätten sie „Beweise vernichten“ und ihr | |
Vergehen „wiederholen“ können, heißt es im Haftbefehl. | |
Wenige Stunden zuvor hatte die selbe Richterin den Chef der katalanischen | |
Polizei Mossos d'Esquadra Josep Lluis Trapero auf freiem Fuß gelassen. Auch | |
gegen ihn wird wegen Aufstand ermittelt. Die Staatsanwaltschaft wollte auch | |
Trapero hinter Gittern sehen. Doch Richterin Lamela behielt nur den | |
Reisepass ein und verhängte eine regelmäßige Meldepflicht. | |
## „Sie wollen Ideen einsperren“ | |
Die Reaktionen auf die Verhaftung „der zwei Jordis“, wie Sànchez und | |
Cuixart in Katalonien genannt werden, ließen nicht auf sich warten. „Sie | |
wollen Ideen einsperren, aber sie stärken damit die Notwendigkeit der | |
Freiheit“, twitterte der Regierungschef der katalanischen | |
Autonomieregierung Generalitat, Carles Puigdemont. | |
„Wir wollen reden, uns zum Dialog setzen und die PP antwortet, mittels | |
Staatsanwaltschaft mit U-Haft ohne Kaution“, beschuldigte Vize-Präsident | |
Oriol Junqueras die Regierung der konservativen Partido Popular (PP) unter | |
Ministerpräsaident Mariano Rajoy, die Justiz zu instrumentalisieren. In | |
Spanien untersteht die Staatsanwaltschaft direkt dem Justizministerium. | |
Überall in Katalonien schlugen die Menschen einmal mehr auf Kochtöpfe, um | |
mit diesem Lärm gegen die Repression zu demonstrieren. In mehreren Städten | |
kam es zu spontanen Protestkundgebungen. Für Dienstag ist eine | |
Großkundgebung in Barcelona angekündigt. Für die Protestierenden sind | |
Sànchez und Cuixart politische Gefangene. | |
Besonderes Aufsehen erregt der Fall des Òmnium-Chefs. Seine Organisation | |
wurde 1961 unter der Franco-Diktatur gegründet, um die katalanische Kultur | |
zu fördern. Sie wurde mehrmals verboten, doch anders als Cuixart machten | |
die Gründer nie Bekanntschaft mit dem Gefängnis. | |
Während die hauptstädtische Presse Richterin Lamela lobt, wird sie in den | |
katalanischen Tageszeitungen scharf kritisiert. So schreibt die einst | |
linksliberale Tageszeitung El País: „Das Gesetz schwer zu verletzen ist in | |
einem demokratischen Staat nicht kostenlos.“ Die älteste Tageszeitung | |
Spaniens, La Vanguardia aus Barcelona, sieht in der Verhaftung hingegen | |
„eine schlechte Nachricht“ und „eine neues, nicht angebrachtes und | |
besorgniserregendes Element, das den Konflikt verschärft.“ | |
17 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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