# taz.de -- Gesellschaftlicher Zusammenhalt: Deutsche leben in separaten Blasen | |
> Das Institut FGZ untersucht Polarisierung. Nicht nur die Wähler*innen | |
> von Grünen und AfD ziehen sich in weitgehend homogene Netzwerke zurück. | |
Bild: Klimademo in Berlin: In welcher Blase ist dieser Herr wohl unterwegs? | |
BERLIN taz | Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland bewegt sich in | |
„sozialen Blasen“ und hat kaum noch Berührungspunkte zu anderen Gruppen – | |
so lautet das Ergebnis des [1][ersten Zusammenhaltsberichts] des | |
Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), der am Mittwoch | |
in Berlin vorgestellt wurde. | |
In einer repräsentativen Längsschnittstudie mit mehr als 12.000 Befragten | |
untersuchte das Institut, ob es in Deutschland eine „Entkoppelung“ sozialer | |
Gruppen gibt und ob der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet ist. | |
Die stärkste Tendenz zu einem homogenen Bekanntennetzwerk, bei dem die | |
große Mehrheit unter sich bleibt, zeigten die politischen Netzwerke, | |
berichtet das Institut am Mittwoch. Am stärksten „polarisiert“ sind unter | |
anderem Grünen- und AfD-Wähler*innen. | |
50 Prozent der befragten AfD-Wähler*innen berichten, dass sich ihre | |
Bekannten- oder sozialen Kreise überwiegend aus AfD-Unterstützer*innen | |
zusammensetzen. Bei den Grünen-Wählerinnen und -Wählern ist diese Tendenz | |
sogar noch höher – 62 Prozent der befragten Grünen-Wähler*innen geben an, | |
sich bevorzugt unter anderen Grünen-Wähler*innen zu bewegen. | |
## „Entkopplung“ sozialer Netzwerke | |
Des Weiteren finden sich bei Ostdeutschen, Reichen und Personen | |
muslimischen Glaubens sowie bei Personen mit niedrigem Bildungsniveau und | |
ländlicher Umgebung solche Tendenzen der sogenannten Netzwerksaggregation, | |
während bei Westdeutschen und Personen mit Migrationshintergrund weniger | |
Segregation stattfindet, stellt die Studie fest. | |
Die Studie beschäftigt sich auch mit der Frage, welche Auswirkungen solche | |
„Blasen“ auf die Einstellungen zur Demokratie und die Emotionen gegenüber | |
anderen gesellschaftlichen Gruppen haben. Ein deutlicher Unterschied in der | |
Einstellung zur Demokratie besteht nach Bildungsniveau und Einkommen, | |
stellt das Institut fest. | |
Menschen mit höherem Einkommen und höherer Bildung zeigen tendenziell ein | |
höheres politisches Vertrauen und eine höhere Demokratiezufriedenheit als | |
Personen mit niedrigerem Einkommen oder geringerer Bildung. Der kulturelle | |
Hintergrund spielt dabei nur eine geringe Rolle. | |
Die sogenannten Blasen verursachen zudem übersteigerte emotionale | |
Identifikation mit der eigenen Gruppe, so das Institut. Beispielsweise | |
geben die Wählerinnen und Wähler der AfD und der Grünen an, dass sie für | |
die jeweils andere Gruppe negative, für die eigene eher positive Gefühle | |
hegen. | |
Hier zeige sich eine „Entkopplung“ sozialer Netzwerke mit entsprechenden | |
Verstärkungseffekten für die jeweiligen Weltbilder. Das Institut sieht | |
darin ein Problem für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die | |
Verständigung zwischen verschiedenen sozialen Gruppen werde schwieriger. | |
„Unser Bericht zeigt, dass es die sprichwörtlichen ‚Filterblasen‘ auch in | |
der analogen Welt gibt: Menschen, deren soziale Bekanntenkreise eher | |
homogen zusammengesetzt sind, denken, fühlen und handeln auch anders als | |
Personen, die sich in eher gemischten Netzwerken bewegen“, sagt Olaf | |
Groh-Samberg, einer der Hauptautoren der Studie. | |
8 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://fgz-risc.de/bibliothek/zentrale-publikationen/zusammenhaltsbericht | |
## AUTOREN | |
Yağmur Ekim Çay | |
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