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# taz.de -- Hass im Netz: Müder Kampf gegen Hasskriminalität
> Nach einer Medienrecherche räumen Polizeibehörden Versäumnisse ein.
> Forderungen nach besserer Ausstattung der Dienststellen werden laut.
Bild: Polizeibehörden tun sich schwer, Hass im Netz zu bekämpfen
Berlin taz | Im Kampf gegen Hasskriminalität im Internet tun sich die
Polizeibehörden offenbar enorm schwer. Wie schwer, zeigte eine Recherche
der Sendung [1][„ZDF Magazin Royale“] von Jan Böhmermann am Freitagabend.
Seit August 2021 hatte ein Team des Satirikers sieben strafrechtlich
relevante Hassnachrichten in allen 16 Bundesländern angezeigt und dann den
Umgang der Behörden mit der Anzeige dokumentiert.
Inhalt der digitalen Botschaften waren Morddrohungen, antisemitische
Äußerungen oder verfassungsfeindliche Symbole. Einige zuständige Stellen
agierten sofort, so etwa in Berlin. Bei anderen fielen die Ermittlungen
schleppend aus, einige Anzeigen versandeten offenbar komplett.In mindestens
zwei Fällen zog die Aktion bereits Konsequenzen nach sich.
So musste die Polizeiinspektion Magdeburg erklären, dass nach bisherigen
Erkenntnissen die Entgegennahme einer Strafanzeige seinerzeit unterblieben
sei. Im Beitrag des Magazins wurde unter anderem ein Polizist mit den
Worten zitiert: „Sie haben was im Internet gefunden? Vielleicht sollten Sie
es mal beim Verbraucherschutz versuchen.“ So etwas sei „keine
Polizeiarbeit“. Die Polizeibehörde untersucht derzeit „gründlich und
umfassend“ den Sachverhalt. Gegen einen Polizeibeamten sei wegen des
Verdachts der Strafvereitelung im Amt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet
worden, heißt es. Die Ermittlungen dauerten derzeit an.
Auch in [2][Bremen wird gegen einen Polizeibeamten] wegen eines möglichen
Verstoßes ermittelt und es wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der
Polizist soll die Anzeige zwar aufgenommen haben, sie aber erst zwei Monate
später auf Nachfrage der Anzeigenden im System erfasst haben. Die
Ermittlungen wurden damit verzögert. Die verspätete Bearbeitung werde nun
geprüft – und der Polizist in den Innendienst versetzt.
## Ermittlungsmethoden verstärkt abgleichen
Die Polizei Bremen forderte die Bürger:innen auf, trotz „eines solchen
Vorfalls“ Strafanzeige zu erstatten. Man sei bei Hasskriminalität auf die
Hilfe und die Mitarbeit der Bürger:innen angewiesen. Da Ergebnisse und
die Verfolgung der Täter:innen in den Ländern sehr unterschiedlich
ausfielen, will die Polizei in Nordrhein-Westfalen nun ihre
Ermittlungsmethoden mit anderen Bundesländern abgleichen.
Auch die Organisation [3][HateAid] war an der Recherche des ZDF-Magazins
beteiligt. Sie berät von digitaler Gewalt betroffene Menschen und
finanziert Gerichtsprozesse. Betroffene müssen ernst genommen werden,
forderte HateAid via Twitter. Polizei und Justiz bräuchten eine bessere
Ausbildung, um gegen Hasskriminalität vorzugehen. Zudem drängt die
Organisation auf mehr Ermittlungsbefugnisse und eine gesamteuropäische
Lösung zur Identifizierung von Täter:innen. Strafverfolgung dürfe nicht an
den Landesgrenzen aufhören, wenn Plattformen und Täter:innen im Ausland
sitzen.
Geht es nach dem CDU-Politiker Ruprecht Polenz, muss der Kampf gegen
Hasskriminalität im Netz und die Ausstattung der zuständigen Behörden auf
der kommenden Konferenz der Innenminister:innen Thema werden. Alle
Landtage sollten sich damit beschäftigen. Auch der FDP-Innenpolitiker
Konstantin Kuhle bemängelte, dass Polizei und Justiz in Deutschland bei der
Strafverfolgung im Internet massive Defizite hätten. „So kann es nicht
weiter gehen“, tweetete Kuhle.
29 May 2022
## LINKS
[1] https://www.zdf.de/comedy/zdf-magazin-royale
[2] https://www.polizei.bremen.de/oeffentlichkeitsarbeit/pressemeldungen/presse…
[3] /Renate-Kuenasts-Klage-gegen-Facebook/!5762841
## AUTOREN
Tanja Tricarico
## TAGS
Hasskriminalität
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