# taz.de -- Beratungsarbeit von HateAid in Gefahr: Kein Geld gegen den Hass | |
> Die Organisation HateAid berät Betroffene von Online-Hass. Sie soll laut | |
> den Haushaltsplänen keine Fördermittel vom Justizministerium mehr | |
> bekommen. | |
Bild: Sprung im Bildschirm: Hass und Hetze im Netz gefährden die öffentliche … | |
BERLIN taz | 24 Prozent der Menschen in Deutschland haben es bereits | |
erlebt: Sie wurden online Opfer von Hassrede. Das zeigte eine Studie der | |
Strafrechtlerin Elisa Hoven von der Universität Leipzig in Kooperation mit | |
der Forschungsgruppe g/d/p im vergangenen Jahr. Beleidigungen und Drohungen | |
führen nicht nur dazu, dass die öffentliche Debatte Schaden nimmt, sondern | |
können auf Personen [1][starke psychische Auswirkungen haben.] | |
Organisationen wie HateAid wollen diesen Menschen durch Beratung helfen. | |
3.300 Menschen hat allein HateAid bereits seit der Gründung im Jahr 2018 | |
unterstützt. Für die Jahre 2024 und 2025 rechnete die gemeinnützige GmbH so | |
gut wie sicher mit einer Förderung durch das Bundesjustizministerium in | |
Höhe von jeweils 600.000 Euro. Durch den Sparkurs im neuen Haushaltsplan, | |
der die meisten Ressorts betrifft, soll diese Förderung nun wegfallen. | |
Dabei ist der Kampf gegen Hass im Netz ein zentrales Anliegen von | |
Justizminister Marco Buschmann (FDP); auch Innenministerin Nancy Faeser | |
(SPD) machte sich dafür stark. Im Koalitionsvertrag wurde das in mehreren | |
Passagen unterstrichen, beispielsweise soll gemeinsam mit den Ländern das | |
Netzwerk zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen ausgebaut werden, die | |
Regierung will zudem „umfassende Beratungsangebote aufsetzen“. | |
## Gelder für Betroffenenberatung gefährdet | |
Gerade die werde jetzt bedroht, fürchtet Josephine Ballon von [2][HateAid]. | |
Wenn die Hilfen gestrichen werden sei das „sehr schlimm, weil es um Gelder | |
für die Betroffenenberatung geht“. Das bedeute vor allem weniger Geld für | |
psychosoziale Beratung am Telefon. Es sei besonders wichtig, dass diese | |
Leistung aufrecht erhalten werde. „Die Kurzfristigkeit bringt uns | |
Probleme“, Ballon hofft aber, dass keine Stellen gekürzt werden müssen. Auf | |
jeden Fall spare das Justizministerium hier an der falschen Stelle, findet | |
Ballon. | |
Mit den Kürzungen im Förderbereich fühlt man sich bei HateAid vor den Kopf | |
gestoßen, insbesondere aufgrund der Versprechungen im Koalitionsvertrag. | |
Ein Umstand, den auch Konstantin von Notz, stellvertretender | |
Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, tadelt: „Die gemeinsam im | |
Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben müssen entschlossen umgesetzt | |
werden.“ | |
## Förderung stand bereits im vergangenen Jahr auf der Kippe | |
Bereits im vergangenen Jahr wurde HateAid zunächst die Förderung | |
verweigert, dann wurde die Organisation allerdings durch die | |
Haushaltsbereinigungssitzung wieder berücksichtigt. Von Notz hofft, dass es | |
auch für das kommende Jahr noch eine Chance gibt. „Zivilgesellschaftliche | |
Akteure brauchen Verlässlichkeit, um ihre so wichtige Arbeit im Sinne des | |
Gemeinwohls auch tatsächlich leisten zu können.“ Das Justizministerium hat | |
bis Redaktionsschluss nicht auf Anfragen der taz reagiert. | |
Immerhin legte das FDP-geführte Ministerium im April Eckpunkte für ein | |
„Gesetz gegen digitale Gewalt“ vor – ein weiteres Versprechen aus dem | |
Koalitionsvertrag. Dieses soll die Auskunftsrechte für Betroffene erweitern | |
und „richterlich angeordnete Accountsperren“ ermöglichen. Auch HateAid | |
findet, dass die Pläne in die richtige Richtung gehen, fordert aber | |
konkretere Maßnahmen. | |
In einer Broschüre über Hass im Netz informiert das Bundesministerium für | |
Familie, Senioren, Frauen und Jugend über Möglichkeiten, der Hetze | |
entgegenzutreten. Ein Tipp: Die App „Meldehelden“ von HateAid. Die | |
Förderung vom Familienministerium stellt die zweite Finanzierungssäule der | |
Organisation dar. HateAid hofft, dass die Gelder von dieser Seite erhalten | |
bleiben – aber auch im Ministerium von Lisa Paus (Grüne) stehen Kürzungen | |
an. | |
18 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Grimm | |
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