# taz.de -- Homosexualität in Afrika: Queer in Kenia | |
> Erst ein prominentes Outing, nun ein Buch über Schwule und Lesben – | |
> Homosexuelle in Kenia hoffen, Dinge zu verändern. Sex aber bleibt | |
> verboten. | |
Bild: Für legalen gleichgeschlechtlichen Sex: Aktivisten in Nairobi | |
NAIROBI taz | Seit Anfang des Jahres ist die Homosexuellenbewegung in Kenia | |
im Aufwind. Erst outete sich der berühmte kenianische Schriftsteller | |
Binyavanga Wainaina als schwul. Und jetzt ist ein Buch erschienen mit | |
Geschichten über und Briefen und Gedichten von schwulen Männern und | |
lesbischen Frauen in Kenia. Homosexualität an sich ist in Kenia nicht | |
verboten, gleichgeschlechtlicher Sex aber kann mit bis zu 14 Jahren | |
Gefängnis bestraft werden. | |
Kevin Mwachiro, Autor des Buches „Invisible: Stories from Kenya’s queer | |
community“, hofft, etwas gegen die Unwissenheit tun zu können und Schwulen | |
und Lesben das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein. | |
„Es ist eine sehr einsame Zeit, bevor man wagt, sich öffentlich zu outen. | |
So habe ich das erlebt. Aber nach all den Geschichten, die ich in den | |
vergangenen zwei Jahren gehört habe, merke ich, wie glatt es eigentlich für | |
mich lief“, sagt der 40-jährige Schwulenaktivist und Journalist. | |
Das Buch wurde von der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Goethe-Institut und der | |
deutschen und niederländischen Botschaft unterstützt. Die Idee entstand vor | |
drei Jahren während des ersten schwulen Filmfestivals in Kenia. Mwachiro, | |
der an der Organisation beteiligt war, spürte, dass auch homosexuelle | |
Lebensgeschichten und Erfahrungen im eigenen Land auf großes Interesse | |
stoßen würden. | |
Er brauchte zwei Jahre, um die Geschichten zu sammeln und zu schreiben. „Es | |
war nicht schwierig, Geschichten von Schwulen in der Hauptstadt Nairobi zu | |
finden. In den konservativen ländlichen Gebieten war das viel | |
komplizierter. Aber jetzt weiß ich, dass es Schwule in allen Ecken des | |
Landes gibt“, sagt er, während er in einem populären Café in Nairobi an | |
einem Plätzchen knabbert. | |
## Angst vor Übergriffen | |
Seit der Verfassung von 2010 haben Schwule in Kenia mehr Freiheiten. Vor | |
allem in den Städten können sie sich ungestört an öffentlichen Plätzen | |
treffen, ohne dass jemand sie belästigt. Trotzdem kritisiert Mwachiro | |
Kenias Regierung: „Wenn es um Sex geht, steckt der Gesetzgeber den Kopf in | |
den Sand.“ Dass Homosexualität an sich nicht strafbar ist, hilft da wenig. | |
Seine Familie, Freunde und Kollegen wissen schon seit langem von seiner | |
sexuellen Orientierung. Früher hat er für die BBC gearbeitet, heute ist er | |
für eine niederländische Entwicklungsorganisation tätig und kann im Job | |
offen und ohne Hemmungen erzählen, wie sein Wochenende war. | |
Nach dem Erscheinen seines Buches hat er Zeitungen und Fernsehsendern | |
Interviews gegeben, sein Gesicht ist bekannt. Das hat ihn verunsichert. | |
„Über die Behörden mache ich mir keine Sorgen, aber Homophobie gibt es in | |
Kenia noch immer. Ich habe meinen Tagesablauf ein wenig verändert und nehme | |
ab und zu alternative Routen von zu Hause ins Büro.“ | |
## Keine Mietverträge mit Homosexuellen | |
In 31 Ländern Afrikas südlich der Sahara ist gleichgeschlechtlicher Sex | |
verboten. Die Strafen reichen von Gefängnishaft bis zur Todesstrafe in | |
Mauretanien, Sudan und nach islamischem Recht in den nördlichen | |
Bundesstaaten Nigerias. In Südafrika sind die Rechte von Schwulen und | |
Lesben in der Verfassung verankert. Mosambik und Botswana haben jede Form | |
von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verboten. | |
In Nigeria hingegen ist Anfang dieses Jahres das Anti-Homosexuellen-Gesetz | |
verschärft worden. Jetzt gilt es sogar als Straftat, Schwulen | |
Dienstleistungen anzubieten – man darf ihnen kein Haus vermieten, und sogar | |
die Ausstellung eines Rezepts für einen schwulen Mann kann strafbar sein. | |
In Kamerun, wo homosexuelle Männer regelmäßig im Gefängnis verschwinden, | |
starb ein Schwuler kurz nach seiner Entlassung: Er war in der Haft erkrankt | |
und hatte keinerlei medizinische Hilfe bekommen. Sein Verbrechen hatte | |
darin bestanden, einem anderen Mann per SMS seine Liebe zu erklären. | |
In Uganda weigert sich der Präsident zwar, ein sehr radikales | |
Anti-Homosexuellen-Gesetz zu unterzeichnen, höchstwahrscheinlich aber nur | |
aus Angst vor einer Kürzung westlicher Entwicklungsgelder. Das ugandische | |
Parlament scheint weiterhin entschlossen, Homosexualität per Gesetz zu | |
beseitigen. | |
20 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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