| # taz.de -- Grundsatzurteil vom Bundesarbeitsgericht: Kündigung wegen Hetze im… | |
| > Jobverlust bei Rassismus, Hass und Hetze: Das Bundesarbeitsgericht sieht | |
| > bei Whatsapp-Gruppen keine besonders hohe Vertraulichkeit. | |
| Bild: Wer seinen Chef beleidigen möchte, sollte es eher nicht in der Chat-Grup… | |
| Berlin taz | [1][Wer in Chatgruppen gegen Kolleg:innen und Vorgesetzte | |
| hetzt], kann fristlos gekündigt werden. Das entschied das | |
| Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil. In der Regel können | |
| die Teilnehmer:innen von Chatgruppen nicht darauf vertrauen, dass | |
| nichts nach außen dringt. Schon seit 2014 haben sich sechs Kollegen bei der | |
| Fluggesellschaft TUI Fly in einer Chatgruppe ausgetauscht. Oft ging es um | |
| Fußball, immer wieder auch um Unzulänglichkeiten von Kolleg:innen, | |
| Betriebsrät:innen und Vorgesetzten. | |
| Ein Feindbild scheint der polnische Geschäftsführer gewesen zu sein. | |
| Regelmäßig kam es zu Mord- und Vergewaltigungsfantasien. Zitate wie „Unter | |
| Hitler würde die Welt besser laufen“ zeigen den politischen Hintergrund der | |
| Chat-Teilnehmer. Die [2][Chat-Inhalte] wurden bekannt, als ein Mitglied | |
| einem außenstehenden Kollegen eine bestimmte Äußerung zeigte. Dieser nahm | |
| das Smartphone in die Hand und kopierte den Chatverlauf an seine eigene | |
| Adresse. Über Umwege kam die ausgedruckte Chatdokumentation zum | |
| Personalleiter, der die drei übelsten Hetzer nach einer Anhörung fristlos | |
| kündigte. | |
| Die Betroffenen klagten gegen ihre Kündigung und beriefen sich darauf, dass | |
| ihre Chats den Betriebsfrieden nicht gestört hätten. Sie hätten auch nie | |
| vorgehabt, jemand zu ermorden, sondern wollten nur unter Vertrauten ihrem | |
| Ärger Luft machen. Da sie befreundet seien, hätten sie sich auch darauf | |
| verlassen können, dass alles in der Chatgruppe bleibe. | |
| Mit dieser Argumentation hatten sie in den ersten beiden Instanzen Erfolg. | |
| Sowohl das Arbeitsgericht Hannover als auch das Landesarbeitsgericht (LAG) | |
| Niedersachsen hielten die fristlosen Kündigungen für unwirksam. Es fehle | |
| der „wichtige Grund“. In Chatgruppen von sechs bis sieben Personen habe die | |
| freie Entfaltung der Persönlichkeit Vorrang vor dem Ehrschutz von | |
| Außenstehenden. | |
| ## Chat ist auf Weiterleitung von Nachrichten ausgelegt | |
| Das sah das Bundesarbeitsgericht anders. In der Regel könne bei | |
| [3][Whatsapp-Gruppen] nicht darauf vertraut werden, dass nichts nach außen | |
| dringe. Das liege schon an der Technik, die auf die schnelle Weiterleitung | |
| von Nachrichten ausgelegt ist. Außerdem komme es auf den Inhalt des Chats | |
| an. Bei beleidigenden und menschenverachtenden Äußerungen über | |
| Betriebsangehörige ist besonders wenig damit zu rechnen, dass niemand etwas | |
| weitergibt oder weitererzählt. Dabei müssen die Teilnehmer nicht nur mit | |
| Reaktionen aus Empörung oder schlechtem Gewissen rechnen, sondern auch mit | |
| Sensationslust und Zeigefreudigkeit. | |
| Das BAG entschied nun nicht abschließend, sondern verwies den Fall ans LAG | |
| Niedersachsen zurück. Dort können die drei Mitarbeiter noch einmal | |
| Argumente vorbringen, warum im Fall ihrer Gruppe doch mit dauerhafter | |
| Vertraulichkeit zu rechnen war. | |
| 24 Aug 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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