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# taz.de -- Grüne diskutieren Klimaschutz: Parteitag lehnt härtere Linie ab
> Der Kampf gegen die Erderwärmung ist ein grünes Herzensthema. Mehrere
> Vorstöße für eine Verschärfungen des Programms lehnen die Delegierten
> jedoch ab.
Bild: Ambitionierte Klimaziele dürften niemanden überfordern, erklärte Hofre…
Berlin dpa | Der Grünen-Parteitag hat mehrere Vorstöße für teils
weitreichende Verschärfungen des Klimaschutzprogramms mit deutlichen
Mehrheiten abgelehnt. So votierten die Delegierten gegen ein Tempolimit von
70 Stundenkilometern auf Landstraßen und ein Aus für neue Fahrzeuge mit
Verbrennungsmotor schon 2025. Im Vorfeld waren insbesondere im Klimabereich
heftige Diskussionen erwartet worden – der erste Tag der dreitägigen
Online-Delegiertenkonferenz endete sogar früher als geplant. Das lag aber
auch daran, dass es wenig technische Probleme gab.
Mit großer Mehrheit lehnte der Parteitag den Ruf nach einem Tempolimit auf
Landstraßen ab. Dem Gegenantrag zufolge sollte außerhalb geschlossener
Ortschaften ein generelles Tempolimit von 70 Kilometern pro Stunde greifen.
Stattdessen votierten die Delegierten für die vom Bundesvorstand
vorgeschlagene Obergrenze von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen,
ohne neue Vorgaben für Landstraßen. Auch eine Initiative, ab 2025 keine
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen, scheiterte klar. Eine
Mehrheit gab es für den Vorschlag des Vorstands, die Zulassung von
Verbrennern ab 2030 zu verbieten.
Auch ein Vorschlag zu einem noch höheren CO2-Preis wurde deutlich
abgeschmettert: Die Delegierten votierten am Freitagabend mit 473 Stimmen
gegen einen Antrag, der vorsah, den CO2-Preis auf Öl und Gas bereits im
kommenden Jahr auf 80 Euro zu erhöhen und danach jährlich um 15 Euro
steigen zu lassen. Der CO2-Preis soll den Verbrauch von fossilen
Brennstoffen verteuern – damit steigen auch die Preise für Sprit und zum
Beispiel Heizöl.
Zuspruch gab es für den Vorschlag des Bundesvorstands, den CO2-Preis ab
2023 auf 60 Euro zu erhöhen. Derzeit beträgt der CO2-Preis auf Öl und Gas,
der seit 1. Januar fällig ist, 25 Euro pro Tonne. Nach den aktuellen Plänen
der Bundesregierung soll er im Jahr 2025 55 Euro betragen.
## Die Mehrheit, die man brauche
Parteichef Robert Habeck hatte die Delegierten zuvor gewarnt, die
Preisschraube beim CO2-Preis zu sehr anzuziehen. „Wenn wir zu steil
einsteigen, dann verlieren wir das Projekt Energiewende und die Mehrheit,
die wir dafür brauchen“, sagte Habeck.
Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter beschwor den sozialen
Zusammenhalt. Ambitionierte Klimaziele dürften niemanden überfordern,
erklärte Hofreiter bei seiner Rede. Die Menschen hätten „berechtigte
Sorgen“, das gelte für Beschäftigte in der Automobilindustrie, aber auch
für andere Teile der Gesellschaft, etwa Mieterinnen und Mieter, sagte
Hofreiter. Es sei die Aufgabe seiner Partei, aufzuzeigen, „wer welche
Lasten“ trage. „Wir wollen ein sozial gerechteres Land“, erklärte
Hofreiter.
Zugleich bekannte er sich zum Ziel seiner Partei, „in 20 Jahren
klimaneutral werden“ zu wollen – und damit vier bis fünf Jahre früher, als
es die Bundesregierung vorhat. Das sei eine enorme Herausforderung, weil
das Land beim Klimaschutz „wahnsinnig viel Zeit verloren“ habe, betonte der
Fraktionschef.
Hofreiter erklärte, dass seine Partei den Menschen mit einem sogenannten
Energiegeld die Kosten für den CO2-Preis zurückgeben wolle. Außerdem solle
es Klimazuschüsse geben, damit sich die Menschen ein sauberes Auto leisten
könnten und eine Entlastung von Mietern beim CO2-Preis.
Noch bis Sonntag stimmen die Delegierten wegen der Corona-Pandemie digital
ab. Vor Ort in Berlin sind nur Bundesvorstand und Präsidium sowie die
Sitzungsleitung und einzelne Redner. Zu den Reden von Habeck und zu
Baerbocks Rede am Samstag wurden zudem je hundert Neumitglieder aus Berlin
eingeladen. Die Abstimmung über den Titel des Wahlprogramms wurde gleich zu
Beginn auf Sonntag vertagt. Der Vorstand hatte „Deutschland. Alles ist
drin“ vorgeschlagen – manche Delegierte wollen das Wort „Deutschland“
streichen.
Seit Mitte Mai belasten negative Schlagzeilen die Grünen: Zuerst wurde
bekannt, dass Baerbock Sonderzahlungen an den Bundestag nachmeldete. Dann
gab es Kritik, weil sie und ihre Partei mehrmals irreführende Angaben im
Lebenslauf von Barbock gerade rücken mussten. „Seit drei Wochen stehen wir
im Gegenwind“, sagte Habeck, der gemeinsam mit Baerbock das Spitzenduo für
den Wahlkampf bildet. Er versprach: „Wir werden die Fehler abstellen.“ Ihr
Motto sei: „Mit Gelassenheit und Stärke – durch dick und dünn.“
12 Jun 2021
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