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# taz.de -- Gesetz gegen Hass im Netz: Social-Media-Verbot für Hetzer
> Justizminister Marco Buschmann plant ein Gesetz gegen digitale Gewalt. Es
> soll Hassbetroffene auch vor anonymer Hetze in sozialen Medien schützen.
Bild: Schluss mit Hass: Betroffene sollen eine Sperrung von Hetz-Accounts erwir…
Wer massiv von Hass im Netz betroffen ist, soll künftig die Sperrung von
Hetz-Accounts durchsetzen können. Das plant [1][Justizminister Marco
Buschmann (FDP)]. An diesem Mittwoch hat er Eckpunkte für ein Gesetz zum
Schutz gegen „digitale Gewalt“ vorgelegt.
Zentraler Punkt des geplanten Gesetzes ist ein zivilrechtlicher Anspruch
gegen Telekomfirmen und Plattformbetreiber auf Sperrung von Hetz-Accounts.
Dabei müssen allerdings mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Eine
betroffene Person muss durch [2][den Hetz-Account] schwerwiegend in ihren
Persönlichkeitsrechten verletzt worden sein. Die bloße Löschung eines
beleidigenden Hassposts durch die Plattform-Moderation darf nicht genügen.
Die Accountsperrung wäre also vor allem dann möglich, wenn eine Hetzer:in
ihr Opfer immer wieder im Netz beleidigt oder verleumdet und deshalb eine
Wiederholungsgefahr besteht.
Ein solcher Anspruch würde damit erstmals gesetzlich normiert und soll
leicht handhabbar sein. So wäre eine Accountsperrung auch dann möglich,
wenn der reale Name der Inhaber:in nicht bekannt ist. Es genügt der Name
des Accounts, zum Beispiel „AdolfsFreundin88“. Die Zuständigkeit wäre
unabhängig vom Streitwert einheitlich beim Landgericht (und damit nicht bei
den kleineren Amtsgerichten). In offenkundigen Fällen könnte das
Landgericht eine einstweilige Anordnung erlassen. Die Accountsperrung
könnte damit binnen weniger Tage umgesetzt werden.
Buschmann betont, dass dadurch die gesellschaftliche Debatte in sozialen
Netzwerken nicht eingeschränkt werden soll. „Was heute geäußert werden
darf, darf auch künftig geäußert werden“, so der Justizminister. Auch
anonyme Äußerungen seien weiterhin gesetzlich zulässig. Es gehe nur um eine
verbesserte Durchsetzung der Rechte der Hassbetroffenen. Der Schutz vor
„digitaler Gewalt“ sei keine Gefahr für den freien Diskurs, sondern
schütze ihn.
## Mehr Auskunft über Hetzer
Dennoch hat Buschmann auch die Interessen derjenigen im Blick, deren
Account gesperrt werden soll. Diese müssten vor der Sperrung vom jeweiligen
Provider über den vorliegenden Antrag informiert werden. Ihnen müsse auch
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Damit und durch die
richterliche Entscheidung soll sichergestellt werden, dass Sperranträge
nicht missbraucht werden, um legitime Kritik zu unterdrücken. Zudem sollen
Accountsperren „nur für einen angemessenen Zeitraum“ angeordnet werden.
Details zur maximalen Dauer nannte Buschmann noch nicht.
Neben den Accountsperren sollen die Hassbetroffenen auch bessere
Auskunftansprüche über die hetzende Person erhalten. Sie sollen künftig
leichter herausfinden können, wer sich etwa hinter dem Hetz-Pseudonym
„AdolfsFreundin88“ verbirgt. Deshalb sollen Plattformbetreiber künftig die
IP-Adresse des Hetz-Accounts herausgeben müssen. Mit der IP-Adresse kann in
einem einem zweiten Schritt beim Telekom-Provider erfragt werden, welche
reale Person im fraglichen Zeitpunkt diese IP-Adresse benutzt hat. Am Ende
könnte diese Person zum Beispiel auf Schadenersatz verklagt werden oder es
könnte eine Strafanzeige gestellt werden.
Bisher bestand kein Anspruch auf Nutzerdaten wie die IP-Adresse. Gegen
anonyme Hetzer:innen konnte daher nur schwer vorgegangen werden. Zudem
sollen Provider in komplexeren Fällen künftig vom Gericht auch zur
Sicherung der Daten inklusive IP-Adressen verpflichtet werden können,
sodass diese auch nach einigen Wochen noch vorhanden sind. Dies wäre eine
Art Quick-Freeze für zivilrechtliche Zwecke.
Eine Quick-Freeze-Regelung für die Strafverfolgung hatte Buschmann schon
letztes Jahr vorgeschlagen. Diese scheiterte bisher daran, dass
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die IP-Adressen und ihre Zuordnung für
die ganze Bevölkerung auf Vorrat speichern will.
Die Zivilgesellschaft hat nun bis zum 26. Mai Zeit, zu Buschmanns
Eckpunkten Stellung zu nehmen. In der zweiten Jahreshälfte will der
Justizminister dann einen Gesetzentwurf vorlegen, über den wie üblich der
Bundestag entscheiden muss. Eine Mehrheit in der Ampelkoalition dürfte
Buschmann sicher sein, denn das Vorhaben ist im Koalitionsvertrag
abgesichert. „Wir (…) ermöglichen richterlich angeordnete Accountsperren�…
heißt es dort.
12 Apr 2023
## LINKS
[1] /Gesetzentwurf-des-Justizministeriums/!5924966
[2] /Hass-im-Netz/!5870039
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Meta
Hetze
Internet
Marco Buschmann
Soziale Medien
Rechtspopulismus
Osama bin Laden
Schwerpunkt Rassismus
Netzkultur
Hassrede
Hasskriminalität
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