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# taz.de -- Homophobie in Russland: Alles Queere sitzt dem Kreml quer
> Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten passt nicht ins Bild von
> Wladimir Putins konservativem Russland. Ein Blick auf die
> LGBTQ-Community.
Bild: Polizisten nehmen die Teilnehmerin einer LGBTQ-Demo am 17. Mai 2019 in Sa…
Mit dem Ende der Sowjetunion war es auch mit der [1][Verfolgung von
Homosexualität in den meisten Nachfolgestaaten] der UdSSR vorbei. In dieser
wurden gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Männern seit 1934 mit bis
zu fünf Jahren Haft bestraft.
Im Jahr 1991 schafften die Ukraine, 1992 Lettland und Estland, 1993 Litauen
und Russland, 1994 Belarus die Strafbarkeit der Homosexualität ab. In
Russland entstand eine kleine, aber lebendige LGBTQ-Community. Die 90er
Jahre waren eine Blütezeit der russischen LGBTQ-Community, es entstanden
Zeitschriften wie Queer und Aids-Hilfen. 2006 wurde das russlandweite
LGBT-Netz gegründet, im selben Jahr gab es den ersten Gay-Pride-Marsch in
Moskau. Alle weiteren Versuche von [2][Gay-Pride]-Märschen scheiterten
indes an Behörden und Gegendemonstranten.
Im vergangenen Jahrzehnt wehte der russischen LGBTQ-Bewegung ein härterer
Wind entgegen. Das Putin’sche Russland wollte sich abgrenzen von „Gayropa�…
das auf die Vernichtung traditioneller russischer Werte abziele. Toleranz
gegenüber sexuellen Minderheiten passte nicht mehr ins Bild eines
konservativen, antiwestlichen Russlands.
Im Jahr 2013 wurde per Gesetz „Propaganda nicht traditioneller sexueller
Beziehungen“ verboten. Nachdem 2012 per Gesetz unliebsame Organisationen zu
„ausländischen Agenten“ erklärt werden konnten, ist das russische
LGBT-Netzwerk zum „ausländischen Agenten“ erklärt worden. Andere
LGBTQ-Organisationen haben sich aufgelöst, wollten sie doch die mit diesem
Begriff verbundene Stigmatisierung vermeiden. Auch die im Juli 2020
verabschiedete Verfassungsreform schreibt ein konservatives Familienbild,
die „Ehe als Vereinigung von Mann und Frau“, fest.
## Besonders tragisch: die Lage in Tschetschenien
Wenn es um sexuelle Minderheiten geht, braucht sich die russische Regierung
nicht vor großem Widerstand in der Bevölkerung zu fürchten. Über die Hälfte
der Bevölkerung, so das Levada-Institut, verhalte sich ablehnend gegenüber
sexuellen Minderheiten.
Beamte, die im Dienst Angehörige sexueller Minderheiten diskriminieren,
können dies ohne Furcht vor Strafe tun. Zu einem Zeitpunkt, als sie noch
„männlich“ im Pass stehen hatte, sei sie bei der Musterung als „Päderas…
und „Perversling“ beschimpft worden, berichtet die Moskauer Transfrau Anna
der taz. Mitte April hatten Moskauer Behörden ein Filmfestival zur
Unterstützung der LGBTQ-Bewegung verboten, seit März 2019 wird Yulia
Tsvetkova wegen ihres Eintretens für die Rechte von Frauen und LGBTI in
ihrer Heimatstadt Komsomolsk-na-Amure strafrechtlich verfolgt und
schikaniert. Sie verbrachte fast vier Monate unter Hausarrest.
Besonders tragisch ist die Lage in Tschetschenien. Seit Februar sind Salech
Magamadow (20) und Ismail Isajew (18) in einem tschetschenischen Gefängnis.
Beide werden vom russischen LGBT-Netzwerk betreut und sind gefoltert
worden.
Im Juli 2020 waren sie von Tschetschenien nach Nischnij Nowgorod geflohen.
Doch von dort waren sie im Februar verhaftet und in ein tschetschenisches
Gefängnis gebracht worden. Am 23. März hatte die tschetschenische Polizei
23 Verwandte der beiden festgenommen. Kurz nach diesen „Gesprächen“
fürchtet das Russische LGBT-Netz nun erneut um ihr Leben. Dieses Mal drohe
ein „Ehrenmord“ durch Verwandte, die sich von dem Ruch, etwas mit
Homosexualität zu tun zu haben, befreien wollten.
Auch in anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion weht der LGBTQ-Community
ein härterer Wind entgegen. Zehntausend Menschen haben am Samstag in der
litauischen Hauptstadt gegen einen Gesetzentwurf zur Einführung
eingetragener Partnerschaften für Lesben und Schwule demonstriert. In der
Ukraine können Veranstaltungen sexueller Minderheiten nur mit starkem
Polizeischutz durchgeführt werden.
Am heutigen Montag halten Mitglieder von Quarteera e. V., einer
Organisation russischsprachiger Lesben, Schwuler, Bisexueller,
Trans*-Personen und ihrer Freunde in Deutschland und Amnesty International
in Berlin eine Mahnwache für Salekh Magamadov, Ismail Isaev und Yulia
Tswetkowa ab.
17 May 2021
## LINKS
[1] /Homophobe-Politik-in-Osteuropa/!5763321
[2] /Aktion-liebegewinnt-in-der-Kirche/!5765786
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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